Leitsatz (amtlich)
Richtet sich die Verpflichtung zur Erstattung der in einem inländischen Schiedsverfahren angefallenen Anwaltskosten nach dem Zehnten Buch der ZPO, weil die Parteien keine diesbezügliche Vereinbarung getroffen haben, so können vereinbarte Zeithonorare als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendige Kosten erstattungsfähig sein (Fortführung der Senatsentscheidungen vom 11.4.2012, 34 Sch 21/11 = SchiedsVZ 2012, 156; vom 23.7.2012, 34 Sch 19/11 = SchiedsVZ 2012, 282; vom 21.6.2012, 34 Sch 4/12 = SchiedsVZ 2012, 287).
Normenkette
GG Art. 3 Abs. 1, Art. 103 Abs. 1; ZPO §§ 1057, 1059
Tenor
I. Der Antrag wird zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Aufhebungsverfahrens.
III. Der Streitwert des Verfahrens wird auf 117.484 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Antragstellerin begehrt die Aufhebung eines am 3.7.2015 zu ihrem Nachteil ergangenen und am 16.11.2015 um die Ortsangabe ergänzten sowie in den Gründen berichtigten inländischen Kostenschiedsspruchs.
Die Antragstellerin, eine die Geflügelproduktion sowie -zucht und den Handel mit Geflügelfleisch betreibende GmbH mit Sitz in Niedersachsen stand als industrielle Sonderkundin mit der Antragsgegnerin, einem Energieversorgungsunternehmen mit Sitz in Bayern, in Geschäftsbeziehung. Danach hatte die Antragstellerin während der jeweils mehrjährigen Vertragslaufzeit an den jeweiligen Produktionsstandorten ausschließlich das von der Antragsgegnerin im vereinbarten Rahmen bereitzustellende Gas zu verwenden, soweit diese Mengen ausreichen.
Gemäß Ziff. XVI. der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) zu den in den Jahren 1999 und 2000 geschlossenen Gaslieferungsverträgen unterstellten die Parteien sämtliche Streitigkeiten aus der Vertragsbeziehung unter Ausschluss des ordentlichen Rechtswegs dem Schiedsgericht. Für das Verfahren sollte Folgendes gelten:
Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens ist Bamberg.
Zuständiges Gericht im Sinne von § 1062 Abs. 1 Zivilprozessordnung ist das Oberlandesgericht Bamberg.
Im Übrigen gelten die §§ 1025 bis 1065 Zivilprozessordnung über das schiedsrichterliche Verfahren. (Ast. 8)
bzw.
Zuständiges Gericht im Sinne von §§ 1045, 1046 Zivilprozessordnung ist das LG Bamberg.
Im Übrigen gelten die gesetzlichen Bestimmungen über das schiedsrichterliche Verfahren ... (Ast. 9)
Mit ihrer zum Schiedsgericht erhobenen und nach richterlichem Hinweis erweiterten Teilklage nahm die Antragstellerin die Antragsgegnerin als Schiedsbeklagte auf Rückzahlung von Gasentgelt in Höhe von zuletzt 745.252,03 EUR nebst Zinsen in Anspruch. Die Schiedsbeklagte habe nicht nur die anfänglich eingeklagten Erhöhungsbeträge des Jahres 2007 wegen Unwirksamkeit der Preisanpassungsklausel, sondern die im Bezugszeitraum 2007 bis 2012 erhaltenen Entgeltzahlungen insgesamt rechtsgrundlos vereinnahmt, weil die eine Alleinbezugs- und Gesamtbedarfsdeckungsvereinbarung enthaltenden Gaslieferungsverträge wegen Verstoßes gegen nationales und europäisches Kartellrecht nichtig seien. Das Schiedsgericht hat nach Beweisaufnahme durch Zeugenvernehmung über die Vertragsverhandlungen sowie durch Einholung eines Sachverständigengutachtens über den objektiven Gaswert und nach Hinweis vom 5.2.2015 auf den Umstand, dass der Vorsitzende des Schiedsgerichts seit Januar 2015 einen von der gegnerischen Anwaltskanzlei finanziell unterstützten Lehrstuhl an einer renommierten Universität übernommen habe, mit Schiedsspruch vom 20.2.2015 die Antragsgegnerin unter Abweisung der Schiedsklage im Übrigen (Ziff. 2) zur Zahlung von 357.583,26 EUR nebst Zinsen verurteilt (Ziff. 1) und auf den Gegenantrag der Schiedsbeklagten festgestellt, dass der Schiedsklägerin keine darüber hinausgehenden Rückzahlungsansprüche zustehen (Ziff. 3). Auf der Grundlage eines Verfahrensstreitwerts von 902.134,15 EUR bestimmte das Schiedsgericht, dass die Schiedsklägerin 3/5 und die Schiedsbeklagte 2/5 der Kosten des Schiedsverfahrens zu tragen hätten (Ziff. 4). Die Festsetzung der Kosten blieb einem gesonderten Schiedsspruch vorbehalten.
Mit Schriftsätzen einerseits vom 13.3., 7.4. ("2.4.") und 7.5.2015, andererseits vom 13.3., 7. und 29.5.2015 gaben die Parteien die ihnen entstandenen Kosten bekannt. Die Schiedsbeklagte hatte der in Tabellenform übersandten Aufstellung über die Anwaltskosten Abschriften der gestellten Rechnungen sowie eine stichpunktartige Auflistung der jeweils abgerechneten und für das Jahr 2015 noch abzurechnenden Tätigkeiten beigefügt und mitgeteilt, dass die Rechnungen bezahlt seien. Die Schiedsklägerin machte geltend, die Erstattungsfähigkeit sei auf den Betrag der gesetzlichen Gebühren nach dem RVG begrenzt. Ein abweichendes Verständnis würde die Schiedsklägerin als Empfängerin von Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Gegenseite und der darin enthaltenen Schiedsklausel unangemessen benachteiligen. Ferner bestritt sie den Anfall der abgerechneten Stunden und behauptete einen Synergieeffekt wegen mehrerer Parallelverfahren, aufgrund dessen die Vertreter der Schiedsbeklagten den Fall bis z...