Entscheidungsstichwort (Thema)
Bildung einer Schlichtungsstelle für gemeinsame Vergütungsregelungen bei ausländischem Antragsgegner
Leitsatz (amtlich)
1. Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte für Verfahren nach § 36a Abs. 3 UrhG ergibt sich bei Antragsgegnern mit Sitz in der Europäischen Union aus Art. 7 Nr. 1 lit. a) Brüssel Ia-VO. (Rn. 18 - 19)
2. Auch wenn der Antragsgegner weder seinen Sitz noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland hat, besteht die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte für Verfahren nach § 36a Abs. 3 UrhG, wenn der Antragsteller seinen Sitz in der Bundesrepublik Deutschland hat. Insoweit sind gemäß § 36a Abs. 3 S. 1 UrhG die §§ 1062 Abs. 3, 1025 Abs. 3 ZPO entsprechend anzuwenden. (Rn. 21 - 22)
Normenkette
Brüssel Ia-VO Art. 7 Nr. 1; UrhG § 36a Abs. 3; ZPO § 1025 Abs. 3, § 1062 Abs. 3
Tenor
I. Als Vorsitzender der Schlichtungsstelle in den Schlichtungsverfahren zwischen dem Antragsteller und den Antragsgegnern zu 1) bis 3) über die Aufstellung gemeinsamer Vergütungsregeln für in die deutsche Sprache synchronisierte Filmproduktionen, die die Antragsgegner in der Bundesrepublik Deutschland im Rahmen von N. Streaming-Angeboten öffentlich zugänglich machen oder in sonstiger Weise - auch im Wege der Lizenzierung - nutzen, wird jeweils bestellt:
Prof. Dr. N. P., Universität zu K., Institut für Medienrecht und Kommunikationsrecht, A. Platz, ... K.
II. Die Anzahl der Beisitzer in jedem Schlichtungsverfahren wird für jede Schlichtungsstelle auf zwei auf Seiten des Antragstellers und auf jeweils zwei auf Seiten der Antragsgegner zu benennende Personen festgesetzt.
III. Es wird festgestellt, dass die Voraussetzungen des Schlichtungsverfahrens in Bezug auf
1. die Fähigkeit des Antragstellers und der Antragsgegner, Partei des Schlichtungsverfahrens zu in die deutsche Sprache synchronisierten Filmproduktionen, die die Antragsgegner in der Bundesrepublik Deutschland öffentlich zugänglich machen oder in sonstiger Weise nutzen zu sein,
2. ein Verfahren vor der Schlichtungsstelle, das auf Verlangen einer Partei stattfindet, jeweils vorliegen.
IV. Die Kosten des Bestellungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
V. Der Verfahrenswert wird auf 50.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe
A. Die Parteien streiten um die Frage, ob der Antragsteller verlangen kann, dass zwischen ihm und den Antragsgegnern ein Schlichtungsverfahren nach § 36, § 36a UrhG zu in die deutsche Sprache synchronisierten Filmproduktionen, welche die Antragsgegner in der Bundesrepublik Deutschland öffentlich zugänglich machen oder in sonstiger Weise nutzen, durchgeführt wird.
Der Antragsteller ist die einzige Urhebervereinigung, die in der Bundesrepublik Deutschland die Interessen von Synchronregisseuren und Synchronbuchautoren vertritt. Die Vereinigung wurde im Jahr 2019 gegründet und hat mittlerweile rund 180 Mitglieder. Zu den satzungsgemäßen Aufgaben des Antragstellers gehört es, mit Werknutzern oder Vereinigungen von Werknutzern gemeinsame Vergütungsregeln nach § 36 UrhG aufzustellen.
Bei den Antragsgegnern zu 1) und 2) handelt es sich um in den USA ansässige Medienunternehmen, die sich mit der Produktion von Filmwerken und dem weltweiten kostenpflichtigen Streaming entsprechender Inhalte befassen. Innerhalb der N.-Gruppe sind dies die Einheiten, über welche die N.-Produktionen in Auftrag gegeben werden. Der Antragsgegner zu 3) ist eine europäische Tochtergesellschaft des N.-Konzerns. Er ist Anbieter des N.-Dienstes in Europa und trägt die redaktionelle Verantwortung für entsprechende audiovisuelle Inhalte.
Mit Schreiben vom 03.09.2021 forderte der Antragsteller die Antragsgegner auf, Verhandlungen zur Aufstellung gemeinsamer Vergütungsregelungen zu in die deutsche Sprache synchronisierten Filmproduktionen, welche die Antragsgegner in der Bundesrepublik Deutschland öffentlich zugänglich machen oder in sonstiger Weise nutzen, aufzunehmen (Anlage K 1). Auf eine E-Mail vom 22.09.2021, mit der ein Senior Counsel der N.-Gruppe ankündigte, sich im Oktober zu melden, erhielt der Antragsteller im November die weitere Nachricht, dass man sich Anfang des Jahres 2022 in Berlin treffen solle. Mit E-Mail vom 04.11.2021 bat der Antragsteller daraufhin, ein erstes Gespräch bereits vorab im Wege einer Videokonferenz durchzuführen (Anlage K 2). Auf den Hinweis der Antragsgegner, dass ein Gespräch nur informatorischen Charakter haben solle und damit keine Verhandlungen beginnen würden, fanden sodann Videogespräche am 25.01.2022 und 14.03.2022 statt, an denen auf Seiten der Antragsgegner die Senior Counsel R. S. und der für die in Berlin ansässigen N. Services Germany GmbH tätige M. L. sowie Rechtsanwalt Dr. M. D. teilnahmen. Auf das Schreiben an Rechtsanwalt Dr. D. vom 29.06.2022, wonach im Hinblick auf die Erfolglosigkeit der bislang geführten Gespräche nun ein Schlichtungsverfahren nach § 36 UrhG zur Aufstellung gemeinsamer Vergütungsregelungen eingeleitet werden solle, teilte dieser unter dem 05.07.2022 mit, nicht z...