Verfahrensgang
LG Bonn (Aktenzeichen 7 O 394/18) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.
Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 11.024,84 EUR festgesetzt.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Schadensersatz wegen des Kaufes eines vom sogenannten "Dieselabgasskandal" betroffenen Pkw A B in Anspruch.
Die Klägern erwarb bei der Firma C in D am 28.02.2011 einen A B 1.6 TDI als Neufahrzeug zu dem von der Klägerin an die Verkäuferin gezahlten Kaufpreis von 16.885,00 EUR. Zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht betrug der Kilometerstand 136.841 km.
Herstellerin des Fahrzeugs ist die Beklagte. In das Fahrzeug ist ein Dieselmotor des Typs EA189 eingebaut, der ebenfalls von der Beklagten entwickelt und hergestellt wurde. Der in das Fahrzeug eingebaute Motor EA189 wurde von der Beklagten mit einer Software ausgestattet, die zwei unterschiedliche Betriebsmodi kennt, die die Abgasrückführung steuern. Die von der Beklagten verwendete Software erkennt, wenn das Fahrzeug den im Rahmen des Zulassungsverfahrens geforderten NEFZ durchfährt. In diesem Fall aktiviert die Software den Abgasrückführung-Modus "1", bei welchem es zu einer höheren Abgasrückführungsrate in den Motor kommt, was dazu führt, dass möglichst wenig NOx ausgestoßen wird. Im normalen Straßenbetrieb befindet sich das Fahrzeug durchgehend im Modus "0", in welchem die Abgasrückführungsmenge in den Motor deutlich reduziert wird. Dies führt zu einem erhöhten NOx-Ausstoß im normalen Straßenbetrieb des Fahrzeugs. Gäbe es bei diesem Fahrzeug nur diesen im Straßenbetrieb aktiven Modus "0", würde das Fahrzeug im Prüfstand die Grenzwerte nicht einhalten.
Die Verwendung der beschriebenen Software wurde weder im Rahmen des Tests zur Erreichung der Typengenehmigung für das Fahrzeug noch im Übrigen offengelegt. Auch der Klägerin war die Verwendung der Software bei Erwerb des Fahrzeugs unbekannt. Mit Bescheid vom 15.10.2015 ordnete das Kraftfahrtbundesamt (im folgenden: KBA) nachträgliche Nebenbestimmungen für die erteilten Typengenehmigungen an, mit welchen die Beklagte verpflichtet wurde, die verwendete, als unzulässige Abschalteinrichtung qualifizierte Software zu entfernen und die Vorschriftsmäßigkeit der betroffenen Fahrzeuge herzustellen. Die Klägerin ließ nach Aufforderung das von der Beklagten bereitgestellte Software-update aufspielen.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, ihr stünden gegen die Beklagte Schadensersatzansprüche unter anderem aus § 826 BGB zu. Sie hat gemeint, die bewusste Täuschung zur Herbeiführung eines Vertragsschlusses begründe regelmäßig bereits die Sittenwidrigkeit. Ihr stehe zudem ein Anspruch auf Verzinsung gemäß § 849 BGB zu.
Sie hat beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 16.885,00 EUR nebst Zinsen i.H.v. 4 Prozentpunkten p.a. seit dem 28.02.2011 zu zahlen, Zug um Zug gegen Übereignung und Übergabe des Fahrzeuges A B 1.6 TDI 66 KW, FXX WXXZZXXRZXX20XX21 an die Beklagte;
2. festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme des Angebots gemäß Ziff. 1 in Verzug befindet.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, ein Anspruch aus § 826 BGB stehe der Klägerin nicht zu. Sie habe nicht sittenwidrig gehandelt und die Klägerin nicht getäuscht. Der Klägerin sei zudem kein Schaden entstanden, das Fahrzeug sei vollumfänglich nutzbar gewesen.
Das Landgericht hat die Beklagte mit Urteil vom 16.05.2019, Az: 7 O 394/18, auf das wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Parteivorbringens und der Begründung im Einzelnen verwiesen wird, verurteilt, an die Klägerin 7.629,18 EUR nebst Zinsen i.H.v. 4 % p.a. aus 16.885,00 EUR seit dem 28.02.2011 abzüglich einer weiteren Nutzungsentschädigung von 0,0674 EUR je bis zur Übergabe des Fahrzeugs an die Beklagte weiterer über den Kilometerstand von 136.841 km gefahrener Kilometer zu zahlen, Zug um Zug gegen Übereignung und Übergabe des Fahrzeugs A B 1.6 TDI 66 KW, FXX WXXZZXXRZXX20XX21 an die Beklagte. Es hat ferner festgestellt, dass sich die Beklagte mit der Annahme der Übergabe und Übereignung des in Ziff. 1 des Urteilstenors bezeichneten Fahrzeugs in Verzug befindet und im Übrigen die Klage abgewiesen.
Gegen das Urteil des Landgerichts vom 16.05.2019 richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten.
Die Beklagte meint, die Klägerin habe die Kausalität zwischen ihrem Kaufentschluss und der vom Landgericht angenommenen Täuschungshandlung durch die Beklagte nicht hinreichend dargelegt und bewiesen. Sie vertritt weiterhin die Auffassung, der Klägerin sei durch den Erwerb des Kraftfahrzeugs kein...