Leitsatz (amtlich)
Die Übernahme einer 24 Stunden-Verfügbarkeitsgarantie durch ein mit der Wartung von Computersoftware spezialisierte Firma verstößt grds. nicht gegen § 9 AGBG. Denn es ist nicht ersichtlich, dass durch die Übernahme dieser Pflicht eine solche Firma entgegen Treu und Glauben unangemessen benachteiligt werde. Es ist vielmehr einsichtig und deshalb angemessen, dass ein Unternehmen oder wie hier ein Ministerium, dessen an verschiedenen Stellen arbeitende Dienststellen miteinander kommunizieren müssen, sicherstellen muss, dass ein etwaiger Ausfall des Systems kurzfristig behoben wird. Die Wartungsfirma kann als ausgewiesene Spezialistin bei Vertragsschluss dieses Risiko auch sehr genau einschätzen.
Die Verwirkung eines Kündigungsrechtes – auch eines außerordentlichen – kann auch bei einem IT-Wartungsvertrag mit 24 Stunden-Verfügbarkeitsgarantie nicht vor Ablauf von 2 Monaten angenommen werden (s. für den Fall eines Quasi-Vertragshändlers: BGH MDR 1994, 457). Insoweit ist auch zu berücksichtigen, dass die Beklagte vor Kündigung des Vertrages die Möglichkeit haben musste, sich um eine Ersatzlösung zu bemühen.
Verfahrensgang
LG Bonn (Aktenzeichen 10 O 390/01) |
Tenor
Die Berufung gegen das am 17.5.2002 verkündete Urteil des LG Bonn – 10 O 390/01 – wird auf Kosten der Berufungsklägerin zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Zwangsvollstreckung aus diesem Urteil durch Leistung einer Sicherheit i.H.v. 120 % des gegen sie vollstreckbaren Betrages abwenden, falls nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Parteien haben am 9.11.1998 den als Anlage K1 überreichten Wartungsvertrag zur „IT-Wartung der in der LAN/WAN Konfiguration des AG betriebenen zentralen Komponenten und alle Standardanwendungen des BGM IT-Systems mit garantierter Verfügbarkeit von 24 Zeitstunden einschließlich Personalgestellung vor Ort geschlossen”. Der Vertrag sollte spätestens zum 31.12.2001 enden und konnte gem. seines § 4 von der Auftraggeberin, der Beklagten, mit einer Frist von 4 Wochen zum Monatsende gekündigt werden, wenn
„a) die vereinbarte Verfügbarkeit von 24 Zeitstunden vom AN nicht eingehalten wird…”
Dieser Wartungsvertrag nimmt in § 1 die Verdingungsunterlagen „IT-Wartung 1999” (im folgenden „IT-Wartung” genannt) in Bezug. Dort heißt es unter Punkt 4.7.4:
„Der AN hat alle im D eingesetzten Standardsoftware-Produkte zu betreuen und Softwarestörungen zu beheben.
Hierzu gehört auch das Einspielen von Software-Releases/Updates auf den zentralen Komponenten am Aufstellungsort. Die Kosten für die Software werden vom AG getragen. Die Durchführung der vorher ggf. notwendigen Tests ist nicht Bestandteil dieses Vertrages; diese werden gesondert berechnet oder im Rahmen der Einsatzunterstützung erbracht.
Der AN unterstützt den AG bei der Behebung von Fehlern in den Standard-Software Produkten, soweit dies technisch möglich ist. Bei Bedarf nimmt der AN Kontakt mit den Herstellern der Software auf und bemüht sich um eine Fehleranalyse und -behebung.
Der AN stellt technische Informationen mit Relevanz für die beim AG eingesetzte Software zur Verfügung.
Die Verfügbarkeitsanforderungen gelten im Bereich der Software nur für den Fall, dass der Ausfall einer zentralen Komponente auf ein Softwareproblem zurückzuführen ist.”
Dasselbe hat die Klägerin auch nahezu wörtlich angeboten (s. 2.5.4. ihres Angebotes, Anl. B1).
Unter Punkt 4.7.1 der IT-Wartung heißt es zur 24-Stunden-Verfügbarkeitsgarantie weiter:
„Störungsanalyse
Der AN hat alle Störungsmeldungen zu analysieren und entsprechende Maßnahmen zur Störungsbehebung einzuleiten. Bei den Maßnahmen kann es sich sowohl um eine Hardware-Reparatur als auch um die Behebung eines Softwareproblems handeln.
Der AN hat sicherzustellen, dass ab Eingang der Störungsmeldung das System, sofern es sich um eine zentrale Komponente handelt, nach maximal 24 Zeitstunden an Werktagen (ohne Samstage) wieder mit vollem Funktionsumfang betriebsbereit ist.”
In ihrem Angebot vom 29.9.1998 erklärte die Klägerin unter Punkt 5.2.2.1 hierzu:
„Die X.-NetWork garantiert die in der Ausschreibung geforderte Verfügbarkeit von 24 Zeitstunden ab erfolgter Störungsmeldung.”
Am 8.5.2001 traten Probleme am Server D.A. am Standort C. der Beklagten auf. Nachdem der Server heruntergefahren wurde, um ein neues Druckermodul einzuspielen, ließ er sich nicht wieder starten. Später stellte sich heraus, dass ein fehlerhafter Treiber des Druckermoduls die Systempartition des Servers zerstört hatte. Die Klägerin begann noch am selben Tag, per Fernwartung aus C2, mit der Analyse des Problems. Da sich der Fehler per Fernwartung nicht beheben ließ, flog der Geschäftsführer der Klägerin, Herr S., am darauffolgenden Tag nach C., um die Arbeiten vor Ort weiterzuführen. Aufgrund eines „Notfallkonzepts” für den Arbeitsbereich des Ministeriums gelang es der Klägerin, einige wenige Computerarbeitsplätze funktion...