Leitsatz (amtlich)
Für die Wirksamkeit einer Anmeldung zur Musterfeststellungsklage im Rahmen des Diesel-Abgasskandals muss der Anspruchsteller gemäß § 608 Abs. 2 Nr. 4 ZPO Angaben machen, mit denen der Klageanspruch eindeutig identifizierbar ist.2Hierfür reicht es jedenfalls nicht aus, wenn im Rahmen der Anmeldung weder erklärt wird, dass es sich um ein von der Beklagten hergestelltes oder mit einem von ihr entwickelten Motor EA 189 (der allein Gegenstand der Musterfeststellungsklage war) versehenes Fahrzeug handelt, noch eine FIN oder ein amtliches Kennzeichen genannt wird, noch das Kaufdatum, der Fahrzeugtyp oder der Fahrzeugmotor, noch sonst irgend ein Umstand, der der Konkretisierung des Sachverhalts und der Zuordnung zu einer Verantwortlichkeit gerade der beklagten Motorenherstellerin dienen könnte. Eine unwirksame Anmeldung zur Musterfeststellungsklage hat keine Hemmung der Verjährung zur Folge.
Normenkette
BGB § 204 Abs. 1 Nr. 6a, §§ 826, 852; ZPO § 608 Abs. 2 Nr. 4
Verfahrensgang
LG Köln (Aktenzeichen 32 O 304/20) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Köln vom 12.04.2021 (32 O 304/20) abgeändert:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Berufungsstreitwert wird auf 5.582,11 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt im Zuge des Diesel-Abgasskandals Schadenersatz von der Beklagten als Herstellerin des Motors ihres von privat im August 2015 gekauften Gebrauchtfahrzeugs. Die Klägerin hatte im Dezember 2018 ihre Ansprüche zur Musterfeststellungsklage gegen die Beklagte (4 MK 1/18) angemeldet und dabei in der Rubrik "Gegenstand und Grund" zur Begründung ihres Anspruches in die elektronische Eingabemaske eingetragen:
"Ich habe einen Diesel-Pkw (Euro 5) erworben, dessen Emissionswerte nicht den vom Hersteller angegebenen entsprechen. Dadurch unterliegt mein PKW einem Wertverlust, weswegen ich gegen die [Beklagte] Klage einreiche."
Das Musterfeststellungsklageverfahren endete im Mai 2020. Die Klägerin hat mit am 04.11.2020 eingereichter Klage die Zahlung von Schadensersatz Zug-um-Zug gegen Übereignung des Wagens und Feststellung des Annahmeverzuges beantragt. Die Beklagte hat sich unter anderem mit der Einrede der Verjährung verteidigt.
Das Landgericht hat die Beklagte mit dem angefochtenen Urteil (Bl. 7 ff. eAkte) im Wesentlichen antragsgemäß mit Abzügen nur im Hinblick auf anzurechnende Nutzungsentschädigung verurteilt, wogegen sich die Beklagte mit ihrer Berufung mit dem Ziel vollständiger Klageabweisung wendet.
II. Die Berufung der Beklagten hat Erfolg. Die Klage ist unbegründet. Die Beklagte setzt der Klage erfolgreich die Einrede der Verjährung entgegen, § 214 Abs. 1 BGB. Die Ansprüche der Klägerin sind unabhängig davon, ob sie in der Sache begründet waren oder nicht, gemäß §§ 195,199 BGB verjährt.
Im Streitfall kam ausschließlich eine deliktische Haftung der Beklagten gem. §§ 826, 31 BGB bzw. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB in Betracht, weil und soweit die Beklagte das streitgegenständliche Fahrzeug als Gebrauchtwagen im Jahre 2015 von einem privaten Verkäufer erworben hat, so dass kaufrechtliche Gewährleistung ausscheidet. Als schadensstiftendes Ereignis im Sinne von §§ 823 ff. BGB war nur der Erwerb des Fahrzeuges im August 2015 vor dem Hintergrund der von der Klägerin behaupteten vorsätzlichen sittenwidrigen Täuschung des Rechtsverkehrs durch Entwicklung und Inverkehrbringen eines mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehenen Fahrzeugs in Betracht zu ziehen. Wird der Geschädigte in solch einem Fall aufgrund einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung zum Abschluss eines Vertrages gebracht, den er ohne die Handlung des Schädigers nicht abgeschlossen hätte, und war die Leistung für die Zwecke des Geschädigten nicht voll brauchbar, entsteht der Schadensersatzanspruch aus § 826 BGB bereits im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses.
Entsprechende deliktische Ansprüche unterliegen allerdings der Regelverjährung. Die Verjährungsfrist beginnt insoweit gemäß § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist (Nr. 1) und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen musste (Nr. 2). Die Entstehung des Anspruches ist dabei grundsätzlich mit der Fälligkeit des Anspruches gegeben, die wiederum für Schadensersatzansprüche nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für die Zwecke des Verjährungsrechts anhand des Grundsatzes der Schadenseinheit bestimmt wird. Danach gilt der gesamte Schaden, der auf einem bestimmten einheitlichen Verhalten beruht, bereits mit der ersten Vermögenseinbuße als eingetreten, sofern mit den einzelnen Schadensfolgen bereits beim Auftreten des ersten Schadens gerechnet werden konnte (vgl. BGH, Urteil vom 08. November 2016 - VI ZR 200/15 -, juris).
Fällig wurde der Anspruch der K...