Entscheidungsstichwort (Thema)

Befangenheitsgesuch, Verfahren, Auflage, Kenntnis, Tatbestandsberichtigungsantrag, Berichtigungsantrag, Kenntnisnahme, Senatsbeschluss, Richterin, mitwirken, Abteilungsleiterin, Vorgabe, Parteivertreter, kraft, kraft Gesetzes

 

Verfahrensgang

OLG München (Beschluss vom 01.02.2023; Aktenzeichen 7 W 16/23 e)

LG München I (Beschluss vom 04.11.2022; Aktenzeichen 14 HK O 10300/15)

LG München I (Entscheidung vom 05.09.2022; Aktenzeichen 14 HK O 10300/15)

 

Tenor

Die Akten werden dem Landgericht München I zur Entscheidung über den Tatbestandsberichtigungsantrag der Beklagten vom 05.09.2022 (Bl. 846 d.A.) sowie den Berichtigungsantrag des Klägers vom 05.09.2022 (Bl. 842 d.A.) zugeleitet.

 

Gründe

I. Mit Beschluss des Senats vom 01.02.2023 (Az. 7 W 16/23 e, Bl. 5/10 d.eA) wurde auf die sofortige Beschwerde der Beklagten das Ablehnungsgesuch der Beklagten gegen den Vorsitzenden der 14. Handelskammer des Landgerichts München I ... aufgrund zumindest zweier Willkürakte zum Nachteil der Beklagten für begründet erklärt. Die Akten wurden zur Kenntnisnahme des Senatsbeschlusses sowie zur Entscheidung über noch offene Berichtigungsanträge hinsichtlich des vom für befangen erklärten Vorsitzenden Richters am Landgericht ... erlassenen Teilurteils vom 30.08.2022, Az. 14 HK O 10300/15, an das Landgericht München I zurückgeleitet.

Nach Kenntnisnahme des Senatsbeschlusses durch die zuständige Abteilungsleiterin beim Landgericht München I fertigte der für befangen erklärte Vorsitzende Richter am Landgericht ... unter dem 20.02.2023 eine Verfügung (Bl. 950 d.A.), die u.a. folgenden "Vermerk" enthielt:

"Eine Entscheidung über die Tatbestandsberichtigungsanträge des KV vom 5.9.22 (Bl. 842ff) und des BV vom gleichen Tag (Bl. 845ff) kann entgegen der Aufforderung der Senatsvorsitzenden des OLG vom 1.2.23 ausschließlich betreffs des Tatbestandsberichtigungsantrags der Beklagtenseite nicht erfolgen gemäß § 320 IV ZPO, da der einzige Unterzeichner des Teilurteils vom 30.08.22 in dieser Sache mit Beschluss des OLG München vom 1.2.23 (Bl. 940/947d.A.) für befangen erklärt wurde, indem der entsprechenden Beschwerde des BV stattgegeben wurde, somit eine Tatbestandsberichtigung nicht mehr möglich ist (...)".

Der "Vermerk" wurde auf Verfügung des für befangen erklärten Vorsitzenden Richters am Landgericht ... an die Parteivertreter herausgegeben.

II. Die Prüfung, ob eine Entscheidung über den Tatbestandsberichtigungsantrag der Beklagten vom 05.09.2022 nach § 320 ZPO (Bl. 846 d.A.) sowie über den Berichtigungsantrag des Klägers vom 05.09.2022 nach § 319 ZPO (Bl. 842 d.A.) noch möglich ist, ist nicht vom für befangen erklärten Vorsitzenden Richter am Landgericht ... vorzunehmen, sondern ausschließlich von dem nunmehr nach der Geschäftsverteilung des Landgerichts München I zuständigen Richter. Denn nachdem das Befangenheitsgesuch der Beklagten mit Senatsbeschluss vom 01.02.2023 für begründet erklärt wurde, stand der Vorsitzende Richter am Landgericht ... einem iSd. § 41 ZPO ausgeschlossenen Richter gleich, er durfte kraft Gesetzes an dem Verfahren nicht mehr mitwirken und musste sich von ihm fernhalten (vgl. Vollkommer in Zöller, ZPO, 34. Auflage, Rdnr. 16 zu § 41 ZPO). Gegen diese prozessrechtliche Vorgabe hat der für befangen erklärte Vorsitzende Richter am Landgericht ... in Kenntnis des Senatsbeschlusses vom 01.02.2023 verstoßen.

Um dem Verfahren nunmehr seinen prozessordnungskonformen Fortgang zu geben, weist der Senat auf Folgendes hin:

1. Zur Entscheidung über den Tatbestandsberichtigungsantrag der Beklagten vom 05.09.2022 nach § 320 ZPO ist der nunmehr nach der Geschäftsverteilung des Landgerichts München I berufene Richter zuständig. Dieser hat eigenständig zu prüfen, ob er dem Antrag entsprechen kann und darf.

2. Hinsichtlich des Berichtigungsantrags des Klägers vom 05.09.2022 nach § 319 ZPO ist zur Entscheidung ebenfalls der nach der Geschäftsverteilung des Landgerichts München I nunmehr zuständige Richter berufen. Insoweit steht der Ausschluss des für befangen erklärten Vorsitzenden Richters am Landgericht ... einer Entscheidung jedenfalls nicht entgegen, da die Mitwirkung des Richters, der die zu berichtigende Entscheidung erlassen hat, nicht erforderlich ist (vgl. Hunke in Anders/Gehle, ZPO, 81. Auflage, München 2023, Rdnr. 19 zu § 319 ZPO).

 

Fundstellen

Dokument-Index HI15639877

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