Entscheidungsstichwort (Thema)
Sturmschaden im Yachthafen (Sturm "Kyrill")
Leitsatz (amtlich)
1. Gegen einen Stilllieger, der abtreibt und hierbei Schaden anrichtet, spricht der Beweis des ersten Anscheins, dass das Schiff schuldhaft nicht genügend gesichert war. Dies gilt grundsätzlich auch bei stürmischer Wetterlage. Sturmwarnungen sind für eine sichere Befestigung zu berücksichtigen.
2. Der Anscheinsbeweis kann durch den Nachweis ordnungsgemäßer Befestigung entkräftet werden. Ein Verschulden kann fehlen, wenn der Eigner eine zusätzliche Maßnahme zur Befestigung, die sich im Nachhinein als sinnvoll darstellt, nicht ergriffen hat, jedoch die Schadensentwicklung nicht voraussehbar war.
Normenkette
BSchG §§ 92 ff.; BGB § 823; RheinSchPV § 7.01 Nr. 4
Verfahrensgang
AG Duisburg-Ruhrort (Urteil vom 02.02.2009; Aktenzeichen 5 C 2/08 BSch) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 2.2.2009 verkündete Urteil des AG Duisburg-Ruhrort - Schifffahrtsgericht - 5 C 2/08BSch - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg.
Das Schifffahrtsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Ein Schadensersatzanspruch des Klägers wegen der Beschädigung seiner Motoryacht "T." am 18.1.2007 im Sportboothafen des Wassersportvereins Y. e.V. in L. ist nicht begründet.
Der Beklagte haftet nicht gem. §§ 92 ff. BSchG, 823 BGB für den durch sein Boot an dem Boot des Klägers verursachten Schaden, da er die Beschädigung nicht verschuldet hat.
Die Motoryacht des Klägers ist dadurch beschädigt worden, dass während des orkanartigen Sturms "Kyrill" der vordere steuerbordseitige Festmacher an der Motoryacht des Beklagten brach und sein Boot gegen das des Klägers schlug. Hieran trifft den Beklagten nach dem Ergebnis der vor dem Senat durchgeführten Beweisaufnahme kein Verschulden. Soweit zugunsten des Beschädigten ein Anscheinsbeweis dahingehend besteht, dass ein Stilllieger, der abtreibt und hierbei Schaden anrichtet, nicht genügend gesichert war, so dass ein schuldhafter Verstoß gegen § 7.01 Nr. 4 Rheinschifffahrtspolizeiverordnung vorliegt, ist ein solcher dadurch ausgeräumt, dass der Beklagte nachgewiesen hat, dass ihn in Bezug auf die Befestigung seines Bootes kein Verschulden trifft.
a) Soweit der Kläger geltend macht, die vom Beklagten gespannten Leinen seien zu dünn gewesen, trifft dies nicht zu. Zwischen den Parteien war unstreitig, dass es sich um 18 mm-Leinen handelte, die nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. F. ausreichend dimensioniert sind. Dies gilt auch für die gebrochene Leine, deren Durchmesser der Sachverständige mit nur 16 mm gemessen hat. An der Mangelfreiheit dieser Leine hatte der Sachverständige keinen Zweifel; ein solcher Zweifel ist auch vom Kläger nicht geäußert worden.
Der vom Kläger benannte Zeuge X. U. war nicht zu hören, da es sich bei der Frage nach der ausreichenden Dimensionierung um eine Frage handelt, die nur dem Sachverständigenbeweis zugänglich ist, nicht aber dem Zeugenbeweis.
b) Die Lage der Motoryacht "N." mit dem Heck zum Steg war nicht fehlerhaft und hatte nach den überzeugenden Feststellungen des Sachverständigen Dr. F., die dieser nach Inaugenscheinnahme der Örtlichkeit im Berufungsverfahren getroffen hat, keinen Einfluss auf das Reißen der Leine. Die Ausrichtung des Bootes mit dem Heck zum Steg war sogar sinnvoll, weil die Windkräfte auf die hohen Aufbauten am Heck größer gewesen wären als auf das Vorschiff. Diese Feststellung des Sachverständigen wird mit der Berufung nicht konkret angegriffen. Auch die Festmachersituation war nach der Feststellung des Sachverständigen Dr. F. infolge dieser Lage ggü. der umgekehrten nicht negativ verändert, da die Leine kurz gespannt war.
Die Lage des Bootes war aber auch nicht schadensursächlich, da die Leine nicht durch den Winddruck gerissen ist, dem nach der Behauptung des Klägers das über den Ausleger herausragende Vorschiff eine größere Angriffsfläche bot, als es das Heck getan hätte. Vielmehr ist die Leine durch die Pumpbewegung der Steganlage gerissen. Der Sturm drückte aus südwestlicher Richtung gegen die Steganlage, hinter der sich ein Steilufer befindet. Durch die auflaufenden Wellen, die gegen das Steilufer prallten, wurde der Steg stark angehoben, ebenso die Boote. Da Steganlage und Boote unterschiedliche Massen haben, war dies keine gleichförmige Bewegung, sondern eine Pumpbewegung, bei der sich die Massen auch in entgegengesetzter Richtung bewegten. Die Leine ist durch die starke Pumpbewegung an der Stelle gebrochen, an der sie an der Kante Außenhaut/Bootsdeck scharf umgelenkt wurde. Diese Umlenkung ergibt sich zwangsläufig daraus, dass der Steg und damit der dort angebrachte Poller deutlich niedriger war als der Schiffskörper und dass die Leine ordnungsgemäß zunächst an dem Poller eingehängt und sodann an der Krampe auf dem Deck belegt und daher an der Kante Außenhaut/Bootsdeck scharf umgelenkt wurde.
c) Diese Art der Anleinung war nicht ...