Verfahrensgang

Vergabekammer Südbayern (Aktenzeichen Z 3-3-3194-1-50-12/16)

 

Gründe

Der Antragsgegner schrieb am 06.08.2016 im Rahmen einer EU-weiten Bekanntmachung im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften im Wege eines offenen Verfahrens die Bauleistungen "Strafjustizzentrum M./Neubau: Baugrube Verbau" aus. Eine Aufteilung in Lose erfolgte nicht.

Nach Ziffer II. 2.10.) der Bekanntmachung waren Varianten/Alternativangebote zulässig. Gemäß Ziffer 5.2. der Aufforderung zur Abgabe eines Angebots waren Nebenangebote für den Bereich "Titel 2 Verbau" in Verbindung mit einem Hauptangebot zugelassen, sofern diese nicht ausschließlich Preisnachlässe mit Bedingungen beinhalten.

Der Preis wurde nach Ziffer II. 2.5.) der Bekanntmachung als einziges Zuschlagskriterium genannt (vgl. auch Ziffer 6 der Aufforderung zur Angebotsabgabe).

In Ziffer II. 2.4) der Bekanntmachung ("Beschreibung der Beschaffung") wird u.a. ausgeführt, dass ca. 22800 t Boden/Bauschutt verschiedener Schadstoffklassen zu entsorgen sind.

Zum Nachweis der technischen und beruflichen Leistungsfähigkeit wurden zum Angebot nach Ziffer III.1.3.) der Bekanntmachung zusätzlich folgende Nachweise verlangt:

In Ziffer 3.1. der Aufforderung zur Abgabe des Angebots (Formblatt 211 EU) sowie unter Position 03.05. ("Entsorgung u. Verwertung, Altlasten"), Ziffer 2. der Ausschreibungsunterlagen heißt es, dass die oben genannten Unterlagen mit dem Angebot vorzulegen sind. Zudem wird dort ausgeführt:

Der Bieter hat mit Abgabe des Angebotes

  • den Nachweis der Sachkunde gemäß BGR 128 und die
  • Bestätigung über die Zertifizierung als Entsorgungsfachbetrieb gemäß § 52 KrW/AbfG und § 14 EfbV vorzulegen.

Die für die Verwertung vorgesehene Firma muss ebenfalls als Entsorgungsfachbetrieb zertifiziert sein.

Unter Anlagen C), die, soweit erforderlich, ausgefüllt mit dem Angebot einzureichen waren, wird das Verzeichnis der Leistungen/Kapazitäten anderer Unternehmen (Formblatt 235) aufgeführt. Gemäß Ziffer 3.2. der Aufforderung zur Abgabe des Angebots mussten Verpflichtungserklärungen anderer Unternehmen (Formblatt 236) erst auf gesondertes Verlangen der Vergabestelle vorgelegt werden.

Auf eine Rüge der Antragstellerin hin teilte die Vergabestelle mit, dass das Formblatt 235 auch im Fall der Eignungsleihe im Hinblick auf die berufliche und technische Leistungsfähigkeit auszufüllen sei.

Eine weitere Bieteranfrage vor Angebotsabgabe lautete: "Welche zertifizierten Tätigkeiten als Entsorgungsfachbetrieb sind vom Bieter nachzuweisen? Nur behandeln, nur verwerten oder beide Tätigkeiten?". Die Vergabestelle antwortete: "Behandeln... ist in diesem Fall nicht als zertifizierte Tätigkeit nachzuweisen" (vgl. Anlage AS 17 in den Akten der Vergabekammer).

Vier Bieter gaben fristgerecht zum Submissionstermin vier Hauptangebote und sieben Nebenangebote ab. Das Nebenangebot der Antragstellerin belegte vor dem Nebenangebot der Beigeladenen rechnerisch Platz 1. Das Hauptangebot der Antragstellerin lag an Rangstelle 3. Nachdem ein Bieter ausgeschlossen wurde, belegt die Beigeladene mit ihrem Hauptangebot Platz 4.

Die Beigeladene hatte ihrem Angebot Zertifizierungen zweier Entsorgungsstellen nach § 56 KrW-/AbfG beigefügt und zwei Entsorgungsstellen alternativ im Leistungsverzeichnis unter Position 03.5.190 und 03.5.200 benannt. Im Formblatt 235 wurde diesbezüglich weder eine Eignungsleihe noch eine Unterauftragnehmerschaft ausgewiesen.

Am 14.11.2016 erhielt die Antragstellerin ein Absageschreiben der Vergabestelle (Formblatt 332) vom 11.11.2016, in welchem mitgeteilt wurde, dass ihr Nebenangebot von der Wertung ausgeschlossen werde, da "Nebenangebote nicht zugelassen sind". Als Erläuterung erfolgte der Hinweis, dass das Nebenangebot der Antragstellerin vom 28.09.2016 die Titel 2 Verbau und Titel 4 Wasserhaltung umfasse, zugelassen seien Nebenangebote allerdings nur für Titel 2.

Den Ausschluss ihres Nebenangebots rügte die Antragstellerin mit E-Mail vom 15.11.2016. Am 16.11.2016 wurde sie durch den Antragsgegner darüber informiert, dass ihrer Rüge nicht abgeholfen werde.

In einem Vorabinformationsschreiben vom 17.11.2016 (Formblatt 334) teilte der Antragsgegner der Antragstellerin mit, dass beabsichtigt sei, den Zuschlag am 29.11.2016 auf das Angebot des Bieters B. S. GmbH zu erteilen. Weiter wurde nochmals angekreuzt, dass das Nebenangebot der Antragstellerin ausgeschlossen worden sei, da Nebenangebote im Vergabeverfahren nicht zugelassen seien. Als Erläuterung wurde ausgeführt: "Das Nebenangebot vom 28.09.2016 umfasst die Titel 2 Verbau und Titel 4 Wasserhaltung. Zugelassen waren Nebenangebote nur für Titel 2." In einem weiteren Informationsschreiben nach § 134 GWB (Formblatt 334) vom gleichen Tag erfolgte unter Ziffer 4 der Hinweis, dass auf das Angebot der Antragstellerin der Zuschlag nicht erteilt werden könne, da ein wirtschaftlicheres Nebenangebot vorliege.

Mit...

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