Entscheidungsstichwort (Thema)

Testament, Beschwerde, Erbeinsetzung, Feststellungsklage, Erblasserin, Auflage, Unwirksamkeit, Rechtsmittel, Erbfolge, Auslegung, Nachlass, Erbrecht, Feststellungsinteresse, Bindungswirkung, gesetzliche Erbfolge, angefochtene Entscheidung, notwendige Streitgenossenschaft

 

Verfahrensgang

LG Kempten (Urteil vom 12.11.2020; Aktenzeichen 33 O 649/20)

 

Tenor

1. Die Klägerin wird darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Kempten (Allgäu) vom 12.11.2020, Az.: 33 O 649/20, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.

2. Die Klägerin erhält Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 7.5.2021.

3. Innerhalb dieser Frist können sich die Parteien auch zum Streitwert äußern, den der Senat beabsichtigt, auf bis zu 25.000 EUR festzusetzen.

 

Gründe

I. Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass sie Erbin der am 18.3.2014 verstorbenen Erblasserin geworden sei.

Sie beruft sich im Ergebnis auf die gesetzliche Erbfolge. Sie ist der Ansicht, dass das notarielle Testament der Erblasserin vom 30.4.2010 insgesamt nichtig sei.

In diesem Testament ordnete die Erblasserin unter anderem an:

"Ziffer II:

Frau U. E. bestimmt hiermit letztwillig:

1. Sie setzt zu ihrem alleinigen und ausschließlichen Erben ein die Stiftung L.

mit dem Sitz in K. (A.), eine rechtsfähige kirchliche Stiftung i. S. des bürgerlichen Rechts gemäß Art. 1 Abs. 2 des bayerischen Stiftungsgesetzes (Stiftungsurkunde in Kopie ist formlos beigefügt).

Ersatzerbe soll sein die ... Kirchengemeinde St. M.

(Körperschaft des öffentlichen Rechts)

in K. (A.) mit der Auflage, den Nachlass ausschließlich zu Modernisierung des W.-Hauses Altenpflegeheim, F. 9, in K., und zur Anschaffung von Therapieeinrichtung in diesem Heim zu verwenden. Abs. 2. zum Erben wird zur Auflage gemacht, das Grab der Erblasserin auf die Dauer der öffentlichen Gräberruhe ordnungsgemäß und ortsüblich zu pflegen und instand zu halten.

3. Frau E. schließt ihren Sohn R. E. und sein Stamm von jeder Erbfolge nach ihr aus."

Im Erbscheinserteilungsverfahren vor dem Amtsgericht Kempten - Nachlassgericht - (5 VI 0409/14) lehnte das Nachlassgericht die Erteilung eines Erbscheins zugunsten des Sohnes R. E. mit Beschluss vom 23.6.2017 ab. Die dagegen gerichtete Beschwerde nahm der Beschwerdeführer nach Hinweis des OLG München (31 Wx 292/17) zurück.

Mit ihrer Klage vom 29.4.2020 begehrt die Klägerin Feststellung, wonach sie Alleinerbin der am 18.3.2014 verstorbenen Erblasserin geworden sei. Sie hält die Erbeneinsetzung der Beklagten wegen Verstoßes gegen § 14 HeimG für nichtig. In ihrer Klageschrift ist sie der Ansicht, das gesamte Testament sei gemäß §§ 138, 139 BGB nichtig (Klageschrift vom 29.4.2020, dort S. 13). Bei der Ersatzerbeneinsetzung handele es sich ebenfalls um ein nichtiges Umgehungsgeschäft.

Das Landgericht hat die Klage mit Endurteil vom 12.11.2020 abgewiesen und sich im Wesentlichen darauf gestützt, dass ein Fall von § 14 HeimG nicht vorliege, weil die Beklagte nicht Trägerin bzw. Beschäftigte im Sinne des § 14 HeimG sei.

Dagegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihre erstinstanzlichen Anträge vollumfänglich weiterverfolgt.

II. Der Senat beabsichtigt nach derzeitiger Rechtsauffassung, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO als unbegründet zurückzuweisen, da er einstimmig davon überzeugt ist, dass die Berufung im Ergebnis offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Senats durch Urteil nicht erfordern und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.

Die angefochtene Entscheidung des Erstgerichts ist jedenfalls im Ergebnis richtig. Das Ersturteil beruht nicht auf einer Rechtsverletzung (§§ 513 Abs. 1, 546 ZPO). Vielmehr rechtfertigen die Tatsachen, die der Senat im Rahmen des durch § 529 ZPO festgelegten Prüfungsumfangs der Beurteilung des Streitstoffes zugrunde zu legen hat, keine andere Entscheidung. Die Ausführungen der Klägerin in der Berufungsbegründung vom 12.1.2021 (Blatt 86/89 d.A.) vermögen dem Rechtsmittel nicht zum Erfolg zu verhelfen, da sie das Ersturteil nicht erschüttern.

Die Klage ist als positive Feststellungsklage zulässig, § 256 Abs. 1 ZPO, im Ergebnis aber unbegründet.

1. Das für die Zulässigkeit der Feststellungsklage erforderliche Feststellungsinteresse liegt vor, da das Erbrecht nach einer verstorbenen Person ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis darstellt (BVerfG ZEV 2006, 74; BGH ZEV 2010, 468; Krätzschel in: NK/Erbrecht 2. Auflage ≪2019≫ § 256 ZPO Rn. 12).

a) Soweit die Klägerin darüber hinaus mit ihrer Klage die (negative) Feststellung begehrt, die Beklagte sei ihrerseits nicht Erbin der am 18.3.2014 verstorbenen Erblasserin geworden, handelt es sich insoweit (lediglich) um die Kehrseite ihres positiven Feststellungsantrages. Soweit eine Erbenstellung der Klägerin bestünde, wäre die Beklagte nicht Erbin. Allerdings besteht f...

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