Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 12. Februar 2021 verkündete Urteil der 20. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 20 O 98/20 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.

Dieses Urteil und das vorbezeichnete Urteil des Landgerichts Köln sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Am 0. Januar 0000 erwarb der Kläger von einem privaten Verkäufer einen von der Beklagten hergestellten, erstmals am 00. Mai 0000 zugelassenen Gebrauchtwagen vom Typ Audi Q5 quattro TDI (EU 6) mit einer Laufleistung von 97.800 Kilometern zum Preis von 28.000 EUR. Das Fahrzeug verfügt über einen von der Beklagten entwickelten und hergestellten Dieselmotor, der eine Leistung von 258 PS erreicht und der mit einem SCR-Katalysator sowie einer temperaturabhängigen Steuerung der Abgasrückführung ausgestattet ist. Für die Steuerung der Schaltpunkte, bei denen das Automatikgetriebe zwischen den verschiedenen Fahrstufen wechselt, verfügt das Fahrzeug über zwei verschiedene Programme, nämlich zum einen über ein "Dynamisches Schaltprogramm", das nur im realen Fahrbetrieb aktiv ist, und zum anderen über ein "Warmlauf-Schaltprogramm", das die Schaltpunkte auf dem Rollenprüfstand steuert.

Das Fahrzeug unterliegt einem verpflichtenden Rückruf des Kraftfahrt-Bundesamtes, über den das Kraftfahrt-Bundesamt in einer Pressemitteilung vom 23. Januar 2018 die Öffentlichkeit informiert hatte (Anlage B 9 zum Schriftsatz der Beklagten vom 10. November 2020). Danach wurden unzulässige Abschalteinrichtungen nachgewiesen; die schadstoffmindernde, sogenannte schnelle Motoraufwärmfunktion springe nahezu nur im Prüfzyklus NEFZ an, während diese NOx-Schadstoffminderung im realen Verkehr unterbleibe. Kurz vor der Pressemitteilung hatte die Beklagte ihre Vertragshändler und Servicepartner über die Beanstandungen des Kraftfahrt-Bundesamtes informiert und hatte den Händlern mitgeteilt, dass betroffene Fahrzeuge nur nach einem entsprechenden Hinweis verkauft werden dürften (Anlage B 6 zum Schriftsatz der Beklagten vom 10. November 2020). Außerdem hatte die Beklagte eine Internetseite freigeschaltet, auf der Fahrzeughalter überprüfen konnten, ob ihr Fahrzeug vom Rückruf betroffen war. Das von der Beklagten auf Anforderung des Kraftfahrt-Bundesamtes entwickelte Software-Update war mit Bescheid vom 26. November 2018 freigegeben worden. Im März 2019 hatte die Beklagte den damaligen Halter des später vom Kläger erworbenen Fahrzeugs schriftlich über das Erfordernis eines Software-Updates informiert.

Das Software-Update wurde indes nicht auf das vom Kläger erworbene Fahrzeug aufgespielt. Mit Ordnungsverfügung vom 11. November 2020 untersagte deshalb der Landrat des Rhein-Erft-Kreises dem Kläger den weiteren Betrieb des Fahrzeugs im öffentlichen Straßenverkehr, weil das Fahrzeug wegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung nicht der Typgenehmigung entspreche.

Mit seiner Klage hat der Kläger Schadensersatz in Höhe des Kaufpreises nebst Zinsen Zug um Zug gegen Übereignung des Fahrzeugs, die Feststellung des Annahmeverzugs und den Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten begehrt. Er hat behauptet, in seinem Fahrzeug seien mehrere unzulässige Abschalteinrichtungen verbaut, nämlich ein Thermofenster, eine unzulässige Aufheizstrategie, eine Abschalteinrichtung, die auf das Getriebe des Fahrzeugs einwirke, und eine Manipulation des AdBlue-Verbrauchs. Das Thermofenster führe dazu, dass während nahezu des gesamten Jahreszeitraums - jedenfalls ab sieben Grad Celsius Außentemperatur - ein deutlich höherer Emissionsausstoß erfolge. Die Aufheizstrategie werde aktiviert, wenn eine Software insbesondere durch den Lenkwinkelanschlag erkenne, dass sich das Fahrzeug auf dem Rollenprüfstand befinde; die Aufheizstrategie reduziere dann den Schadstoffausstoß. Der Einsatz unterschiedlicher Schaltprogramme habe einen gegenüber dem Realbetrieb verringerten Ausstoß von Stickoxid und Kohlendioxid im Testbetrieb und einen erhöhten Spritverbrauch zur Folge. Schließlich werde die Einspritzung von AdBlue ausschließlich auf dem Rollenprüfstand so geschaltet, dass die gesetzlichen Grenzwerte eingehalten würden. Im realen Fahrbetrieb werde demgegenüber lediglich so viel AdBlue eingespritzt, dass der AdBlue-Tank erst beim nächsten Ölwechsel aufgefüllt werden müsse; diese Dosierung sei viel zu gering, um die gesetzlich vorgeschriebenen Werte einzuhalten.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat behauptet, das Thermofenster sei erforderlich, um das Fahrzeug vor Motorschäden zu schützen. Zur Steuerung des Automatikgetriebes hat sie behauptet, sensitive "Dynamische Schaltprogramme" seien deshalb nur im realen Fahrbetrieb aktiv, weil es auf Grund der künstlichen Bedingungen des Rollenprüfst...

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