Leitsatz (amtlich)

Zur Befugnis des in Gütergemeinschaft lebenden Ehegatten, ohne Mitwirkung des anderen Ehegatten grundbuchrechtliche Anträge zu stellen und Rechtsbehelfe zu ergreifen (im Anschluss an Senat vom 4.11.2010, 34 Wx 121/10).

 

Normenkette

BGB § 1455 Nrn. 10, 9; GBO §§ 13, 71

 

Verfahrensgang

AG Starnberg - Frieding (Beschluss vom 23.11.2010; Aktenzeichen Bl. 980-8)

 

Tenor

I. Die Beschwerde des Beteiligten gegen den Beschluss des AG Starnberg - Grundbuchamt - vom 23.11.2010 wird zurückgewiesen.

II. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 11.053 EUR.

 

Gründe

I. Der Beteiligte ist zusammen mit seiner Ehefrau in Gütergemeinschaft Eigentümer landwirtschaftlicher Grundstücke. An einer Teilfläche von Fl. St. 1470 ist seit 11.10.2000 im Grundbuch eine Eigentumsvormerkung für die Gemeinde A. eingetragen. Diese beruht auf einer im notariellen Kaufvertrag über Straßengrund (Teilfläche) vom 21.9.2000 erteilten Bewilligung der Grundstückseigentümer.

Aus dem ursprünglich auf demselben Grundbuchblatt gebuchten Grundstück Fl. St. 1469 wurde mit weiterem notariellen Vertrag vom 21.9.2000 eine Teilfläche an die Gemeinde A. verkauft und nach Messungsanerkennung am 4.5.2004 als neues Flurstück 1469/1 aufgelassen. Die Umschreibung des Eigentums auf die Gemeinde A. fand am 10.5.2006 statt.

Unter dem 21.9.2010 hat der Beteiligte die Löschung der Eigentumsvormerkung sowie die Eintragung eines Widerspruchs und "Rückauflassung" des Flurstücks 1469/1 beantragt. Das Grundbuchamt hat mit Beschluss vom 23.11.2010 die Anträge zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Beteiligten mit dem Ziel, die Eigentumsvormerkung zu löschen und einen Amtswiderspruch gegen die Umschreibung des Eigentums einzutragen. Er meint, die ursprüngliche Vormerkung sei unwirksam geworden, weil die Gemeinde A. vom zugrunde liegenden Kaufvertrag zurückgetreten sei. Der Widerspruch gegen die Eigentumsumschreibung sei aus Verjährungsgründen geboten. Die Veräußerung der Teilfläche aus Fl. St. 1469 hätte keinen Bestand, weil das weitere Grundstücksgeschäft über die andere Teilfläche bisher noch nicht abgewickelt worden sei und auch nicht mehr ohne Einverständnis der Eigentümer durchgeführt werden könne.

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

1. Das Rechtsmittel ist als grundsätzlich statthafte Beschwerde nach § 71 Abs. 1 GBO insoweit unzulässig, als dem Beteiligten die Beschwerdebefugnis für die beantragte Löschung der Vormerkung fehlt. Beschwerdebefugt ist nur, wer antragsberechtigt ist. Die Beschwerdeberechtigung deckt sich regelmäßig mit dem Antragsrecht (s. § 13 Abs. 1 Satz 2 GBO; Demharter, GBO, 27. Aufl., § 71 Rz. 63; § 13 Rz. 42 ff.). Bei festgestellter Gütergemeinschaft wird das Gesamtgut ohne ausdrückliche vertragliche Regelung von beiden Ehegatten gemeinschaftlich verwaltet (§ 1421 Satz 2 BGB). Im Grundbuchverfahren gilt die Vermutung, dass nur beide Ehegatten gemeinsam verfügungsbefugt sind (Hügel/Otto, GBO, 2. Aufl., § 33 Rz. 52). Will ein Ehegatte allein verfügen, hat er deshalb sein Verfügungsrecht im grundbuchtauglicher Form nachzuweisen (Hügel/Otto, a.a.O., § 33 Rz. 53). Zu den Verwaltungshandlungen, die ein Ehegatte ohne Mitwirkung des anderen vornehmen kann, also etwa einem Widerspruchsrecht gem. § 1455 Nr. 9 BGB gegenüber einer Zwangsvollstreckung in das Gesamtgut (vgl. Senat vom 4.11.2010, 34 Wx 121/10), zählt die begehrte Löschung nicht. Ebenso wenig liegt eine Maßnahme vor, durch die ein Ehegatte (allein) eine notwendige Maßnahme zur Erhaltung des Gesamtguts trifft, wenn mit dem Aufschub Gefahr verbunden ist (§ 1455 Nr. 10 BGB). Zwar zählen dazu auch prozessuale Schritte (vgl. OLG Saarbrücken FamRZ 2002, 1034; MünchKommBGB/Kanzleiter, 5. Aufl., § 1455 Rz. 10), ggf. auch das Ergreifen sonstiger Rechtsbehelfe. Aber auch ohne die begehrte Eintragung in Form der Löschung (§§ 19, 22, 46 Abs. 1 GBO) erfährt das Gesamtgut keine Schmälerung; es unterbleibt allenfalls eine Mehrung infolge Freiwerdens von einer Beschränkung. Dazu berechtigt die Ermächtigung aber nicht (vgl. MünchKommBGB/Kanzleiter, § 1455 Rz. 9).

Überdies hätte das die Eigentumsvormerkung betreffende Rechtsmittel - sei es mit dem unbeschränkten Ziel ihrer Löschung, sei es mit dem beschränkten Ziel der Eintragung eines Widerspruchs (vgl. § 71 Abs. 1 und Abs. 2 GBO) - jedenfalls keinen Erfolg, weil der Eintragungsantrag in Form des Löschungsantrags zu Recht zurückgewiesen wurde.

Die Löschung einer eingetragenen Vormerkung erfolgt aufgrund Bewilligung (§ 19 GBO) des Vormerkungsberechtigten oder entsprechend § 22 GBO, wenn die Unwirksamkeit oder das Erlöschen in der Form des § 29 GBO nachgewiesen ist (BayObLG NJW-RR 1997, 590; Palandt/Bassenge, BGB, 70. Aufl., § 886 Rz. 6). Die Voraussetzungen dafür liegen nicht vor. Selbst wenn ein wirksamer Rücktritt der vormerkungsberechtigten Gemeinde vom maßgeblichen Kaufvertrag vorliegt, ist dies nicht in grundbuchtauglicher Form, nämlich durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden (§ 29 Abs. 1 Satz 1 GBO) nachgewiesen. Zu...

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