Leitsatz (amtlich)
1. Bei Spruchverfahren ist es im Rahmen der Kapitalisierung der finanziellen Überschüsse nicht zu beanstanden, den nach der Svensson-Methode hergeleiteten Basiszinssatz auf 1/4-Prozentpunkte auf- oder abzurunden. Die Rundung dient der Glättung kurzzeitiger Marktschwankungen und trägt damit zur Planungs- und Rechtssicherheit bei.
2. Die Frage der Auswirkung der Niedrigzinsphase auf die Gesamtrenditeerwartung ist nicht im Rahmen einer etwaigen "Normalisierung" des Basiszinssatzes, sondern bei der Höhe der Marktrisikoprämie zu erörtern. Dabei ist es methodisch nicht zu beanstanden, wenn sich das Gericht einerseits an den Empfehlungen des FAUB des IDW orientiert, wegen der Ungeklärtheit der maßgeblichen wirtschaftlichen Zusammenhänge andererseits aber innerhalb dieser Bandbreite zurückhaltend bleibt.
Normenkette
AktG §§ 327a, 327b
Verfahrensgang
LG München I (Aktenzeichen 5 HK O 26513/11) |
Tenor
1. Die Beschwerden der Antragsteller zu 63) - 66), 77) und 78) sowie die Beschwerde der Antragsgegnerin werden zurückgewiesen.
2. Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Antragsgegnerin. Auslagenerstattung findet nicht statt.
3. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren sowie der Wert für die Bemessung der von der Antragsgegnerin an den gemeinsamen Vertreter der nicht selbst als Antragsteller am Verfahren beteiligten ehemaligen Aktionäre zu leistenden Vergütung wird auf EUR 1.130.279,04 festgesetzt.
Gründe
I. Gegenstand des Verfahrens ist die Angemessenheit der Barabfindung nach Ausschluss der Minderheitsaktionäre im Rahmen eines Squeeze-Outs.
Die Antragsteller waren Aktionäre der xxx AG (im Folgenden: xxx AG oder die Gesellschaft). Das Grundkapital der Gesellschaft in Höhe von EUR 30.300.000,00 war in 11.840.000 auf den Inhaber lautende Stückaktien mit einem auf die einzelne Stückaktie entfallenden Anteil am Grundkapital auf gerundet EUR 2,56 eingeteilt. Die Aktien waren zum Handel im regulierten Markt an den Börsen Berlin und München zugelassen und wurden außerdem im Marktsegment "Freiverkehr" gehandelt.
Satzungsmäßiger Unternehmensgegenstand der xxx AG war die Gewinnung und Verarbeitung von Mineralien, die Herstellung und der Vertrieb von chemischen Grundstoffen und Zwischenprodukten, Hilfs- und Zusatzstoffen, Katalysatoren und ähnlichen chemischen Erzeugnissen für die Industrie, sowie von Düngemitteln und anderen Erzeugnissen für die Landwirtschaft und Tierhaltung, jeweils einschließlich der Durchführung aller Geschäfte, die mit der Betätigung auf den genannten Gebieten zusammenhängen und zur Erreichung des Gesellschaftszwecks notwendig und nützlich erscheinen, insbesondere der Errichtung von in- und ausländischen Zweigniederlassungen, der Gründung bzw. dem Erwerb anderer Unternehmen gleicher oder verwandter Art und der Beteiligung an solchen Unternehmen.
Die Antragsgegnerin hatte im April 2011 96,15 % des Aktienkapitals der xxx AG von mehreren ehemaligen Aktionären zu einem Kaufpreis von EUR 121,00 zzgl. Dividendenerstattung in Höhe von EUR 1,70 je Aktie bzw. für 8,84 eigene Aktien zzgl. Dividendenerstattung in Höhe von EUR 1,70 je Aktie der xxx AG erworben. Im Anschluss daran erfolgte sodann am 17.05.2011 eine Mitteilung nach § 27a WpHG, dahingehend, dass die Antragsgegnerin beabsichtige, nach Durchführung des übernahmerechtlichen Pflichtangebots die Übertragung der restlichen Aktien der xxx AG gegen Gewährung einer angemessenen Barabfindung von der Hauptversammlung beschließen zu lassen. Die xxx AG hat diese Mitteilung noch am selben Tag europaweit verbreitet. Im Rahmen des Übernahmeangebots hat die Antragsgegnerin sodann weitere 2,49 % der Aktien zu einem Angebotspreis von EUR 126,38 je Aktie erworben und hielt somit zuletzt rund 98,64 % der Aktien der xxx AG. Die übrigen Aktien befanden sich um Streubesitz.
Im Dreimonatszeitraum vor dieser Mitteilung vom 17.05.2011 lag der auf Basis der Daten der Deutsche Börse AG ermittelte umsatzgewichtete Durchschnittskurs des xxx AG Aktie bei EUR 125,26 je Aktie.
Am 22.11.2011 fasste die Hauptversammlung der xxx AG sodann den Beschluss, die Aktien der Minderheitsaktionäre gegen Gewährung einer Barabfindung in Höhe von ebendiesen EUR 125,26 je Aktie auf die Antragsgegnerin zu übertragen.
Die von der Antragsgegnerin mit der Bewertung beauftrage xxx AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (im Folgenden: die Bewerterin) ermittelte im Vorfeld dieser Hauptversammlung in ihrer gutachterlichen Stellungnahme vom 08.09.2011 (Anlage zum Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 30.12.2011, Bl. 6/7 d.A.) unter Anwendung der Ertragswertmethode einen deutlich geringeren Unternehmenswert von lediglich EUR 1,3692 Mrd. bzw. EUR 115,65 je Aktie.
Dabei ging die Bewerterin von einer Planung auf operativer Ebene für die Jahre 2011 - 2013 und auf strategischer Ebene für die Jahre 2014 - 2020 aus, die ewige Rente wurde ab den Jahren 2021 ff. abgebildet. Bei der Kapitalisierung der Überschüsse wurde der Basiszinssatz einheitlich auf 3,5 % vor Steuern festgesetzt. Eine Korrektur erfolg...