Leitsatz (amtlich)

Fordert die Partei eines Schiedsvertrags über ihre anwaltlichen Vertreter die Gegenseite zum Zweck der Konstituierung eines Schiedsgerichts erfolglos zur Schiedsrichterbestellung auf, kann eine Geschäftsgebühr für das Aufforderungsschreiben nicht auf der Grundlage der Kostengrundentscheidung des gerichtlichen Bestellungsbeschlusses im Kostenfestsetzungsverfahren geltend gemacht werden.

 

Normenkette

RVG § 36; ZPO § 104 Abs. 1 S. 1, § 1035 Abs. 3 S. 3; RVG-VV Nr. 2300

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 29.09.2016; Aktenzeichen StB 30/16)

 

Tenor

1. Auf die Erinnerung des Antragsgegners wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Oberlandesgerichts München vom 12.1.2016 dahin abgeändert, dass die von dem Antragsgegner an den Antragsteller gemäß § 104 ZPO nach dem Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 18.11.2015 zu erstattenden Kosten auf 430,78 EUR (in Worten: vierhundertdreißig 78/100 Euro) nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB hieraus seit 25.11.2015 festgesetzt werden.

2. Im Übrigen wird die Erinnerung des Antragsgegners verworfen.

3. Von den Kosten des Erinnerungsverfahrens tragen der Antragsgegner 25 % und der Antragsteller 75 %.

 

Gründe

I. Mit Beschluss vom 18.11.2015 bestellte der Senat als Gericht des ersten Rechtszugs einen (zweiten) Schiedsrichter zur Durchführung eines Schiedsverfahrens zwischen den Parteien. Die Kosten des

Bestellungsverfahrens wurden dem Antragsgegner auferlegt und der Streitwert des gerichtlichen Verfahrens auf 8.000 EUR (ca. 1/3 des behaupteten materiellen Anspruchs) festgesetzt.

Der Rechtspfleger des Oberlandesgerichts hat mit Beschluss vom 12.1.2016, dem Antragsgegner zugestellt am 21.1.2016, die vom Antragsgegner an den Antragsteller zu erstattenden Kosten auf 1.673,62 EUR nebst Zinsen festgesetzt. Der Betrag beinhaltet neben einer 0,75 Verfahrensgebühr nach Nr. 3327 VV RVG aus einem Streitwert von 8.000 EUR zuzüglich Post- und Telekommunikationspauschale sowie Umsatzsteuer im Betrag von zusammen 430,78 EUR eine 1,3 Geschäftsgebühr für das außergerichtliche Verfahren nach Nr. 2300 VV RVG von netto 1.024,40 EUR (inklusive Pauschale und Umsatzsteuer 1.242,84 EUR) bei einem zugrunde gelegten Wert von 24.993 EUR. Die Rechtsbehelfsbelehrung bezeichnet für den Fall, dass der Beschwerdewert 200 EUR übersteigt, die binnen einer Notfrist von zwei Wochen bei dem Oberlandesgericht oder dem Bundesgerichtshof einzulegende sofortige Beschwerde, andernfalls die binnen einer Frist von zwei Wochen bei dem Oberlandesgericht einzulegende Erinnerung als statthaftes Rechtsmittel. Als Fristbeginn wird für beide Varianten auf die Zustellung der Entscheidung abgestellt.

Mit seiner "Beschwerde" vom 22.1.2016, eingelegt zum Oberlandesgericht am selben Tag, wendet sich der Antragsgegner und Erinnerungsführer gegen die Festsetzung außergerichtlicher Kosten. Eine Geschäftsgebühr sei nicht in Ansatz zu bringen, weil ein Einvernehmen nicht hergestellt worden sei; der angenommene Streitwert sei nicht nachvollziehbar. Nach Hinweis des Rechtspflegers auf den Gebührentatbestand der Nr. 2300 VV RVG und der Ankündigung, eine 1,3-fache Gebühr aus einem Streitwert von 8.000 EUR im Weg der Abhilfe festzusetzen, hat der Antragsgegner sein Einverständnis zu diesem Vorgehen erklärt. In Reaktion auf die Stellungnahme des Antragstellers und Erinnerungsgegners, der auf den umfassenderen Gegenstand der außergerichtlichen Tätigkeit hingewiesen hat, hat er sich jedoch erneut insgesamt gegen die Festsetzung außergerichtlicher Kosten gewandt und geltend gemacht, diese hätten eingeklagt werden müssen. Schließlich hat er mit Schriftsatz vom 14.4.2016, eingegangen bei Gericht am 18.4.2016, die vollständige Abweisung des Kostenfestsetzungsantrags verlangt mit der Begründung, der Antragsteller nehme von der Durchführung eines schiedsrichterlichen Verfahrens mittlerweile Abstand. Die Kosten des nicht weiter verfolgten Verfahrens seien mangels Notwendigkeit insgesamt nicht erstattungsfähig.

Der Antragsteller hat unter dem 29.5.2016 seinen Kostenfestsetzungsantrag teilweise zurückgenommen und sich mit der Festsetzung außergerichtlicher Kosten nach einem Streitwert von 8.000 EUR einverstanden erklärt. In diesem Umfang handele es sich um notwendige Kosten des Verfahrens, weil die Gegenseite vor einem gerichtlichen Bestellungsverfahren zwingend unter Fristsetzung zur Bestellung eines Schiedsrichters aufgefordert werden müsse.

Mit Beschluss vom 12.7.2016 hat der Rechtspfleger der Erinnerung nicht abgeholfen und die Sache dem zuständigen Gericht zur Entscheidung vorgelegt.

II. Der als Erinnerung auszulegende Rechtsbehelf ist nur teilweise zulässig und in diesem Umfang auch in der Sache erfolgreich.

1. Gegen den nach § 104 Abs. 1 Satz 1 ZPO i.V.m. § 21 Nr. 1 RPflG ergangenen Kostenfestsetzungsbeschluss des Rechtspflegers beim Oberlandesgericht ist nicht die sofortige Beschwerde nach § 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO i.V.m. § 11 Abs. 1 RPflG, sondern die befristete Erinnerung nach § 11 Abs. 2 Satz 1 RPflG statt...

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