Leitsatz (amtlich)
Pfandfreie Abschreibung von Grundstücksteilflächen bei Belastung des dienenden Grundstücks mit Geh- und Fahrtrecht.
Normenkette
BGB § 1026; GBO §§ 22, 46 Abs. 2, § 53 Abs. 1, § 71 Abs. 2
Verfahrensgang
AG Lindau (Bodensee) - Grundbuchamt (Beschluss vom 19.11.2013; Aktenzeichen WE-1721-26) |
Tenor
I. Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 2 gegen den Beschluss des AG - Grundbuchamt - Lindau (Bodensee) vom 19.11.2013 wird zurückgewiesen.
II. Der Beschwerdewert beträgt 5.000 EUR.
Von der Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten wird abgesehen.
Gründe
I. Die Beteiligten zu 1 und 2 wenden sich gegen die lastenfreie Abschreibung von Grundstücken des Beteiligten zu 3. Die Beteiligten zu 1 und 2 sind zu je 1/2 Eigentümer u.a. des Grundstücks Flst xxx. Zugunsten dieses Grundstücks wurde in einem notariellen Kaufvertrag vom 12.2.1935 auf dem Restgrundstück Flst xxx ein Geh- und Fahrtrecht folgenden Inhalts bewilligt:
Die jeweiligen Eigentümer des heutigen Kaufobjekts sind berechtigt, auf der von der vorbeiführenden Straße aus in das Grundstück Pl. Nr. xxx führenden Einfahrt zu gehen und zu fahren, um von der bezeichneten Straße aus an der Rückseite des heutigen Kaufgrundstücks auf das Letztere zu gelangen und umgekehrt. Dieses Fahrtrecht darf zu jeder Zeit und unbeschränkt ausgeübt werden ...
Das damals veräußerte Grundstück ist folgendermaßen beschrieben:
Diese Kauffläche ist vom Pl. Nr. xxx in der Weise abzutrennen, dass die Teilfläche genau 19 Meter tief und entlang der Straßenfront ungefähr 31 Meter breit ist; dabei bildet auf einer Seite die Straße, auf einer weiteren Seite die Einfahrt in das Grundstück Pl. Nr. xxx und auf den beiden übrigen Seiten die Restfläche von Pl. Nr. xxx die Grenze des Kaufgrundstückes.
Das ursprüngliche dienende Grundstück Pl. Nr. xxx wurde bis zur lastenfreien Abschreibung mehrfach vermessen und geteilt. Am 4.3.2011 hat der Beteiligte zu 3 - eine Marktgemeinde - beantragt, die rechtlich vereinigten Grundstücke Flurstücke xxx, xxx, xxx, xxx, xxx, xxx, xxx, xxx, xxx, welche alle aus dem ursprünglichen Grundstück Pl. Nr. xxx - belastet mit der Dienstbarkeit - stammen, unter Aufhebung der Grundstücksvereinigung unter einer eigenen laufenden Nummer im Bestandsverzeichnis des Grundbuchs und damit als jeweils eigenständige Grundstücke zu buchen. Gleichzeitig hat der Beteiligte zu 3 beantragt, die Grundstücke Flurstücke xxx, xxx, xxx, xxx, xxx, xxx, xxx, xxx von der genannten Grunddienstbarkeit pfandfrei abzuschreiben. Dies wurde am 17.3.2011 im Grundbuch vollzogen. Gegenstand des Antrags bildete nicht das Grundstück Flst xxx.
Unter dem 25.10.2013 haben die Beteiligten zu 1 und 2 beantragt, "die Pfandfreigabeerklärung rückgängig zu machen"; zugleich haben sie "gegen die Pfandfreigabeerklärung Beschwerde" eingelegt mit dem Ziel, den Antrag auf pfandfreie Abschreibung der Grundstücke Flurstücke xxx, xxx, xxx, xxx, xxx, xxx, xxx, xxx zurückzuweisen. Es bestehe ein unbeschränktes Geh- und Fahrtrecht auf der gesamten Grundstücksfläche. Die Ausübung der Grunddienstbarkeit sei nicht auf einen bestimmten Teil beschränkt. Durch eine Bebauung des Grundstücks ginge die Grunddienstbarkeit unter. Ohne Pfandfreigabeerklärung sei die Bebauung nicht zulässig. Es sei nicht rechtens, wenn dadurch die bestehende Grunddienstbarkeit "untergehe".
Mit Beschluss vom 19.11.2013 hat das Grundbuchamt den Antrag und die Beschwerde zurückgewiesen. Die pfandfreie Abschreibung nach § 1026 BGB sei möglich, weil bei der Teilung des belasteten Grundstücks die Teile außerhalb des Bereichs der Ausübung - die Flächen der genannten Grundstücke - frei würden. Die Voraussetzung, dass die Ausübung der Grunddienstbarkeit auf einen bestimmten Teil des belasteten Grundstücks beschränkt ist, sei erfüllt. Die Bewilligung spreche zwar von einer jederzeitigen und unbeschränkten Ausübung des Fahrtrechts; dies beziehe sich aber nicht auf den Ausübungsbereich, sondern bedeute, dass das Recht nicht auf eine bestimmte Art der Befahrung/Begehung beschränkt sei und auch nicht nur für eine gewisse Dauer gelten solle. Der Ausübungsbereich hingegen sei festgehalten und klar formuliert. Er sei beschränkt auf die Flurstücke xxx und xxx, ferner auf Flst xxx, welches im selben Eigentum wie das dienstbarkeitsberechtigte Flst xxx stehe. Auf diesen unmittelbar an das herrschende Grundstück angrenzenden Grundstücken sei die Grunddienstbarkeit noch eingetragen.
Gegen den Beschluss richtet sich die Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 2, die damit begründet wird, dass die Formulierung in der Bewilligungsurkunde ("Dieses Fahrtrecht darf zu jeder Zeit und ungeschränkt ausgeübt werden") sich auch auf den Ausübungsbereich beziehe. Das Fahrtrecht sei sonach weder auf eine bestimmte Jahreszeit noch auf eine bestimmte Fläche beschränkt, sondern könne mit jedem Verkehrsmittel unbeschränkt ausgeübt werden. Den Umfang des Ausübungsrechts bestimme der Berechtigte, nicht der Verpflichtete des dienenden Grundstücks.
Das Grundbuchamt hat der Beschwerde nicht...