Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenrechnungen vom 1.2.1990. Geschäftswert bei Erb- und Pflichtteilsverzicht
Leitsatz (amtlich)
Bei der Geschäftswertbestimmung für die Beurkundung eines Erb- und Pflichtteilsverzichts von Ehegatten ist zu berücksichtigen, daß sie sich in Scheidung befinden.
Leitsatz (redaktionell)
1. Bei der Bestimmung des Geschäftswerts für die Beurkundung eines Erb- und Pflichtteilsverzichts ist von § 39 KostO auszugehen. Danach bestimmt sich der Geschäftswert nach dem Wert des Rechtsverhältnisses, auf das sich die beurkundete Erklärung bezieht (§ 39 Abs. 1 Satz 1 KostO), hier also auf das Erb- und Pflichtteilsrecht, auf das verzichtet wird. Im Falle eines gegenseitigen Verzichts ist gemäß § 39 Abs. 2 KostO nur der höherwertige Verzicht zugrunde zu legen
2. Bei der Bestimmung des Geschäftswerts für einen Erb- oder Pflichtteilsverzicht auch die Wahrscheinlichkeit des Eintritts des Erb- oder Pflichtteilsfalls zu berücksichtigen ist, ist der Senat der Ansicht, daß im Falle der Beurkundung eines Erb- und Pflichtteilsverzichts von Ehegatten geschäftswertmindernd zu berücksichtigen ist, daß die Ehegatten in Scheidung leben.
Normenkette
Kostenordnung §§ 30, 39; KostO §§ 30, 39
Verfahrensgang
LG Stuttgart (Beschluss vom 27.01.1992; Aktenzeichen 2 T 38/91) |
Tenor
1. Auf die weitere Beschwerde des Notars wird der Beschluß des Landgerichts Stuttgart (2. Zivilkammer) vom 27.1.1992 aufgehoben.
2. Das Verfahren ist gebührenfrei.
Tatbestand
I.
Am 30.1.1990 beurkundete der Notar in der Urkunde Nr. 46/1990 folgendes, zwischen den nach Feststellung des Landgerichts damals in Scheidung befindlichen Eheleuten (inzwischen geschieden durch Urteil des Amtsgerichts Ludwigsburg vom 20.9.1990) abgeschlossene Vertragswerk:
Aufhebung des bisherigen Ehevertrags, in dem Gütergemeinschaft vereinbart worden war, Vereinbarung der Gütertrennung, Auseinandersetzung des Gesamtgutes durch Übertragung des hälftigen Grundstücks an den Ehemann gegen Ausgleichs Zahlung, Aufhebung des 1979 abgeschlossenen Erbvertrags sowie Erb- und Pflichtteilsverzichtsvertrag.
Bei der Kostenberechnung brachte der Notar eine doppelte Gebühr gemäß §§ 46 Abs. 3, 36, 44 KostO aus einem Gegenstandswert von 245.000,– DM (wobei der Geschäftswert für den Erb- und Pflichtteilsverzichtsvertrag gemäß § 30 KostO aus 5.000,– DM festgesetzt wurde) in Höhe von 1.000,– DM in Ansatz. Diese Kostenberechnung wurde vom Bezirksrevisor anläßlich einer Überprüfung in zweierlei Hinsicht beanstandet. Zum einen sei im vorliegenden Fall eine getrennte Gebührenberechnung der Aufhebung des Erbvertrags sowie des Ehevertrags vorzunehmen, da § 46 Abs. 3 KostO – entgegen der Auffassung des Notars – bei Aufhebung eines Erbvertrags nicht anwendbar sei. Zum anderen habe die Geschäftswertberechnung des Erb- und Pflichtteilsverzichtsvertrags nicht gemäß § 30 KostO zu erfolgen, vielmehr sei der Geschäftswert nach der Erbquote und dem im Zeitpunkt des Verzichts vorhandenen Reinvermögen zu bemessen.
Auf die vom Notar auf Weisung des Präsidenten des Landgerichts Stuttgart erfolgte Vorlage hat das Landgericht durch Beschluß vom 27.1.1992 wegen der Geschäftswertfestsetzung für den Erb- und Pflichtteilsverzicht die Kostenrechnungen des Notars vom 1.2.1990 aufgehoben und die Akte dem Notar zur Neuerstellung der Rechnungen zurückgegeben. Es hat die weitere Beschwerde zugelassen.
Zur Begründung führt das Landgericht aus, der Geschäftswert für den Erb- und Pflichtteilsverzicht sei nach dem entsprechenden Bruchteil am Nachlaß (Vermögen zur Zeit des Verzichts nach Abzug der Schulden) zu berechnen. Da hierzu aber keinerlei Angaben vorliegen würden, sei die Sache an den Notar zur Neuberechnung des Geschäftswerts sowie zur Neuerstellung der Kostenberechnungen zurückzugeben. Nicht zu beanstanden sei dagegen die vom Notar vorgenommene Anwendung des § 46 Abs. 3 KostO auf die mitbeurkundete Erbvertragsaufhebung.
Gegen den am 4.2.1992 zugestellten Beschluß legte der Notar selbst (also nicht auf Anweisung des Präsidenten des Landgerichts) am 14.2.1992 weitere Beschwerde ein.
Der Notar ist weiterhin der Ansicht, daß bei der Mitbeurkundung des Erb- und Pflichtteilsverzichts kein höherer Wert als 5.000,– DM angesetzt werden könne, da Scheidungsklage bereits erhoben gewesen sei und somit ein Ausschluß des Erbrechts nach § 1933 BGB bereits vorgelegen habe.
Entscheidungsgründe
II.
Da nur der Notar für sich selbst und nicht auch auf Anweisung des Landgerichtspräsidenten weitere Beschwerde einlegte, geht es im Rechtsbeschwerdeverfahren nur noch um die Geschäftswertfestsetzung für den Erb- und Pflichtteilsverzicht.
Die gemäß § 156 Abs. 2 KostO zulässige weitere Beschwerde des Notars ist begründet, da die Entscheidung des Landgerichts auf einer Gesetzesverletzung beruht. Die Entscheidung des Landgerichts war deshalb aufzuheben, so daß es bei den Kostenrechnungen des Notars verbleibt.
Eine unrichtige Anwendung des Gesetzes (§§ 156 Abs. 2 KostO, 550 ZPO) stellt die Beanstandung des Landgerichts dar, daß der Notar bei der Geschäftswert...