Leitsatz (amtlich)
1. Zu den Voraussetzungen für die Grundbucheintragung einer altrechtlichen Dienstbarkeit (Geh- und Fahrtrecht).
2. Ist das Bestehen einer altrechtlichen Dienstbarkeit durch einen den Umfang dieses Rechts feststellenden Titel bewiesen, entfällt ein grundbuchförmlicher Nachweis, dass dieses nicht in der Folgezeit durch zehnjährige Nichtausübung erloschen sei, sofern es sich hierbei nur um eine ganz entfernt liegende, theoretische Möglichkeit handelt (Anschluss an BayObLGZ 1985, 225; 1988 102).
Normenkette
BGB §§ 1018-1019; EGBGB Art. 187; GBO §§ 22, 29
Verfahrensgang
AG Fürstenfeldbruck (Beschluss vom 16.01.2013; Aktenzeichen Eismerzell Bl. 320-1) |
Tenor
I. Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1 wird der Beschluss des AG Fürstenfeldbruck - Grundbuchamt - vom 16.1.2013 aufgehoben.
II. Das AG - Grundbuchamt - Fürstenfeldbruck wird angewiesen, den Eintragungsantrag vom 29.10.2012 nicht wegen des fehlenden Nachweises über den Fortbestand der im Endurteil des LG München II vom 28.12.1988 (Az. 5 O 684/88) bezeichneten altrechtlichen Dienstbarkeit (Geh- und Fahrtrecht) zurückzuweisen.
III. Eine Kostenerstattung wird nicht angeordnet.
IV. Beschwerdewert: 3.000 EUR.
Gründe
I. Die Beteiligten zu 1 und 2 haben mit Schriftsatz vom 29.10./7.11.2012 dem Grundbuchamt die vollstreckbare Ausfertigung eines auf sie als Rechtsnachfolger umgeschriebenen Titels (Endurteils) vom 28.12.1988 gegen die Antragsgegner zu 3 und 4 folgenden Inhalts vorgelegt und Eintragung der Dienstbarkeit an dem Grundstück FlSt xxx für den jeweiligen Eigentümer des herrschenden Grundstück FlSt xxx beantragt:
Es wird festgestellt, dass die altrechtliche Dienstbarkeit - Geh- und Fahrtrecht - an dem Grundstück der Beklagten an der Grundstücksgrenze der Flur-Nr. xxx 4,19 Meter Breite und in einem Abstand von 9,40 Metern, 3,80 Meter Breite in den Abmessungen, gemäß der Skizze des Architekten Peter L. (Anlage zur Klageschrift vom 4.12.1987) beträgt.
Das Grundbuchamt hat nach Anhörung der Beteiligten zu 3 und 4 mit Beschluss vom 16.1.2013 den Antrag zurückgewiesen. Die Eintragung der altrechtlichen Dienstbarkeit könne, wenn keine Bewilligung beigebracht werde, nur über den Unrichtigkeitsnachweis in der Form des § 29 GBO erfolgen. Dieser sei nicht erbracht. Durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden müsse mangels Offenkundigkeit der Nachweis erbracht werden, dass das Recht entstanden sei und auch noch fortbestehe. Deshalb müsse nachgewiesen werden, dass die Dienstbarkeit nicht durch zehnjährige Nichtausübung inzwischen erloschen sei. Das Urteil stamme vom 18.12.1988, ein Eintragungsantrag sei niemals zeitnah gestellt worden.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Beteiligten zu 1. Der Grundbuchberichtigungsanspruch bestehe. Dieser unterliege nicht der Verjährung. Eines Nachweises, dass die Dienstbarkeit nicht durch Nichtausübung erloschen sei, bedürfe es nicht. Die ständige Nutzung des Geh- und Fahrtrechts, also die fortdauernde Ausübung, sei im Übrigen von den Beteiligten zu 3 und 4 zugestanden worden. Eine Zufahrt zum gegenständlichen Grundstück sei in absehbarer Zeit nur und ausschließlich über die fragliche Zufahrt möglich. Auch aus Art. 187 EGBGB folge der Anspruch.
Die Beteiligten zu 3 und 4 halten die Beschwerde für unbegründet. Die altrechtliche Dienstbarkeit erlösche über Art. 218 EGBGB mit Art. 57 Abs. 1 und 56 Abs. 3 AGBGB mit dem Ablauf von zehn Jahren nach der letzten Ausübung. Das Urteil weise eine Ausübung in den vergangenen 23 Jahren nicht nach. Außerdem werde das Grundstück der Beteiligten zu 1 und 2 in nächster Zeit ausreichend anderweitig erschlossen, weshalb die Aussetzung des Verfahrens beantragt werde.
Das Grundbuchamt hat ohne Abhilfeentscheidung die Akten dem Beschwerdegericht vorgelegt.
II. Eine Aussetzung des Verfahrens entsprechend § 21 Abs. 1 FamFG - wie zuletzt von den Beteiligten zu 3 und 4 im Hinblick auf anderweitige Überlegungen zur Grundstückserschließung beantragt - findet im grundbuchrechtlichen Eintragungsverfahren nicht statt (s. Demharter, GBO, 28. Aufl., § 1 Rz. 53). Die altrechtliche Dienstbarkeit würde im Übrigen auch bei vorhandenem Zugang an anderer Stelle nicht ohne weiteres erlöschen. Allenfalls ginge sie unter, wenn jeder mögliche Vorteil für das herrschende Grundstück objektiv und endgültig wegfiele (s. § 1019 BGB; dazu BGH NJW 1984, 2157/2158; BayObLG NJW-RR 1988, 781).
Das Rechtmittel der Beteiligten zu 1 ist als Beschwerde gegen die Zurückweisung eines Eintragungsantrags statthaft (§ 71 Abs. 1 GBO) und auch im Übrigen zulässig (§ 73 GBO). Eine förmliche - an sich regelmäßig notwendige - Abhilfeentscheidung nach § 75 GBO ist, weil die Beschwerdebegründung erst nachträglich beim Beschwerdegericht eingereicht wurde, zwar nicht ergangen. Zwingend geboten ist dies indessen nicht; der Senat ist namentlich in Fällen, in denen mit einer Abhilfe nicht zu rechnen ist, nicht gehindert, auch sofort über die bei ihm angefallene Beschwerde zu entscheiden (vgl. Hügel/Kramer, GBO, 2. Aufl., § 75 Rbn. 1; Bu...