Leitsatz (amtlich)

Im Falle der Gesamtberechtigung an einer Grundschuld ist jeder Gläubiger nur zusammen mit den anderen verfügungsbefugt nach § 875 Abs. 1 BGB und damit auch bewilligungsbefugt nach § 19 GBO.

 

Normenkette

BGB §§ 428, 875 Abs. 1; GBO § 19

 

Verfahrensgang

AG Dillingen a.d. Donau (Aktenzeichen Grundbuchamt)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird die Zwischenverfügung des Amtsgerichts Dillingen a.d. Donau - Grundbuchamt - vom 28. Januar 2019 aufgehoben.

 

Gründe

I. Die Beschwerdeführerin erwarb durch Zuschlagsbeschluss vom 11.12.2018 im Zwangsversteigerungsverfahren Grundbesitz, ist aber noch nicht als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen.

Ursprünglich waren die damaligen Eheleute W.H. und B.N. Miteigentümer des Grundstücks zu je 1/2 und als solche auch in Abt. I des Grundbuchs eingetragen, B.N. allerdings unter ihrem Ehenamen B.H. Am 28.10.2015 bestellten sie für die V.-Bank eine Grundschuld ohne Brief, die am 20.3.2016 im Grundbuch in Abt. III unter Nr. 1 eingetragen wurde. Am 12.6.2018 wurde über das Vermögen des W.H. das Insolvenzverfahren eröffnet und ein Insolvenzverwalter bestellt. Am 21.11.2018 erklärte die V.-Bank den Verzicht auf die Grundschuld, der am 29.11.2018 im Grundbuch eingetragen wurde.

Am 20.12.2018 bewilligte B.N. unter diesem Namen, den sie nach ihrer Scheidung von W.H. wieder angenommen hatte, in ihrer Eigenschaft als bis zum Zuschlag eingetragene Miteigentümerin die Löschung der Grundschuld.

Mit Schriftsatz ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 28.12.2018 hat die Beschwerdeführerin unter Beifügung des Zuschlagsbeschlusses und der Löschungsbewilligung der B.N. die Löschung der Grundschuld in Abt. III Nr. 1 beantragt.

Mit fristsetzender Zwischenverfügung vom 28.1.2019 hat das Grundbuchamt das Fehlen der Zustimmung des ehemaligen Eigentümers W.H. zur Löschung des Rechts in Abt. III Nr. 1, des Nachweises der Namensänderung der B.N. in öffentlich beglaubigter Form und des rechtskräftigen Zuschlagsbeschlusses beanstandet. Zur Begründung hat das Grundbuchamt ausgeführt, durch den Verzicht werde die Grundschuld Eigentümerrecht und durch den Zuschlag wieder Fremdrecht der ehemaligen Eigentümer. Sie gehe nur dann auf den neuen Eigentümer über, wenn der Verzicht nach dem Zuschlag ins Grundbuch eingetragen werde.

Mit Telefax ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 5.2.2019 hat die Beschwerdeführerin gegen die Zwischenverfügung Beschwerde eingelegt.

Zur Begründung führt sie mit weiterem Telefax vom 6.2.2019 aus, im Grundbuch sei nach wie vor die V.-Bank als ehemalige Grundschuldgläubigerin eingetragen. Die Vermutungsregel des § 891 BGB streite für die Ersteherin, die somit berechtigt sei, die vollständige Löschung zu beantragen. Doch selbst wenn sich die Beschwerdeführerin nicht auf § 891 BGB berufen könnte, sei dem Löschungsbegehren zu entsprechen. Im Falle des Entstehens einer Eigentümergrundschuld seien die Miteigentümer als Gesamtgläubiger gemäß § 428 BGB anzusehen. Deshalb reiche schon die Löschungsbewilligung der B.N. aus.

Mit Schreiben vom 15.2.2019 hat der Beteiligte zu 2 erklärt, mit einer Löschung der Grundschuld bestehe kein Einverständnis, und eine Berichtigung des Grundbuchs dahingehend beantragt, dass die Grundschuld W.H. und B.N. zu je 1/2 zustehe.

Am 19.2.2019 hat die B.N. eine Kopie ihres Personalausweises übersandt, aus dem die Namensänderung hervorgeht.

Mit Beschluss vom 31.5.2019 hat das Grundbuchamt erklärt, der Beschwerde nicht abzuhelfen, und zur Begründung auf die Zwischenverfügung verwiesen.

II. Die zulässige Beschwerde ist begründet.

1. Die Beschwerde ist zulässig.

a) Sie ist als unbeschränkte Beschwerde gemäß § 71 Abs. 1 GBO statthaft und wurde ordnungsgemäß nach § 73 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 GBO, § 10 Abs. 2 Satz 1 FamFG eingelegt.

b) Die Beschwerdeführerin ist auch beschwerdeberechtigt. Zwar hat nach allgemeiner Meinung der Erwerber eines Grundstücks, solange er noch nicht als Eigentümer ins Grundbuch eingetragen ist, kein Beschwerderecht gegen die Vornahme oder das Unterlassen von Veränderungen des Grundbuchstands. Denn im Antragsverfahren folgt das Beschwerderecht dem Antragsrecht (BayObLG Rpfleger 1998, 420; Demharter GBO 31. Aufl. § 71 Rn. 63; Hügel/Kramer GBO 3. Aufl. § 71 Rn. 181). Letzteres steht gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 GBO aber nur dem verlierenden und dem gewinnenden Teil zu. Wer dies wiederum ist, wird im Hinblick auf die Vermutungswirkung des § 891 Abs. 1 BGB regelmäßig an der Buchposition festgemacht (Senat vom 14.1.2016, 34 Wx 383/15 = NJOZ 2017, 726; Hügel/Kramer § 71 Rn. 186). Beim Erwerb in der Zwangsversteigerung kommt es auf die Buchposition allerdings nicht an, weil sich der Eigentumsübergang gemäß § 90 Abs. 1 ZVG ohnehin außerhalb des Grundbuchs vollzieht und es somit der Eintragung des Erwerbers gar nicht bedarf, diese ist lediglich deklaratorischer Natur. Unter Zugrundelegung ihres Vortrags, sie sei Eigentümerin durch Zuschlag in der Zwangsversteigerung geworden, ist die Beschwerdeführerin folglich antrags- und damit auch beschwerdeberechtigt.

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