Leitsatz (amtlich)
1. Die Patenschaft eines bestellten Schiedsrichters mit einem nicht sachbearbeitenden Mitglied der bevollmächtigten Sozietät einer Partei begründet in der Regel keine berechtigten Zweifel an der Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit des Schiedsrichters.
2. Soll das Schiedsgericht zunächst in "kleiner Besetzung" (Zweier-Gremium) auf eine gütliche Einigung hinwirken und erst später nach Bestellung eines Obmanns in vollständiger Besetzung streitig verhandeln, findet auch für das Schiedsgericht in "kleiner Besetzung" das Ablehnungsverfahren gem. §§ 1036, 1037 ZPO Anwendung.
Normenkette
ZPO §§ 1036, 1037 Abs. 3
Tenor
I. Das Gesuch, den Schiedsrichter Dr. F. L. H. abzulehnen, wird zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 353.400 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Antragstellerin ist eine Gesellschaft in M./Bayern, die sich mit der Vermarktung und dem Verkauf von Produkten und Dienstleistungen gegen Höchstgebot beschäftigt. Die Antragsgegnerin, eine Beteiligungsgesellschaft mit Sitz ebenfalls in M./Bayern, hielt seit Mitte 2000 bis Februar 2006 eine stille Beteiligung an der Antragstellerin. In § 11 des Beteiligungsvertrags vom 7.5./11.7.2000 ist eine Schiedsvereinbarung enthalten, die auf einen gesonderten Schiedsvertrag (Anlage 4 des Beteiligungsvertrages) verweist, der das Schiedsverfahren der Parteien näher regelt. Die Parteien haben dort u.a. folgende Regelung getroffen:
§ 2
Jede Partei hat im Streitfall einen Schiedsrichter zu benennen. (...)
§ 3
Die beiden Schiedsrichter sollen zunächst versuchen, die Streitigkeiten im Wege des Vergleichs beizulegen.
§ 4
Kommt ein Vergleich innerhalb von 14 Tagen nach Benennung des zweiten Schiedsrichters nicht zustande, so haben die Schiedsrichter einen Obmann zu bestimmen, der die Befähigung zum Richteramt nach dem Deutschen Richtergesetz besitzen muss. Können sich die Schiedsrichter auf einen Obmann innerhalb von 10 Tagen nicht einigen, so bestimmt ihn auf Antrag eines Schiedsrichters oder einer Partei der Präsident des für den Sitz der T. zuständigen OLG. Als Schiedsrichter sollen geschäftserfahrene und wirtschaftskundige Personen benannt werden.
Beim Ausscheiden der Antragsgegnerin aus der Gesellschaft kam es zwischen den Parteien zu Streitigkeiten über die Endvergütung. Die Antragsgegnerin und Schiedsklägerin macht dabei als die ihr zustehende Endvergütung einen Betrag von 353.400 EUR geltend. Mit Schriftsatz vom 18.4.2006 leitete die Antragsgegnerin ein Schiedsverfahren ein und benannte Dr. H. als ihren Schiedsrichter. Die Antragstellerin benannte mit Schriftsatz vom 26.4.2006 Dr. N. als ihren Schiedsrichter.
Die Antragstellerin beantragte mit Schriftsatz vom 27.4.2006 beim Schiedsgericht, Dr. H. wegen Zweifeln an seiner Unparteilichkeit als Schiedsrichter abzulehnen, da er in enger, persönlicher, quasi verwandtschaftlicher Beziehung zu einem Mitglied der Sozietät stehe, die die Antragsgegnerin vertrete. Dr. H. sei mit der Familie von Rechtsanwältin Dr. E. eng befreundet und zudem Taufpate von Dr. E. Diese sei mit dem Verfahren zwischen den Parteien auch persönlich befasst. Als der eigentliche Sachbearbeiter Dr. W. verhindert gewesen sei, habe Dr. E. in der Sache mit dem Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin telefoniert. Der Inhalt dieses Gesprächs ist zwischen den Parteien im Einzelnen streitig.
Mit Beschl. v. 28.4.2006 wiesen die beiden benannten Schiedsrichter den Antrag auf Ablehnung des Schiedsrichters Dr. H. wegen Besorgnis der Befangenheit zurück. Mit am 22.5.2006 eingegangenem Schriftsatz hat die Antragstellerin die gerichtliche Entscheidung über ihr Ablehnungsgesuch beantragt. Der Antragsgegner hat beantragt, das Gesuch als unbegründet zurückzuweisen.
Der Senat hat dem betroffenen Schiedsrichter Gelegenheit zur Äußerung gegeben. Dieser hat bestätigt, der Taufpate von Dr. E. zu sein. Er sei ihrer Familie freundschaftlich verbunden, der persönliche Kontakt sei aber eher gering, sein Patenkind sehe er etwa ein- bis zweimal im Jahr. Über das Schiedsverfahren und seine Bestellung zum Schiedsrichter habe er mit ihr nie gesprochen.
II.1. Die Zuständigkeit des OLG München ergibt sich aus § 1025 Abs. 1, § 1062 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 5 ZPO i.V.m. § 8 der Gerichtlichen Zuständigkeitsverordnung Justiz (GZVJu v. 16.11.2004, GVBl. 471). Soweit die Parteien als zuständiges Gericht das LG M. (Bayern) vereinbart haben, ist diese Vereinbarung unwirksam, da insoweit eine derogationsfeste ausschließliche Eingangszuständigkeit des OLG gegeben ist, § 1062 Abs. 1 ZPO (Zöller/Geimer, ZPO, 25. Aufl., § 1062 Rz. 1). Die örtliche Zuständigkeit des OLG München ergibt sich aus § 5 der Schiedsvereinbarung, wonach - vorbehaltlich eines hier nicht einschlägigen Falls - der Sitz der Antragsgegnerin (München) auch Sitz des Schiedsgerichts sein soll.
2. Der Antrag gem. § 1037 Abs. 3 S. 1 ZPO ist zulässig.
a) Die Parteien haben das Ablehnungsverfahren für Schiedsrichter nicht selbständig geregelt. Im Beteiligungsvertrag ist dazu kein...