Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Parteierweiterung in der Berufungsinstanz

 

Verfahrensgang

LG München I (Urteil vom 14.07.2005; Aktenzeichen 22 O 247/05)

 

Tenor

1. Die Berufung der Kläger zu 1) bis 5) gegen das Endurteil des LG München I vom 14.7.2005 wird, soweit es die Einbeziehung der Beklagten zu 3) in das Berufungsverfahren anbelangt, als unzulässig verworfen.

2. Die Kläger zu 1) bis 5) tragen die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 3).

 

Gründe

I. Die Kläger zu 1) bis 5) begehren im Wesentlichen die Feststellung, dass sie als Gesellschafter einer GbR nicht für den Kredit haften, den diese bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 1) im Oktober 1993 aufgenommen hat. Die Beklagte zu 2) soll im Wege der Ausgliederung Inhaberin der Kreditforderung gegen die GbR geworden sein. Der Beklagten zu 3) soll diese Forderung am 20.1.2005 abgetreten worden sein.

Die Klage, die sich nur gegen die Beklagten zu 1) und zu 2) gerichtet hat, ist vom LG München I mit Endurteil vom 14.7.2006 abgewiesen worden.

Die Kläger zu 1) bis 5) haben gegen dieses Urteil Berufung einlegen und mit der Berufungsbegründung vom 28.10.2005 u.a. beantragen lassen, die Beklagte zu 3) in den Rechtsstreit einzubeziehen, um gegen diese dieselben Ansprüche wie gegen die Beklagten zu 1) und zu 2) geltend zu machen.

Die Beklagte zu 3), die in der ersten Instanz nicht am Rechtsstreit beteiligt gewesen ist, hat der von den Klägern zu 1) bis 5) angestrebten Parteierweiterung in der Berufungsinstanz widersprechen lassen.

Der Senat hat die Kläger zu 1) bis 5) und deren Prozessbevollmächtigten mit der Verfügung vom 31.10.2005 darauf hingewiesen, dass eine Parteierweiterung in der Berufungsinstanz gegen den Willen der Beklagten zu 3) nach dem neuen Berufungsrecht nicht möglich erscheine.

II. Die Berufung der Kläger zu 1) bis 5) gegen das landgerichtliche Urteil ist unzulässig, soweit sie das Ziel verfolgt, das Berufungsverfahren auf die Beklagte zu 3) zu erweitern.

Ein neues Prozessrechtsverhältnis kann wegen der funktionellen Zuständigkeit der Rechtsmittelgerichte in der höheren Instanz grundsätzlich nicht begründet werden. Eine Klage ist unzulässig, da dem Berufungsgericht die funktionelle Zuständigkeit fehlt. Die Berufung ist nicht statthaft, weil insoweit kein Urteil der ersten Instanz vorliegt (Thomas/Putzo, ZPO, 27. Aufl., § 50 Rz. 26).

Der BGH hat vor In-Kraft-Treten des ZPO RG zwar ausnahmsweise die Ausdehnung des Rechtsstreits auf einen weiteren Beklagten in der Berufungsinstanz zugelassen, wenn der neue Beklagte zugestimmt bzw. seine Zustimmung rechtsmissbräuchlich verweigert hat (BGH v. 18.3.1997 - XI ZR 34/96, NJW 1997, 2885). Eine solche Ausnahme erscheint dem Senat nach dem neuen Berufungsrecht nicht möglich, da die Zulassung neuen Sachvortrags durch § 531 Abs. 2 ZPO weit mehr eingeschränkt ist, als dies durch § 528 ZPO a.F. der Fall war. Außerdem ist § 533 Nr. 1 ZPO zu beachten, der besagt, dass u.a. eine Klageänderung nur dann zulässig ist, wenn der Gegner zustimmt oder das Gericht diese für sachdienlich hält. Ein Parteiwechsel wird nach der Rechtsprechung wie eine Klageänderung behandelt (BGHZ 16, 317; BGHZ 65, 268). Die Parteierweiterung ist zwar kein Parteiwechsel, aber diesem insoweit ähnlich, als eine neue Partei an dem Rechtsstreit beteiligt werden soll. Aus diesem Grund ist hier zur Überzeugung des Senats § 533 ZPO zu berücksichtigen. Eine Zustimmung der Beklagten zu 3) liegt nicht vor. Sachdienlichkeit liegt nicht vor, da streitig ist, ob die Beklagte zu 3) Inhaberin der streitgegenständlichen Kreditforderung geworden ist, so dass zur Klärung dieser Frage eine Beweisaufnahme durchzuführen wäre. Soweit es die Beklagten zu 1) und zu 2) anbelangt, ist der Rechtsstreit nach Auffassung des Senats entscheidungsreif. Die Zulassung der von den Klägern begehrten Parteierweiterung wäre somit nicht prozessökonomisch.

Kostenentscheidung:

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Es konnte nur über die Kostentragungspflicht der Kläger hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 3) entschieden werden, da eine Entscheidung über die Kostentragungspflicht hinsichtlich der Gerichtskosten erst dann möglich ist, wenn über die Berufung gegen das landgerichtliche Urteil hinsichtlich der Beklagten zu 1) und 2) entschieden ist.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1484758

MDR 2006, 1186

OLGR-Süd 2006, 272

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