Leitsatz (amtlich)
1. Auch wenn der Kläger nach Abgabe des Akten an das bezeichnete LG mit seiner Anspruchsbegründung den Klageantrag auf einen die Grenze des § 23 Nr. 1 GVG nicht mehr übersteigenden Betrag ermäßigt, verbleibt es bei der sachlichen Zuständigkeit des LG.
2. Willkürlich ist eine Verweisung an das AG in diesem Fall jedenfalls dann, wenn sich das LG in seinem Beschluss nicht mit dem maßgeblichen Zeitpunkt für die Prüfung der sachlichen Zuständigkeit auseinandersetzt.
Normenkette
ZPO § 36 Abs. 1 Nr. 6, § 37; Zpo § 261 Abs. 3 Nr. 2; ZPO §§ 281, 696, 697 Abs. 2; GVG § 23 Nr. 1
Verfahrensgang
AG München (Aktenzeichen 262 C 4461/14) |
LG München I (Aktenzeichen 31 O 13365/14 (31 O 26265/13)) |
Tenor
Sachlich zuständig ist das LG (München I).
Gründe
I. Die Klägerin, eine Gesellschaft von Patent- und Rechtsanwälten, erwirkte unter dem 2.10.2013 gegen den Beklagten einen Mahnbescheid über 6.568,86 EUR (Hauptsache) wegen Forderungen aus Geschäftsbesorgung. Auf den Widerspruch des Antragsgegners wurde das Verfahren an das als Prozessgericht bezeichnete LG München I abgegeben (Az. 31 O 26265/13). Dort gingen die Akten am 3.12.2013 ein. Mit ihrer Anspruchsbegründung vom 27.1.2014 hat die Klägerin in der Hauptsache noch 4.079,66 EUR nebst Zinsen geltend gemacht und beantragt, das Verfahren an das sachlich zuständige AG München "abzugeben". Nach Anhörung des Beklagten hat sich das LG am 19.2.2014 nach § 281 Abs. 1 ZPO für sachlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit unter Bezugnahme auf § 23 Nr. 1 GVG an das AG verwiesen.
Das AG hat sich seinerseits nach Parteianhörung und auf Klägerantrag mit Beschluss vom 9.7.2014 für sachlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das LG München I verwiesen. Nach ganz herrschender Meinung trete Rechtshängigkeit nach vorangegangenem Mahnverfahren mit Eingang der Akten beim Prozessgericht ein. Dessen Zuständigkeit werde durch nachträgliche Veränderung der sie begründenden Umstände nicht berührt. Das LG scheine dies übersehen zu haben, gehe darauf nicht ein und vertrete allenfalls eine Mindermeinung, ohne sich aber mit der herrschenden Meinung auseinanderzusetzen; das lasse die Bindungswirkung entfallen.
Das LG hat mit Verfügung vom 14.7.2014 unter ausführlicher Begründung, dass es für die Wirkungen des § 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO nicht auf den Eingang der Akten beim im Mahnbescheid bezeichneten Gericht, sondern auf den Zeitpunkt der Zustellung der Anspruchsbegründung ankomme, die Akten dem OLG München zur Entscheidung nach § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO vorgelegt.
II. Die Voraussetzungen für die (sachliche) Zuständigkeitsbestimmung gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 6, § 37 ZPO durch den Senat sind gegeben (vgl. nur Zöller/Vollkommer ZPO 30. Aufl. § 36 Rn. 25 m.w.N.). Es liegen beiderseitige - nach § 281 Abs. 2 Sätze 2 und 4 ZPO regelmäßig bindende - Entscheidungen vor, die die jeweilige Kompetenz leugnen. Im Fall der Nr. 6 bedarf es keines Parteiantrags; vielmehr ergeht die Entscheidung von Amts wegen auf Vorlage eines der beteiligten Gerichte (BGH NJW 1979, 1048; NJW-RR 1991, 767; Zöller/Vollkommer § 37 Rn. 2).
Sachlich zuständig ist das LG; dieses ist an den Verweisungsbeschluss des AG München vom 9.7.2014 gebunden, der willkürfrei von der Unerheblichkeit späterer - nach Akteneingang beim Streitgericht - Anspruchsreduzierung unter die Wertgrenze des § 23 Nr. 1 GVG ausgeht. Das AG seinerseits konnte an das LG zurückverweisen, weil dessen Beschluss keine Bindungswirkung entfaltete (BGH NJW-RR 1994, 126; Zöller/Greger § 281 Rn. 19; HK-ZPO/Saenger 5. Aufl. § 281 Rn. 29).
1. Gemäß § 281 Abs. 2 Satz 2 ZPO sind Verweisungsbeschlüsse im Interesse der Prozessökonomie und zur Vermeidung von verfahrensverzögernden Zuständigkeitsstreitigkeiten unanfechtbar. Zuständig ist grundsätzlich das Gericht, an das die Sache in dem zuerst ergangenen Beschluss verwiesen worden ist. Dies ergibt sich aus § 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO, wonach ein auf der Grundlage von § 281 Abs. 1 ZPO ergangener Beschluss für das Gericht, an das die Sache verwiesen wird, bindend ist; dies hat auch der nach § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO angerufene Senat zu beachten. Die Bindungswirkung entfällt nur dann, wenn der Verweisungsbeschluss schlechterdings nicht als im Rahmen dieser Vorschrift ergangen anzusehen ist, etwa weil er auf einer Verletzung rechtlichen Gehörs beruht, nicht durch den gesetzlichen Richter erlassen wurde oder jeder gesetzlichen Grundlage entbehrt und deshalb als willkürlich erachtet werden muss. Hierfür genügt aber nicht schon, dass der Beschluss inhaltlich unrichtig oder fehlerhaft ist. Willkürlich ist er nur, wenn ihm jede rechtliche Grundlage fehlt und er bei verständiger Würdigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken nicht mehr verständlich erscheint und offensichtlich unhaltbar ist (st. Rspr., etwa BGH NJW-RR 2008, 1309; NJW-RR 2011, 1364).
2. Das LG hat nach Gewährung rechtlichen Gehörs auf Klägerantrag die Verweisung ausgesprochen und sich auf die fehlende sachliche Zuständigkeit (§ 23 Nr. 1 GVG) gestützt. Seiner Entscheidung i...