Entscheidungsstichwort (Thema)
Wert des Auskunftsanspruchs und Erwartung des Klägers bei Klageeinreichung
Leitsatz (amtlich)
Die in der Klageschrift mitgeteilte Erwartung des Klägers über den Wert des Hauptanspruchs, den er mit der Auskunftsklage vorbereiten will, ist für die Bestimmung des Werts der Auskunftsklage auch dann heranzuziehen, wenn sich aufgrund des Verfahrens herausstellt, dass diese Erwartung übertrieben war. Stellt sich heraus, dass die mitgeteilte Erwartung deutlich übertroffen wird, ist der auch bei Verfahrensbeginn schon vorliegende, objektiv höhere Wert maßgebend.
Normenkette
GKG § 40
Verfahrensgang
Tenor
1. Auf die Beschwerde des Beklagten wird der vom LG im Beschluss vom 23.1.2006 für das Verfahren festgesetzte Gebührenstreitwert auf 40.272,29 EUR abgeändert.
2. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Gründe
I. Der Kläger hat den Beklagten auf Auskunft und Abgabe der eidesstattlichen Versicherung verklagt, um zu ermitteln, in welcher Höhe er infolge einer Pflichtteilsberechtigung von 1/4 einen Pflichtteils- bzw. Pflichtteilsergänzungsanspruch geltend machen kann. In seiner Klageschrift vom 23.9.2004 gab er an, dass er von Schenkungen der Erblasserin im maßgeblichen Zehnjahreszeitraum an den Beklagten von überschlägig 300.000 EUR ausgehe. Nachdem der Beklagte im Lauf des Verfahrens Auskunft erteilt hatte, stellte sich heraus, dass diesem zwei Eigentumswohnungen, ein Pkw und ein Schenkungssteuerbetrag im Gesamtwert von 644.356,67 EUR zugewendet worden waren. Der entsprechende Wert ist als Mindestwert zwischen den Parteien unstreitig. Das LG hat den Gebührenwert für das Verfahren mit 65.000 EUR auf 1/10 dieses Werts festgesetzt.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Beklagten. Maßgebend seien die Vorstellungen des Klägers bei Klageerhebung. Dies bedeute, dass von 1/10 von 300.000 EUR auszugehen sei. Der sich dann ergebende Betrag von 30.000 EUR müsse wegen der Pflichtteilsquote nochmals auf ein 1/4, also auf 7.500 EUR, gekürzt werden.
II. Die Beschwerde, über die nach §§ 68 Abs. 1 S. 5, 66 Abs. 4 S. 1 GKG der Einzelrichter entscheidet, hat eingeschränkt Erfolg.
§ 40 GKG bestimmt, dass für die Wertberechnung der Zeitpunkt der den Rechtszug einleitenden Antragstellung maßgebend ist. Soweit es um die Verfolgung vorbereitender Ansprüche - wie Auskunftsklagen - geht, lässt das Gesetz offen, ob es für die Bewertung allein auf die bei Einleitung des Rechtszugs vorhandenen subjektiven Vorstellungen des Klägers ankommt oder auch auf die sich im Laufe des Verfahrens herausstellenden objektiven Werte bei Verfahrensbeginn.
In der Rechtsprechung der OLG - eine Anrufung des BGH ist wegen §§ 66 Abs. 3 S. 3, 68 Abs. 1 S. 3 ausgeschlossen - wird die Rechtsfrage streitig diskutiert. Es wird die Ansicht vertreten, es seien ausschließlich die Erwartungen des Klägers bei Erhebung der Klage maßgebend (OLG Celle v. 8.10.2002 - 6 W 77/02, MDR 2003, 55 = OLGReport Celle 2002, 323; OLG Köln v. 18.5.2004 - 3 U 136/03, OLGReport Köln 2004, 282). Umgekehrt hat das KG (KG MDR 1997, 598) gemeint, dass es auf die Erkenntnisse des Gerichts am Ende der Instanz ankomme. Bei allen zitierten Entscheidungen war der Fall so gestaltet, dass sich am Ende der Instanz herausgestellt hatte, dass die bei Beginn der Instanz vorhandenen Vorstellungen des Klägers übertrieben waren.
Der Senat folgt grundsätzlich der Auffassung, dass die Vorstellung des Klägers bei Beginn der Instanz insoweit maßgeblich ist, als eine Herabsetzung des Streitwerts unter diese Vorstellung nicht mehr möglich ist, auch wenn sich im Laufe des Verfahrens herausstellt, dass die bei Einreichung der Klage vorhandene subjektive Einschätzung objektiv unterschritten wird. Der Kläger, der mit seiner Klage den Streitwert bestimmt, muss sich an seiner bei Klageeinreichung mitgeteilten Vorstellung festhalten lassen, auch um eine Streitwertmanipulation und die Angabe von überhöhten Streitwerten ins Blaue hinein zu verhindern. Er kann dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten, der seine Verfahrensgebühr bei Beginn der Instanz verdient, und auch dem Gericht die entsprechenden, bereits entstandenen Gebühren nicht sozusagen rückwirkend der Höhe nach wieder entziehen.
Daraus folgt aber nicht, dass auch ohne Bedeutung sein müsste, wenn die subjektiven Vorstellungen des Klägers später - wie im vorliegenden Fall - in objektiver Hinsicht übertroffen werden. War der mit der Auskunftsklage vorbereitete Hauptanspruch bei Beginn der Instanz vom Kläger deutlich geringer beurteilt worden, als er nach den Kriterien zu bewerten ist, die sich im Rahmen des Auskunftsprozesses ergeben haben, ist der höhere Wert maßgebend, den der vorbereitete Hauptanspruch objektiv auch schon zu Beginn des Verfahrens gehabt hatte. Würde man das Gesetz anders auslegen, hätte es der Kläger in der Hand, trotz ihm vorliegender anderer Anhaltspunkte einen bewusst zu niedrig gewählten Wert anzugeben, um den Auskunftsprozess auf billige Weise führ...