Leitsatz (amtlich)
1. In Notarrechnungen ist nach § 154 KostO auch für die Auslagen die rechtfertigende Kostenvorschrift mit den maßgebenden Absätzen und eventuellen weiteren Untergliederungen aufzuführen. Ist dies nicht der Fall, ist die Rechnung ohne Bindung an Sachanträge aufzuheben. Das LG als Beschwerdegericht hat jedoch den Notar auf die Fehlerhaftigkeit der Rechnung hinzuweisen und dem Notar Gelegenheit zu geben, eine ordnungsgemäße Rechnung nachzureichen.
2. Bei der Bemessung des Geschäftswerts für einen Erb- und Pflichtteilsverzichtsvertrag ist im Rahmen der durchzuführenden Schätzung nach § 30 Abs. 1 KostO auch die Wahrscheinlichkeit zu berücksichtigen, dass der Verzichtende ohne den Verzicht gesetzlicher Erbe wird. Insbesondere muss, wenn der Erb- und Pflichtteilsverzichtsvertrag im Rahmen einer Scheidungsvereinbarung getroffen wird berücksichtigt werden, dass die Vertragsparteien die Scheidung beabsichtigen bzw. in Scheidung leben.
Normenkette
KostO § 30 Abs. 1, § 154
Verfahrensgang
Tenor
Auf die weitere Beschwerde wird der Beschluss des LG Regensburg vom 27.9.2005 aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das LG Regensburg zurückverwiesen.
Gründe
I. Der Beschwerdeführer beurkundete am 2.2.2002 eine Scheidungsvereinbarung (URNr./2002), in der unter Buchst. G b ein Erb- und Pflichtteilsverzicht enthalten war. Am 20.2.2002 stellte er folgende Kostenrechnung:
Paragraphen der Kostenordnung |
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Gegenstand der Gebühr |
Gebühr |
660.001,93 |
§ 36 Abs. 2, 39 Abs. 2, 20 |
Vertrag |
2.124 EUR |
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§ 136, 152 Abs. 1 |
Dokumentenpauschale |
50,35 EUR |
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§ 137, 152 Abs. 2 |
Auslagen |
42 EUR |
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Netto-Gesamtsumme |
2.116,35 EUR |
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§ 151a |
16 % Umsatzsteuer |
354,62 EUR |
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Gesamtbetrag |
2.570,97 EUR |
Es folgte die Berechnung des Geschäftswerts für die einzelnen Punkte der Scheidungsvereinbarung. Für den Erb- und Pflichtteilsverzicht setzte der Beschwerdeführer hierbei einen Geschäftswert von 3.000 EUR an, da er der Auffassung ist, dass auch der Grad der Wahrscheinlichkeit des Überlebens des Verzichtenden und die Änderung der Vermögensverhältnisse zu berücksichtigen sei und im Hinblick auf die bevorstehende Scheidung nur der Auffangwert des § 30 Abs. 2 KostO von 3.000 EUR in Betracht komme. Die Gesamthöhe des Geschäftswerts betrug 660.001,93 EUR.
Nach Beanstandung der Bewertung für den Erb- und Pflichtteilsverzicht durch die Notarkasse wies der Präsident des LG Regensburg den Beschwerdeführer zur Einlegung der Beschwerde ein.
Auf die daraufhin eingelegte Beschwerde stellte das LG am 27.9.2005 fest, dass es bei der Kostenrechnung verbleibe und ließ die weitere Beschwerde zu.
Hiergegen richtet sich die auf Weisung des Präsidenten des LG Regensburg eingelegte weitere Beschwerde.
II. Die zulässige weitere Beschwerde hat Erfolg.
Das LG hat nicht beachtet, dass mangels Zitierung der genauen Auslagenvorschriften keine ordnungsgemäße, dem § 154 KostO entsprechende Notarrechnung vorliegt. Der Notar muss nämlich die seine Kosten rechtfertigenden Kostenvorschriften in der Kostenberechnung vollständig angeben. Regelt eine Vorschrift mehrere Gebührentatbestände, so sind auch die maßgebenden Absätze und eventuelle weitere Untergliederungen aufzuführen (OLG Hamm v. 11.9.1980 - 15 W 164/80, JurBüro 1981, 419; OLG Düsseldorf v. 3.6.1983 - 10 W 55/83, JurBüro 1983, 1244; BayObLG, Beschl. v. 18.4.1984 - BReg.3 Z 130/83, JurBüro 1984, 1228). Dies gilt auch für Auslagen (BayObLG, Beschl. v. 13.3.1984 - 3Z 165 - 166/83, 3Z 165/83, 3Z 166/83, DNotZ 1984, 646) jedenfalls dann, wenn sich der angewendete Gebührentatbestand nicht aus den Gesamtumständen ergibt (OLG Hamm, Beschl. v. 31.10.1991 - 15 W 187/91, MDR 1992, 716 = JurBüro 1992, 343). Eine nicht dem Zitiergebot entsprechende Kostenberechnung ist ohne Bindung an Anträge ohne weiteres aufzuheben; dem steht auch das Verbot der Schlechterstellung nicht entgegen (BayObLG, Beschl. v. 25.6.1987 - BReg.3 Z 49/87, RReg.3 Z 89/87).
Aus den Gesamtumständen lässt sich nicht entnehmen, wie sich die sonstigen Auslagen nach § 152 Abs. 2 KostO zusammensetzen. Die Höhe der Beträge legt nicht nahe, dass es sich um solche nach § 152 Abs. 2 Nr. 1a KostO handelt. Was die Grundlage für Auslagen i.H.v. 42 EUR sein könnte, ist nicht ersichtlich.
Hierauf hätte aber das LG hinweisen und dem Notar Gelegenheit geben müssen, eine ordnungsgemäße Rechnung nachzureichen (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 28.9.2000 - 10 W 54/00, MDR 2001, 175 = OLGReport Düsseldorf 2001, 146). Dies gilt umso mehr, als die Frage der ordnungsgemäßen Rechnung auch von der Aufsichtsbehörde oder der Notarkasse nicht angesprochen war.
Der Beschluss war daher aufzuheben und das Verfahren an das LG zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen.
III. Der Senat weist für das weitere Verfahren auf Folgendes hin:
1. Zu Recht hat das LG entschieden, dass bei der Bemessung des Geschäftswerts für einen Erbverzicht der Grad der Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Verzichtende Erbe geworden wäre, mit zu berücksichtigen ist. Nach der woh...