Leitsatz (amtlich)

1. Rechtsbehelfe zur Geltendmachung anfänglicher Unrichtigkeit von Eigentümereintragungen im Grundbuch.

2. Eine ursprüngliche Unrichtigkeit liegt vor, wenn die Eintragung von Anfang an unrichtig war, unabhängig davon, ob das Grundbuchamt die Tatsachen, aus denen sich dieses ergibt, gekannt hat.

 

Normenkette

GBO §§ 19, 22, 53 Abs. 1, § 71 Abs. 2, § 72

 

Verfahrensgang

AG Miesbach (Beschluss vom 29.11.2011; Aktenzeichen Rottach-Egern Blatt 6951)

 

Tenor

Der Vorlagebeschluss des AG Miesbach - Grundbuchamt - vom 29.11.2011 (Ziff. 2.) wird aufgehoben.

 

Gründe

I. Die Beteiligte zu 1 war als Eigentümerin von Grundbesitz im Grundbuch eingetragen. Im Jahre 2006 verkaufte sie den Grundbesitz an die Beteiligte zu 2 und ließ ihn an diese auf. Am 8.8.2007 wurde die Beteiligte zu 2 als Eigentümerin eingetragen. Der Kaufpreis betrug 560.000 EUR.

Mit notariellem Vertrag vom 18.6.2007 veräußerte die Beteiligte zu 2 den Grundbesitz für 1.090.000 EUR weiter. Für die Beteiligte zu 2 handelte dabei Rechtsanwalt Prof. Dr. B. aufgrund einer schriftlichen Vollmacht der Beteiligten zu 2 u.a. folgenden Inhalts:

Prof. Dr. B. wird bevollmächtigt, dieses Grundstück ... zu einem Betrag von 1.090.000 EUR zu verkaufen an Herrn Winfried St.,...

Die Bedingungen für die Kaufpreiszahlung an (richtig wohl: kann) Prof. Dr. B. nach eigenem Ermessen vereinbaren. Zu beachten ist dabei, dass ein Kaufpreisteil in Höhe des fälligen Kredites an die Raiffeisenbank O ... abgetreten ist.

Prof. Dr. B. soll nach Möglichkeit eine Kaufpreiszahlung von 650.000 EUR vereinbaren, Fälligkeit bei Eintragung der Auflassungsvormerkung. Der Restbetrag kann fällig werden mit Auszug von Frau Susanne J. (= Beteiligte zu 1) aus dem Anwesen.

Die Erwerber - Winfried St. zu 1/4 und eine GmbH zu 3/4 - wurden am 10.7.2008 als Eigentümer im Grundbuch eingetragen.

Unter dem 21.6.2011 hat die Beteiligte zu 2 beim Grundbuchamt vorgebracht, die jetzt als Eigentümer eingetragenen Personen seien nicht Eigentümer geworden, da der zum Abschluss des der Eintragung zugrunde liegenden Rechtsgeschäfts Bevollmächtigte die Grenzen seiner Vollmacht überschritten habe. Nach deren Text sei er schon gar nicht zur Erklärung der Auflassung bevollmächtigt gewesen. Es werde daher Grundbuchberichtigung beantragt. Dieser Anspruch sei durch Eintragung eines Amtswiderspruchs nach § 53 Abs. 1 GBO zu sichern.

Der Amtswiderspruch wurde unter dem 28.6.2011 eingetragen.

Unter dem 5.7.2011 hat die Beteiligte zu 1 auch namens der Beteiligten zu 2 u.a. beantragt, das Grundbuch dahingehend zu berichtigen, dass die Beteiligte zu 2 nicht Eigentümerin geworden sei, sondern das Grundstück im Eigentum der Beteiligten zu 1 verblieben sei. Die Beteiligte zu 1 bewilligte für sich und zugleich als Geschäftsführerin der Beteiligten zu 2 die Berichtigung, die dann vollzogen werden solle, sobald dem Berichtigungsantrag vom 21.6. 2011 stattgegeben wird. Die Beteiligten tragen hierzu vor, dass der Grundstückskaufvertrag und die in derselben Urkunde erklärte Auflassung nichtig seien, da die Beteiligte zu 1 durch Vorspiegelung falscher Tatsachen zu den Erklärungen veranlasst worden sei und es sich um ein wucherisches Geschäft handle. Die Beteiligte zu 1 sei unter Ausnutzung einer Zwangslage zur Veräußerung zu einem weit unter dem wirklichen Wert liegenden Preis veranlasst worden. Schon vorab sei zugunsten der Beteiligten zu 1 ein Widerspruch einzutragen.

Am 14.7.2011 wurde für die Beteiligte zu 1 aufgrund einer einstweiligen Verfügung ein Widerspruch nach § 899 BGB eingetragen.

Mit Beschluss vom 24.8.2011 hat das Grundbuchamt die Anträge vom 5.7.2011 zurückgewiesen. Der Antrag, das Grundbuch dahin zu berichtigen, dass die Beteiligte zu 2 nicht Eigentümerin geworden sei, gehe ins Leere, da im Grundbuch andere Personen als Eigentümer ausgewiesen seien. "Negativ feststellende Einträge", dass jemand nicht Eigentümer sei, sehe die Grundbuchordnung nicht vor.

Die Berichtigung nach § 22 GBO sei nicht möglich. Denn es stehe nicht fest, dass das Grundbuch unrichtig sei. Die Eintragung der jetzt im Grundbuch verlautbarten Eigentümer beruhe auf einer im Kaufvertrag vom 18.6.2007 erklärten Auflassung. Die Beteiligte zu 2 sei hierbei aufgrund notariell beglaubigter Vollmacht vertreten worden. Die Beteiligte zu 2 habe vorgebracht, diese habe nicht ausgereicht. Es sei aber nicht auszuschließen, dass das Grundbuch dennoch den richtigen Eigentümer ausweise. Die möglicherweise ohne Vollmacht abgegebene Auflassungserklärung könne nachträglich durch schlüssiges Handeln (Entgegennahme des Kaufpreises) genehmigt worden sein. Auch wenn der fragliche Grundstückserwerb durch die Beteiligte zu 2 materiell-rechtlich unwirksam sein sollte, könnten die jetzt eingetragenen Eigentümer trotzdem gutgläubig Eigentum erworben haben.

Hiergegen haben die Beteiligten mit Schreiben vom 30.8.2011 "Gegenvorstellung und Anhörungsrüge" erhoben. Die Beschwerde zum OLG sei entgegen der erteilten Rechtsmittelbelehrung gem. § 71 Abs. 2 Satz 1 GBO unzulässig. Ihr Vorbringen z...

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