Entscheidungsstichwort (Thema)
Handelsregister: Eintragungsfähigkeit einer deutschen Zweigniederlassung einer Private Limited Company mit der Firma "Zahnarztpraxis Ltd"; Handelsfirma: Kennzeichnung durch bloße Branchen- oder Gattungsbezeichnungen; Grundsatz der Firmenwahrheit
Leitsatz (amtlich)
Die Zweigniederlassung einer Gesellschaft englischen Rechts (Private Limited Company) mit der Firma "Zahnarztpraxis Ltd." kann nicht in das Handelsregister eingetragen werden.(Rz. 3) 1. Die Kennzeichnung einer Handelsfirma durch die bloße Branchen- oder Gattungsbezeichnung "Zahnarztpraxis" ist eine schlichte Gattungsangabe, der sowohl die Eignung zur Kennzeichnung als auch die Unterscheidungskraft fehlt. Deshalb ist die Firma unzulässig.(Rz. 7) 2. Zudem verstößt die Firma gegen den Grundsatz der Firmenwahrheit. Sie erweckt den Eindruck, eine Zahnarztpraxis zu betreiben, während sie tatsächlich nur Dienstleistungen für Zahnarztpraxen anbietet.(Rz. 8)
Normenkette
HGB § 13d Abs. 1, § 18 Abs. 1, 2 S. 1
Verfahrensgang
AG München (Beschluss vom 22.03.2010; Aktenzeichen 31 AR 8023/09) |
Tenor
Die Beschwerde gegen den Beschluss des AG München - Registergericht - vom 22.3.2010 wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Die Beteiligte ist eine im Handelsregister von Cardiff eingetragene Gesellschaft englischen Rechts (Private Limited Company). Zur Eintragung angemeldet ist die Errichtung einer Zweigniederlassung in München. Das Registergericht hat die Eintragung mit Beschluss vom 22.3.2010 abgelehnt, weil die Firma "Zahnarztpraxis Ltd." unzulässig sei. Außerdem fehlten die über die Industrie- und Handelskammer angeforderten Angaben zur organisatorischen Ausgestaltung. Gegen diese Entscheidung hat die Gesellschaft Beschwerde eingelegt. Die Gesellschaft betreibe ein Büro in München und habe zwei Angestellte. Unternehmensgegenstand sei die Erbringung von Serviceleistungen gegenüber zahnmedizinischen Berufen, insbesondere Organisation, Abrechnung und Verwaltung. Die Bezeichnung "Zahnarztpraxis Ltd." weise nicht auf den Betrieb einer Zahnarztpraxis hin, denn es sei allgemein bekannt, dass eine Zahnarztpraxis nicht in der Rechtsform der "Limited" betrieben werden dürfe. Die Gesellschaft sei in England ordnungsgemäß eingetragen, eine Prüfung des Namens in einem anderen Mitgliedsland habe nicht zu erfolgen.
II. Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Das Registergericht hat zu Recht die Eintragung der Zweigniederlassung abgelehnt.
1. Die Eintragung der Zweigniederlassung einer ausländischen Gesellschaft mit beschränkter Haftung - zu der auch die Beteiligte als Private Limited Company englischen Rechts gehört - unterliegt den Regelungen der §§ 13d, 13e und 13g HGB. Für das inländische Registerverfahren und damit die Eintragung einer Zweigniederlassung einer ausländischen Gesellschaft in das Handelsregister gilt deutsches Recht; ebenso für das Recht der inländischen Zweigniederlassung (BGH NJW 2007, 2328/2329). Die Zulässigkeit der Firma, soweit sie auch für die Zweigniederlassung verwandt werden soll, richtet sich grundsätzlich nach deutschem Recht. Die Bestimmungen des § 18 HGB, die die Unterscheidbarkeit einzelner Firmen (§ 18 Abs. 1 HGB) und den Schutz des Rechtsverkehrs vor Irreführung (§ 18 Abs. 2 HGB) gewährleisten sollen, sind deshalb auch auf die Firma der deutschen Zweigniederlassung einer ausländischen Gesellschaft anwendbar (vgl. OLG München GmbHR 2007, 979/980 m. w. N; KG FGPrax 2008, 35; KG FGPrax 2004, 248; Staub/Koch HGB 5. Aufl., § 13d Rz. 72).
Das gilt auch dann, wenn es sich um eine nach dem Recht eines Mitgliedsstaats der Europäischen Union gegründete Gesellschaft handelt, denn der Schutz des Rechtsverkehrs vor Täuschung und Missbrauch sowie das Interesse anderer Unternehmensgründer an der Freihaltung von Allgemeinbegriffen stellen zwingende Gründe des Allgemeininteresses dar, die eine Beschränkung der in Art. 43, 48 EGV gewährleisteten Niederlassungsfreiheit rechtfertigen (OLG München GmbHR 2007, 979/980; Wachter GmbHR 2007, 980/981 f.; Krafka/Willer/Kühn Registerrecht 8. Aufl. Rz. 272a; Kanzleiter DNotZ 2008, 393/395 f. m.w.N.; Triebel/von Hase/Melerski, Die Limited in Deutschland, Rz. 262 f.; Baumbach/Hopt HGB 34. Aufl., § 13d Rz. 4, § 17 Rz. 49; Staub/Koch HGB 5. Aufl., § 13d Rz. 72; a.A. MünchKomm/HGB/Krafka 2. Aufl., § 13d Rz. 18; LG Aachen NZG 2007, 600 für § 18 Abs. 1 HGB).
Aus den von der Beschwerde angeführten Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs vom 5.11.2002 (Rs. C-208/00 - Überseering, NJW 2002, 3614) und vom 30.9.2003 (Rs. C-167/01 - Inspire Art, GmbHR 2003, 1260) ergibt sich nichts anderes. Danach ist eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit zulässig, wenn sie aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt ist (vgl. auch EuGH NJW 2006, 425/426 - Sevic; NJW 1999, 2027/2029 - Centros). Die zitierte Entscheidung des OLG Hamm (FGPrax 2008, 262) befasst sich mit dem - mangels Irreführung nicht als unzulässig erachteten - Gebrauch der Firma durch die englische Gesellschaft selbst, nicht aber mit der F...