Entscheidungsstichwort (Thema)

Erziehungsgeld ist kein Einkommen

 

Leitsatz (amtlich)

Erziehungsgeld ist kein Einkommen i.S.v. § 115 Abs. 1 Nr. 2 ZPO (Aufgabe von OLG München FamRZ 1999, 598).

 

Verfahrensgang

AG Neuburg a.d. Donau (Beschluss vom 20.02.2004; Aktenzeichen 2 F 44/04)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Antragsstellerin wird der Beschluss des AG - FamG - Neuburg a.d. Donau vom 20.2.2004 in der Fassung des Beschlusses vom 16.4.2004 wie folgt abgeändert:

Der Antragsstellerin wird Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt.

 

Gründe

Die sofortige Beschwerde ist zulässig und begründet, §§ 127 Abs. 2, 115 ZPO.

Das FamG hat gegen die Antragsstellerin im Rahmen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe Ratenzahlung angeordnet, weil es unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Senats in FamRZ 1999, 598 (OLG München v. 7.10.1998 - 12 WF 1216/98, OLGReport München 1999, 13) das Erziehungsgeld der Antragsstellerin zum Einkommen i.S.v. § 115 ZPO gerechnet hat.

Der Senat gibt die in der genannten Entscheidung vertretene Auffassung auf und schließt sich der überwiegenden Meinung an, wonach das Erziehungsgeld unter Bezugnahme auf § 8 BErzGG nicht bei Sozialleistungen, deren Zahlung vom Einkommen anderer abhängt, darunter ist auch die Prozesskostenhilfe zu verstehen, mindernd als Einkommen i.S.v. § 115 Abs. 1 Nr. 2 ZPO zu werten ist (zuletzt OLG Nürnberg v. 19.1.2001 - 10 WF 4448/00, OLGReport Nürnberg 2001, 251 = FamRZ 2002, 104; zum Meinungsstand Oelkers in FAFamR, 4. Aufl., 16. Kap., Rz. 79 unter dem Stichwort Erziehungsgeld, Fn. 187; Zöller, 24. Aufl., § 115 ZPO Rz. 15).

Auch aus § 9 BErzGG ergibt sich keine andere Wertung, da diese Vorschrift nur die Anrechnung bei bestimmten Unterhaltspflichten betrifft.

Die Berechnung zur Prozesskostenhilfe sieht dann wie folgt aus:

Summe aller Nettoeinkünfte der Antragstellerin 870,61 Euro (154 Euro Kindergeld, 559,61 Euro Sozialhilfe, 157 Euro pauschaliertes Wohngeld).

Das Kindergeld ist als Einkommen anzusetzen (s. Entscheidung des OLG München FamRZ 2004, 382).

Von den Einkünften sind 0 Euro aus Erwerbstätigkeit.

Der Einkommensfreibetrag der Antragstellerin beträgt 364 Euro und für das Kind M. 256 Euro + 10,25 Euro als zusätzlicher Kinderfreibetrag nach §§ 115 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, 76 Abs. 2 Nr. 5 BSHG.

Die Unterkunftskosten sind 380,39 Euro.

Die Summe der abzuziehenden Beträge ist 1.010,64 Euro.

Es bleiben 0 Euro als einsetzbares Einkommen. Raten sind nicht zu zahlen, § 115 Abs. 4 ZPO.

Da der Senat von seiner früheren Auffassung zur Berücksichtigung des Erziehungsgeldes abweicht, wird wegen der Sicherung einer einheitlichen Rechtssprechung die Rechtsbeschwerde zugelassen, § 574 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht, § 127 Abs. 4 ZPO.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1171541

FamRZ 2004, 1498

OLGR-MBN 2004, 286

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