Leitsatz (amtlich)
1. Ist in einem einstweiligen Verfügungsverfahren nur die GmbH auf Unterlassung des Vertriebs nachgeahmter Produkte auf Unterlassung in Anspruch genommen und verurteilt worden, fehlt es für einen späteren Verfügungsantrag gegen den Geschäftsführer der GmbH an der Dringlichkeit, wenn es nach Zustellung des Verfügungsurteils an die GmbH zu einer weiteren Verletzungshandlung gekommen ist.
2. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Geschäftsführer der GmbH von Anfang an neben der GmbH hätte in Anspruch genommen werden können.
Normenkette
ZPO §§ 935, 940
Verfahrensgang
LG Köln (Aktenzeichen 31 58/19) |
Tenor
Auf die Berufung des Antragsgegners wird das am 5. November 2019 verkündete Urteil der 31. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 31 O 58/19 - abgeändert. Die einstweilige Verfügung des Landgerichts Köln vom 25.3.2019 - 31 O 58/19 - wird aufgehoben und der Antrag der Antragstellerin auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen trägt die Antragstellerin.
Gründe
I. Der Antragsgegner dieses einstweiligen Verfügungsverfahrens ist der Geschäftsführer der K. GmbH mit Sitz in Hürth. Gegen die Gesellschaft hat die Antragstellerin bereits unter dem 8.1.2018 einen Unterlassungstitel erwirkt (31 O 222/16), der vom Senat unter dem 16.11.2018 bestätigt wurde (6 U 22/18). Der Gesellschaft wurde untersagt, die auf S. 2 des Antrags dieses Verfügungsverfahrens eingeblendeten Verpackungsgestaltungen anzubieten und/oder zu vertreiben. Bei Testkäufen am 11.2. und 13.2.2019 stellte die Antragstellerin fest, dass nach wie vor in den Ladengeschäften in S. und F. Produkte in den untersagten Gestaltungen erworben werden konnten. Unter dem 5.3.2019 hat sie beim Landgericht Köln Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen den Geschäftsführer, dem hiesigen Antragsgegner, gestellt.
Die Antragstellerin hat die Ansicht vertreten, dass der Geschäftsführer im vorliegenden Fall persönlich haften müsse, weil die Gesellschaft zur Unterlassung verurteilt sei und es eine Entscheidung des Geschäftsführers gewesen sein müsse, die verbotenen Produktgestaltung weiter in den Ladengeschäften der Gesellschaft anzubieten. Vorliegend gehe es um die Entscheidung, welche Waren der Eigenmarke in den selbst betriebenen Ladengeschäften weiterhin verkauft würden. Dies sei jedenfalls spätestens nach Eintritt der Rechtskraft des Urteils des Senats eine auf Geschäftsführerebene zu treffende Entscheidung.
Sie ist weiter der Ansicht gewesen, dass es sich hier nicht nur um einen marktbezogenen Wettbewerbsverstoß handele, sondern um einen Verstoß, der im Hinblick auf seine Gefährlichkeit einem Verstoß gegen Immaterialgüterrechte gleichkomme. In derartigen Fällen gehe der BGH davon aus, dass den Geschäftsführer eine Garantenstellung treffe, die aus der Gefährlichkeit des eigenen Tuns herrühre.
Nach einem telefonischen Hinweis des Gerichts hat die Antragstellerin weiter die Ansicht vertreten, dass es auch nicht an der Dringlichkeit fehle, denn es sei der Antragstellerin zunächst nicht bekannt gewesen, wer für die Aufmachung der Gestaltung verantwortlich gewesen sei. Die Produktgestaltung müsse nicht zwingend immer auf Geschäftsführerebene entschieden werden, weshalb die Antragstellerin - mangels diesbezüglicher Kenntnis - zunächst nur gegen die Gesellschaft und nicht gegen den Geschäftsführer persönlich vorgegangen sei. Der Antragsgegner wusste zwar seit der Abmahnung gegen die Gesellschaft von dem Verstoß. Die bloße Kenntnis reiche nach der Rechtsprechung des BGH jedoch für eine persönliche Haftung des Geschäftsführers nicht aus.
Sie könne auch nicht auf die Vollstreckung gegen die Gesellschaft verwiesen werden, weil sich die Unternehmensstruktur verwirrend darstelle, was die Testkaufunterlagen ergeben hätten. Es sei anscheinend für jedes Ladengeschäft eine eigene Gesellschaft gegründet worden, die sich zum Teil nach nicht einmal 2 Jahren wieder in Liquidation befänden. Es stehe zu befürchten, dass sich die Gesellschaft hinter ihren Vertriebsgesellschaften verstecke, sodass ein Rechtsschutzbedürfnis bestehe, den Geschäftsführer bzw. Liquidator in Anspruch zu nehmen.
Am 25.3.2019 hat das Landgericht antragsgemäß eine einstweilige Verfügung erlassen, wonach es der Antragsgegner zu unterlassen hat, im geschäftlichen Verkehr Produkte mit der im Tenor zu Ziff. 1 wiedergegebenen Gestaltung anzubieten und/oder zu vertreiben.
Der Antragsgegner hat behauptet, er sei nicht an dem Verstoß beteiligt gewesen, weder durch positives Tun noch durch Unterlassen. Eine Handlung des Antragsgegners werde von der Antragstellerin nicht substantiiert behauptet. Für eine Haftung wegen pflichtwidrigen Unterlassens müsse eine Garantenstellung bestehen. Eine allgemeine Verkehrspflicht zur Verhinderung von Wettbewerbsverstößen gegenüber Dritten bestehe gerade nicht. Die Pflicht zur ordnungsgemäßen Geschäftsführung bestehe nur gegenüber der Gesellschaft, nicht aber gegenüber Dritten und könne deshalb nicht zur Begründung eine...