Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Frage, ob eine Streitigkeit aus Bank- und Finanzgeschäften gem. § 119a Abs. 1 Nr. 1 GVG das Vorliegen einer Erlaubnis nach § 32 Abs. 1 KWG voraussetzt
Leitsatz (amtlich)
1. Für die Frage, ob eine Streitigkeit aus Bank- und Finanzgeschäften gem. § 119a Abs. 1 Nr. 1 GVG vorliegt, kommt es nicht darauf an, ob das beteiligte Kredit- oder Finanzinstitut über eine Erlaubnis nach § 32 Abs. 1 KWG verfügt (Abweichung von KG, Beschluss vom 10.12.2018, Gz. 2 AR 58/18; Anschluss an BFH, Urteil vom 29.9.2020 - VIII R 17/17, Rn. 34).
2. Im Hinblick auf die Entscheidung des BGH vom 26. Juli 2022 (Gz. X ARZ 3/22), wonach gerichtsinterne Verweisungen an einen anderen Spruchkörper desselben Gerichts entsprechend § 281 II 4 ZPO für den anderen Spruchkörper bindend sind, dürfte eine Zuständigkeitsbestimmung in analoger Anwendung von § 36 I Nr. 6 ZPO zukünftig grundsätzlich nicht mehr in Betracht kommen.
Verfahrensgang
LG München I (Aktenzeichen 22 O 3797/21 (2)) |
Tenor
Der 8. Zivilsenat verneint seine Zuständigkeit als Kapitalanlagesenat und legt die Sache dem 5. Zivilsenat als Banksenat zur Übernahme vor.
Gründe
a) Den Feststellungen des Landgerichts zufolge macht die Klägerin hier gegen die Beklagte Ansprüche aus Darlehensvertrag geltend.
Die Parteien haben am 20./24.07.2018 den "Nachrangdarlehensvertrag zum Private Placement Mezzanine - Darlehen - Angebot der T. GmbH (K 1) über ein Nachrangdarlehen in Höhe von 50.000,- EUR geschlossen. Im Zusammenhang mit der Finanzierung einer Grundstücksbebauung in G. hatte die Firma T. am 17.04.2018 ein Kreditvertrag mit der V. Bank in Höhe von 9,7 Mio. Euro abgeschlossen. Zur Besicherung dieses Kreditvertrages wurde u.a. ein Bardepot in Höhe von 1 Mio. Euro vereinbart. Zur Finanzierung dieses Bardepots hat die Beklagte als Emittentin und Darlehensnehmerin 1 Mio. Euro Mezzanine-Kapital in Form von nachrangigen Darlehen u.a. von der Klägerin als Darlehensgeberin aufgenommen, um sie sodann einem Gesellschafter der T. GmbH für die Erbringung des Bardepots wiederum als Darlehen zur Verfügung zu stellen.
Die Klägerin verlangt mit ihrer Klage von der Beklagten nach Fristablauf Rückzahlung des Darlehens und weitere Zinsen, was die Beklagte unter Berufung auf die Nachrangvereinbarung verweigert. Das Landgericht hat den Nachrang für unwirksam gehalten (vgl. LGU S. 6) und der Klage deshalb stattgegeben. Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten.
b) Das Verfahren wurde dem 8. Zivilsenat von der Einlaufstelle des OLG München als Kapitalanlagesache zugewiesen (Bl. 141 d.A.).
(1) Mit Verfügung vom 19.05.2022 leitete der Vorsitzende des 8. Zivilsenats die Akte der Einlaufstelle zu, mit der Bitte um Zuteilung des Verfahrens im Bankturnus und Übernahme durch den Vorsitzenden des zu bestimmenden Banksenats, weil es sich nicht um eine Kapitalanlagesache handele, sondern um eine Banksache. Es liege ein Einlagengeschäft i.S.v. § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG vor. Das Vorliegen gewerbsmäßigen Handelns ergebe sich schon aus dem Finanzierungszweck und aus dem Umfang. Eine Erlaubnis nach § 32 KWG sei nach der Entscheidung des Präsidiums vom 16.03.2020, Az. 8 U 4518/19, nicht Voraussetzung dafür, dass eine Banksache i.S.d. Geschäftsverteilungsplans vorliege.
(2) Die Einlaufstelle leitete sodann das Verfahren im Sonderturnus für Banksachen dem 5. Zivilsenat zu. Mit Verfügung vom 01.06.2022 lehnte der Vorsitzende des 5. Zivilsenats die Übernahme des Verfahrens als Banksache ab, da keine Streitigkeit aus Bank- und Finanzgeschäften nach § 119a Abs. 1 Nr. 1 GVG vorliege. Die Auslegung des § 119a Abs. 1 Nr. 1 GVG obliege nicht länger dem Präsidium, sondern der Rechtsprechung, weshalb eine Vorlage nach § 36 ZPO geboten sei.
(3) Im Hinblick auf die entsprechende Änderung der Spruchpraxis des Präsidiums in der Entscheidung vom 05.08.2022 vertrat der Vorsitzende des 8. Zivilsenats in der Verfügung vom 22.08.2022 nunmehr die Auffassung, dass jedenfalls keine Kapitalanlagesache im Sinne des Geschäftsverteilungsplans vorliege, weshalb die Sache daher in den allgemeinen Turnus abzugeben sei. Die Einlaufstelle leitete sodann das Verfahren im allgemeinen Turnus dem 15. Zivilsenat zu. Dieser lehnte mit Beschluss vom 11.10.2022 die Übernahme des Verfahrens ab. Es sei Sache des 8. Zivilsenats, eine Entscheidung des BayObLG nach § 36 ZPO zur Frage herbeizuführen, ob eine Streitigkeit aus Bank- und Finanzgeschäften nach § 119a Abs. 1 Nr. 1 GVG vorliegt.
(4) Mit Verfügung vom 17.10.2022 leitete der Vorsitzende des 8. Zivilsenats die Akten dem Präsidium zu mit der Bitte, den gerichtsintern für die Zuständigkeitsbestimmung und ggf. Verweisung gem. § 119a GVG zuständigen Senat zu bestimmen. Es handele sich letztlich um einen Zuständigkeitskonflikt zwischen dem 5. Zivilsenat als Banksenat und dem 15. Zivilsenat als Turnussenat. Der 8. Zivilsenat sehe sich als sicher nicht zuständiger Kapitalanlagesenat nicht berufen, diesen Streit durch bindende Verweisung gem. § 119a GVG i.V.m. § 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO (vgl. BGH, ...