Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftung der Personenzertifizierungsstelle: Pflicht zur Aufklärung über das Bestehen bzw. Auslaufen der Akkreditierung
Leitsatz (amtlich)
Die Zertifizierung eines Bausachverständigen nach der DIN EN ISO/IEC 17024 für den Bereich Schäden an Gebäuden setzt nach geltendem Recht nicht voraus, dass die Zertifizierungsstelle eine Akkreditierung besitzt. Für den Bereich Schäden an Gebäuden findet sich weder im Unionsrecht noch im nationalen Recht oder der DIN selbst eine Regelung, welche die Befugnis zur Ausstellung von Zertifikaten nach der DIN EN ISO/IEC 17024 akkreditierten Zertifizierungsstellen vorbehält. Die rechtliche Wirksamkeit eines Zertifikats nach der DIN EN ISO/IEC 17024 als Sachverständiger für Schäden an Gebäuden hängt nach geltendem Recht nicht davon ab, ob die Zertifizierung durch eine Stelle mit oder ohne Akkreditierung erfolgt ist. Der nationale Gesetzgeber hat in Form von spezialgesetzlichen Regelungen entschieden, in welchen Bereichen eine Akkreditierung für das Tätigwerden einer Zertifizierungs- bzw. Konformitätsbewertungsstelle erforderlich ist.
Normenkette
BGB § 280; EGV 765/2008 Art. 5; AkkStelleG
Verfahrensgang
LG Bonn (Urteil vom 01.04.2015; Aktenzeichen 9 O 388/14) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG Bonn vom 01.04.2015 (9 O 388/14) dahin abgeändert, dass die Klage vollständig abgewiesen wird.
Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
Die Kosten beider Rechtszüge werden dem Kläger auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger nimmt die Beklagte auf Schadensersatz wegen Verletzung vertraglicher Nebenpflichten aus einem Vertrag in Anspruch, der die Prüfung und Zertifizierung des Klägers durch die Beklagte als Sachverständigen für Schäden an Gebäuden zum Gegenstand hat.
Der Kläger ist Diplom-Ingenieur und durch die U S Akademie GmbH (Personenzertifizierungsstelle PersCert U) in C geprüfter Bausachverständiger für Schäden an Gebäuden. Bei der Beklagten handelt es sich ebenfalls um eine Personenzertifizierungsstelle, die zunächst über eine durch die German Accreditation Association (GA-A) e.V. erteilte Akkreditierung mit der Kompetenz zur Prüfung und Zertifizierung u.a. von Bau-Sachverständigen nach DIN EN ISO/IEC 17024 für den Bereich Schäden an Gebäuden verfügte.
Am 20.04./10.05.2012 schlossen die Parteien einen Vertrag, der die Prüfung und Zertifizierung des Klägers durch die Beklagte nach DIN EN ISO/IEC 17024 als Sachverständigen für Schäden an Gebäuden zum Gegenstand hatte.
Im Verlaufe des Prüfungs- und Zertifizierungsverfahrens des Klägers lief die zeitlich befristete Akkreditierung der Beklagten zum 21.02.2013 aus. Wegen der Einzelheiten des Prüfungsverlaufs wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Ausführungen im Tatbestand des angegriffenen Urteils (dort S. 3) Bezug genommen.
Der Kläger ist der Ansicht, die Beklagte sei verpflichtet gewesen, ihn darauf hinzuweisen, dass ihre bis dahin bestehende Akkreditierung als Zertifizierungsstelle für die Zertifizierung von Sachverständigen für Schäden an Gebäuden nach DIN EN ISO/IEC 17024 mit Ablauf des 21.02.2013 ausgelaufen war.
Der vom Kläger geforderte Schadensersatzbetrag setzt sich wie folgt zusammen:
a) Rechnung für die Zertifizierungsprüfung |
1.190,00 EUR |
Rechnung für die Nachüberprüfung von Gutachten |
357,00 EUR |
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1.547,00 EUR |
b) Mehrverdienstausfall (1.000 EUR × 12 Monate) |
12.000,00 EUR |
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13.547,00 EUR |
Das LG hat die Beklagte verurteilt, an den Kläger 1.547 EUR (vorstehend lit. a)) als Schadensersatz wegen einer Aufklärungspflichtverletzung gemäß den §§ 280 Abs. 1, 611 BGB nebst Zinsen zu zahlen.
Es hat die Entscheidung im Wesentlichen damit begründet, dass es vor dem Hintergrund der geschichtlichen Entwicklung des Akkreditierungswesens in der Europäischen Union und Deutschland sowie dem damit verfolgten Zweck der Sicherung der Kompetenz und Qualität der Konformitätsbewertungsstellen in Bezug auf die Durchführung bestimmter Konformitätsbewertungstätigkeiten und die Schaffung einer nationalen, europäischen und internationalen Infrastruktur für Sicherheit, Qualität und freien Warenverkehr davon ausgehe, dass eine Zertifizierung gemäß DIN EN ISO/IEC 17024 durch eine Konformitätsbewertungsstelle nur vorgenommen werden dürfe, wenn sie die dafür erforderliche staatliche Akkreditierung besitze. Die Beklagte sei dem Kläger daher zum Ersatz der Kosten für die nach Ablauf der Akkreditierung erbrachten Prüfungsleistungen verpflichtet. Nicht ersatzfähig sei der begehrte Mehrverdienstausfall, da es an dem Zurechnungszusammenhang zwischen der Pflichtverletzung und dem Schaden fehle. Auf der Grundlage der bisherigen, wiederholt unzureichenden Prüfungsergebnisse des Klägers sei mit weit überwiegender Wahrscheinlichkeit zu erwarten gewesen, dass dieser die Zertifizierung aufgrund seiner mangelhaften Leistungen ohnehin nicht erlangt hätte.
Gegen die Entscheidung des LG wenden sich die Parteien mit ihren Berufungen.
1. Der Kläger verfolgt mit seiner...