Leitsatz (amtlich)

(Erfolglose) Ablehnung eines Mitschiedsrichters, weil er nach Meinung der ablehnenden Partei verfahrenswidriges Verhalten des Obmanns nicht offengelegt hat (hier: Bekanntgabe eines angeblich zustande gekommenen Beweisbeschlusses trotz nicht abgeschlossener Beratung).

 

Normenkette

ZPO §§ 41-42, 1037 Abs. 2-3, §§ 1052, 1062 Abs. 1 Nr. 1

 

Tenor

I. Der Antrag, den Schiedsrichter xxx wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, wird zurückgewiesen.

II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Ablehnungsverfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert wird auf 4.500.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens bildet die Ablehnung eines Schiedsrichters.

Das zugrunde liegende, am 14.2.2004 eingeleitete Schiedsverfahren mit dem Schiedsort Regensburg hat einen Schadensersatzanspruch der Antragsgegnerin und Schiedsklägerin gegen die Antragstellerin und Schiedsbeklagte i.H.v. 13.000.000 EUR aus einem beendeten Pachtvertrag über ein Parkhaus zum Gegenstand. Die Antragstellerin hatte darüber hinaus einen weiteren Schiedsrichter - den Obmann des aus drei Personen gebildeten Schiedsgerichts - abgelehnt (Az. 34 SchH 9/13). Jener Schiedsrichter ist inzwischen von seinem Amt zurückgetreten.

1. Am 12.11.2012 fertigte der Obmann des Schiedsgerichts eine "Verfügung Nr. 5 (Beweisbeschluss)" aus und versandte sie an die Parteien. Wegen deren Inhalts wird auf die Anlage SB 3 Bezug genommen. Auf den Antrag der Schiedsbeklagten, ihr Akteneinsicht zu gewähren, teilte der Obmann ihr am 25.11.2012 mit, dass die Verfügung eine Mehrheitsentscheidung des Schiedsgerichts im Stimmverhältnis 2:1 darstelle. Er wies gleichzeitig darauf hin, dass der Antrag auf Akteneinsicht gegenstandslos erscheine, da die zur Einsicht in Betracht kommenden Aktenteile beiden Parteien bekannt seien. Die verbleibenden Interna des Schiedsgerichts unterlägen dem Beratungsgeheimnis.

Mit Schreiben vom 5.12.2012 teilte der Schiedsrichter Dr. M. den Parteien mit, dass er an einem Beschluss, wie dem vom Obmann mit Verfügung Nr. 5 übersandten, nicht mitgewirkt habe. Daraufhin lehnte die Beklagte den Obmann mit Schriftsatz vom 17.12.2012 wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Zugleich forderte sie den Schiedsrichter Prof. Dr. Sch. auf, sich hinsichtlich der Verfügung Nr. 5 und seiner Beteiligung an dieser gegenüber den Parteien zu erklären. Schiedsrichter Prof. Dr. Sch. erklärte daraufhin in seinem Schreiben vom 18.12.2012, dass der Obmann mit Anschreiben vom 26.9.2012 seine Mitschiedsrichter über einen im Entwurf beigefügten Beweisbeschluss informiert und um Stellungnahme gebeten habe. Schiedsrichter Dr. M. habe mit Schreiben vom 8.10.2012 Stellung genommen, er selbst habe sich am 7.11.2012 schriftlich geäußert. Am 12.11.2012 habe der Obmann den gegenüber dem Entwurf unveränderten Beweisbeschluss den Parteien übersandt.

Daraufhin lehnte die Antragstellerin unter dem 28.12.2012 auch den Schiedsrichter Prof. Dr. Sch. ab. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus:

Nach Mitteilung des Schiedsrichters Dr. M., nicht an der Verfügung Nr. 5 mitgewirkt zu haben, habe der Obmann die Parteien davon unterrichtet, dass es nunmehr ratsam sei, die Verfügung Nr. 5 noch einmal durch das Schiedsgericht zu beraten. Durch die Stellungnahme des Schiedsrichters Prof. Dr. Sch. vom 18.12.2012 sei für sie offenbar geworden, dass die Verfügung Nr. 5 keine Mehrheitsentscheidung gewesen sei, da eine Beratung mit anschließender förmlicher Abstimmung nicht stattgefunden habe. Die Schiedsrichter Dr. M. und Prof. Dr. Sch. hätten vielmehr allein zu der vom Obmann entworfenen Verfügung Stellung genommen. Der Schiedsrichter Prof. Dr. Sch. habe es in der Folge unterlassen, die unzutreffende Behauptung des Obmanns im Schreiben vom 25.11.2012 unverzüglich richtig zu stellen. Hierzu sei er verpflichtet gewesen, soweit es das Beratungsgeheimnis zulasse. Ob dieses überhaupt noch Wirkung entfalte, erscheine zweifelhaft. Denn es trete zurück, wenn bei der Beratung gravierende Verstöße gegen ein rechtsstaatlich vertretbares Verfahren zutage träten. Das Schiedsgericht könne zwar auch in schriftlicher, telefonischer oder elektronischer Form beraten, sofern alle Schiedsrichter damit einverstanden seien. Die konkrete Ausgestaltung obliege dem Verfahrensermessen des Schiedsgerichts, wobei der Obmann gegebenenfalls den Modus bestimmen könne. Die erforderliche Mehrheit der Schiedsrichter befinde aber auch darüber, wann die Beratung abgeschlossen werde. Eine solche Beratung habe nicht stattgefunden und damit sei auch keine Mehrheitsentscheidung ergangen.

Unterlassene Angaben eines Schiedsrichters über gravierende Verfahrensmängel und die unterbliebene Berichtigung von unzutreffenden Angaben des Vorsitzenden gegenüber den Parteien genügten für berechtigte Zweifel an der Unparteilichkeit des unterlassenden Schiedsrichters. Dass der abgelehnte Schiedsrichter aus den ihm offenbar gewordenen Umständen nicht die gebotenen Folgen in Form einer unverzüglichen Information der Parteien gezogen habe, lasse ...

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