Entscheidungsstichwort (Thema)
Fehlen einer Rückstausicherung
Normenkette
HPflG § 2; BGB § 839; GG Art. 34
Verfahrensgang
LG Köln (Aktenzeichen 5 O 41/99) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG Köln vom 7.11.2000 – 5 O 41/99 – abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Anschlussberufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits und die der Streitgehilfin trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
– Von einer Darstellung des Tatbestandes wird gem. § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen. –
Gründe
Berufung und Anschlussberufung sind in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden. In der Sache selbst hat jedoch nur die Berufung der Beklagten Erfolg.
I. Die Beklagte hat für den Schaden, den die Klägerin durch die Überflutung ihrer Kellerräumlichkeiten nach einem starken Gewitter am 1.6.1998 erlitten hat, weder nach den Vorschriften des Haftpflichtgesetzes noch wegen der Verletzung ihr obliegender Amtspflichten, sei es aus § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG, sei es aus einem öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnis, einzustehen.
1. Entgegen der Ansicht der Klägerin und auch des LG finden nämlich die Grundsätze, die der BGH in seinem Beschluss vom 30.7.1998 (NVwZ 1998, 1218 = ZfS 1998, 413 = DÖV 1998, 972) entwickelt und denen sich der Senat in mehreren Entscheidungen angeschlossen hat (vgl. etwa OLG Köln, Beschl. v. 23.9.1999 – 7 U 32/99; Urt. v. 18.11.1999 – 7 U 81/99, OLGR Köln 2000, 275), auch auf die vorliegende Fallgestaltung Anwendung. Danach muss jeder Anschlussnehmer damit rechnen, dass von Zeit zu Zeit auf seine Leitung ein Druck einwirken kann, der bis zur Rückstauebene (in der Regel Straßenoberkante) reicht. Demgemäß ist er – zumindest im Grundsatz – verpflichtet, geeignete Vorkehrungen zu treffen, um sein Anwesen vor dem Eintritt eines Rückstauschadens zu sichern. Die Rückstausicherung hat also die Funktion, den Austritt von Wasser aus der Kanalisation bis zum Erreichen der Rückstauebene zu verhindern. Sieht der Anschlussnehmer vom Einbau einer solchen Rückstausicherung ab, so kann er nicht in schutzwürdiger Weise darauf vertrauen, vor Rückstauschäden bewahrt zu bleiben. Anders beurteilt sich der Fall, dass nach Niederschlagsereignissen die Rückstauebene überschritten wird und von außen Wasser in die Häuser eindringt. Dass der Wasserstand bei dem Ereignis am 1.6.1998 in dieser Weise überschritten wurde und dabei das Wasser von außen in das Haus der Klägerin eingedrungen ist, behauptet sie jedoch selbst nicht.
Bei dieser Sachlage hat das Fehlen der Rückstausicherung zur Folge, dass die Klägerin mit Ansprüchen gegen die Beklagte ausgeschlossen ist. Dies folgt aus dem Gesichtspunkt des Schutzbereichs der verletzten Amtspflicht. Die sich daraus ergebende Haftungsbegrenzung gilt nicht nur für Schäden, die auf eine mangelhafte Dimensionierung des Kanalsystems zurückzuführen sind. Denn die Satzungsnorm, die den Anschlussnehmern den Einbau einer Rückstausicherung zur Pflicht macht, soll sie gerade vor allen Schäden bewahren, nicht nur vor einem Rückstau aus bestimmter Ursache (BGH v. 30.9.1982 – III ZR 110/81, MDR 1983, 202 = NJW 1983, 622).
2. Entgegen der Ansicht der Klägerin weist der Streitfall auch keine Besonderheiten auf, die zu einer abweichenden Beurteilung führen. Insonderheit war die Beklagte nicht gehalten, die Klägerin darauf hinzuweisen, dass der Abwasserkanal vor ihrem Hause im Zuge der Arbeiten an dem neu zu errichtenden Regenüberlaufbecken Nr. 6 verschlossen wird und die (notwendige) Abführung des Abwassers durch Rohrumleitungen in einer Art von Bypässen mit deutlich verringerter Kapazität (das Maß der Kapazitätsverringerung ist zwischen den Parteien streitig) erfolgt. Zwar sind – wie in der bereits zitierten Sache 7 U 81/99 (OLG Köln, Urt. v. 18.11.1999 – 7 U 81/99, OLGR Köln 2000, 275) – nach wie vor Rückstauschäden denkbar, bei denen das Fehlen einer Rückstausicherung auch angesichts der gewandelten Rechtsprechung nach § 254 BGB zu würdigen ist. So hat der Senat angenommen, dass sich ausnahmsweise Hinweispflichten ergeben, wenn bei einer jahrzehntelang rückstaufrei funktionierenden Kanalisation durch äußere Eingriffe der Gemeinde (es ging um die Schließung von Regenüberlaufbecken, über die zuvor jahrzehntelang vermehrt anfallendes Abwasser, etwa nach Gewitterregen, dem Fließwasser zugeführt wurde), mit denen der Anschlussnehmer nicht zu rechnen braucht, die dem Kanal zugeführte Wassermenge bis zur Belastungsgrenze oder sogar darüber hinaus erhöht wird und deshalb zu besorgen ist, dass Anschlussnehmer, deren Haus aus (fahrlässiger) Unkenntnis oder Leichtsinn über keine Rückstausicherung verfügt, von den Folgen eines solchen Eingriffs überrascht werden. Anders verhält es sich jedoch, wie der Senat ebenfalls bereits entschieden hat (OLG Köln – 7 U 32/99), bei Änderung der Druckverhältnisse im Kanalsystem, die im Zuge von Reinigungs- und Reparaturarbeiten entstehen. Solche Arbeiten sind zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit ...