Leitsatz (amtlich)
Wenn in einem höheren Rechtszug die Kostengrundentscheidung aufgehoben oder abgeändert wird, kann die letztlich obsiegende Partei die Rückfestsetzung der an den ihrem Prozessgegner im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalt bezahlten Gebühren und Auslagen, die dieser nach § 126 Abs. 1 ZPO im eigenen Namen beigetrieben hat, verlangen.
Normenkette
ZPO § 126 Abs. 1, § 91 Abs. 4
Verfahrensgang
LG Memmingen (Aktenzeichen 32 O 2167/09) |
Tenor
I. Die sofortige Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Rechtsanwalt ... trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Wert der Beschwerde beträgt 993,65 EUR.
IV. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I. Das LG Memmingen hat dem Beklagten mit Beschluss vom 2.8.2010 Prozesskostenhilfe bewilligt und ihm Rechtsanwalt ... als Prozessbevollmächtigten beigeordnet. Die im Ausgangsbeschluss angeordnete Zahlung von monatlichen Raten ist mit weiterem Beschluss vom 21.9.2010 aufgehoben worden. Die Klage hat das LG mit Endurteil vom 22.12.2010 abgewiesen und dem Kläger die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Auf Antrag des dem Beklagten im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwalts ... hat der Rechtspfleger mit Beschluss vom 25.1.2011 die von der Klagepartei an diesen nach § 126 ZPO zu erstattenden Kosten auf 993,65 EUR festgesetzt.
Das OLG München hat auf die Berufung des Klägers mit Endurteil vom 8.12.2011 das Ersturteil abgeändert, den Beklagten zur Zahlung von 17.828,64 EUR sowie weiterer 1.321,85 EUR nebst Zinsen verurteilt und diesem die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Der Kläger hat daraufhin mit Schriftsatz vom 23.3.2012 die Rückfestsetzung des bezahlten Betrags von 993,65 EUR beantragt. Der Rechtpfleger hat mit Rück-Kostenfestsetzungsbeschluss vom 20.4.2012 die Zahlung des genannten Betrags seitens der Beklagtenpartei an die Klagepartei angeordnet. Auf den Hinweis des Klägers, dass sich der Antrag auf Rückfestsetzung gegen Rechtsanwalt ... gerichtet habe, hat der Rechtspfleger am 11.9.2012 den Rück-Kostenfestsetzungsbeschluss vom 20.4.2012 vom Amts wegen dahin berichtigt, "dass die von Rechtsanwalt ... an die Klagepartei zu erstattenden Kosten auf 993,65 EUR festgesetzt worden sind.
Hiergegen wendet sich Rechtsanwalt ... mit seiner sofortigen Beschwerde. Zur Begründung wird ausgeführt, eine Rückfestsetzung gegen Rechtsanwalt ... sei mangels Anwendbarkeit des § 91 Abs. 4 ZPO nicht möglich. Dieser sei nämlich nicht Partei des vorliegenden Rechtsstreits. Die ursprüngliche Festsetzung beruhe auf § 126 ZPO, der dem beigeordneten Rechtsanwalt das Recht gebe, die zugunsten des Beklagten ergangene Kostengrundentscheidung im eigenen Namen geltend zu machen. Zudem sei der Kläger durch die Festsetzung nach § 126 ZPO nicht schlechter gestellt worden, als dies bei einer Entscheidung gem. § 104 ZPO der Fall gewesen wäre. Im Hinblick auf eine beim BGH anhängige Rechtsbeschwerde hat der Beschwerdeführer angeregt, das vorliegende Verfahren bis zur Entscheidung über die besagte Rechtsbeschwerde zurückzustellen.
II. Die sofortige Beschwerde ist zulässig (§§ 104 Abs. 3, 567, 569 ZPO).
Das Rechtsmittel bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg. Die Rückfestsetzung gegen den beigeordneten Rechtsanwalt mit Beschluss vom 11.9.2012 ist nicht zu beanstanden.
1. Der Kläger hat unbestritten den mit dem ursprünglichen Kostenfestsetzungsbeschluss vom 25.1.2011 zugunsten des Rechtsanwalts ... festgesetzten Betrag von 993,65 EUR an diesen bezahlt. Der für den Beklagten bestellte Rechtsanwalt hatte von seinem Recht aus § 126 Abs. 1 ZPO Gebrauch gemacht, seine gesetzliche Wahlanwaltsvergütung gem. § 13 RVG (vgl. hierzu Zöller/Geimer, ZPO, 29. Aufl., § 126 Rz. 1 und Seiler in Thomas/Putzo, ZPO, 33. Aufl., § 126 Rz. 1) abzgl. des von der Staatskasse ausbezahlten Betrags von 879,65 EUR von dem in erster Instanz in die Prozesskosten verurteilten Beklagten im eigenen Namen beizutreiben.
2. Seinem Wortlaut nach ermöglicht § 91 Abs. 4 ZPO eine Rückfestsetzung zwar nur hinsichtlich der Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlauf des Rechtsstreits gezahlt hat. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ist aber bei der hier gegebenen Fallkonstellation eine entsprechende Anwendung der genannten Vorschrift geboten.
a) Eine Rückfestsetzung kommt im Regelfall dann in Betracht, wenn die Kostengrundentscheidung in einem Rechtsmittelverfahren aufgehoben oder geändert worden ist mit der Folge, dass die Grundlage für die ursprüngliche Kostenfestsetzung nachträglich entfallen ist (Hansens, Anmerkung zum Beschluss des OLG Hamburg vom 31.8.2011 - 8 W 26/11, RVGreport 2012, 117). Mit der Einführung des § 91 Abs. 4 ZPO wollte der Gesetzgeber entsprechend einer bereits bestehenden gerichtlichen Praxis die Rückfestsetzung unstreitig im Verlauf des Rechtsstreits erfolgter Zahlungen im vereinfachten Kostenfestsetzungsverfahren ermöglichen, um so die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs gem. § 717 Abs. 2 ZPO in einem gesonderten Verfahren zu vermeiden.
b) Wenn...