Leitsatz (amtlich)
1. Bei der Kapitalisierung der finanziellen Überschüsse der Gesellschaft ist es methodisch nicht zu beanstanden, zur Ermittlung des Basiszinssatzes nach der Svensson-Methode auf den auf 1/4-Prozentpunkte auf- oder abgerundeten über einen Zeitraum von drei Monaten vor der Hauptversammlung gemittelten Durchschnittswert abzustellen (im Anschluss an Senat, Beschl. v. 06.08.2019 - 31 Wx 340/17).
2. Für einen Stichtag im März 2016 ist eine Marktrisikoprämie in Höhe von 5,5 % (nach persönlichen Steuern) angemessen.
Normenkette
AktG §§ 327a, 327b; UmwG § 62 Abs. 5
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin hin wird der Beschluss des Landgerichts München I vom 30.05.2018 aufgehoben.
2. Die Anträge auf Festsetzung einer über EUR 7,11 je Aktie hinausgehenden Barabfindung werden zurückgewiesen.
3. Die Beschwerden der Antragsteller zu 16), 20), 31) - 34), 57), 58), 61) und 62) gegen den Beschluss des Landgerichts München I vom 30.05.2018 werden zurückgewiesen.
4. Die Gerichtskosten für das Verfahren erster und zweiter Instanz trägt die Antragsgegnerin. Ihre außergerichtlichen Kosten für das Verfahren erster und zweiter Instanz tragen die Beteiligten jeweils selbst.
5. Der Geschäftswert für die Gerichtskosten erster und zweiter Instanz, sowie der Wert für die Bemessung der von der Antragsgegnerin an die gemeinsame Vertreterin der nicht selbst als Antragsteller am Verfahren beteiligten ehemaligen Aktionäre zu leistenden Vergütung in erster und zweiter Instanz wird jeweils auf EUR 200.000,00 festgesetzt.
Gründe
I. Gegenstand des Verfahrens ist die Angemessenheit der Barabfindung nach Ausschluss der Minderheitsaktionäre im Rahmen eines verschmelzungsrechtlichen Squeeze-Outs.
Die Antragsteller waren Aktionäre der xxx (im Folgenden: xxx oder die Gesellschaft). Das Grundkapital der Gesellschaft in Höhe von EUR 16.845.838 war in ebenso viele auf den Inhaber lautende Stückaktien mit einem auf die einzelne Stückaktie entfallenden Anteil am Grundkapital von EUR 1,00 eingeteilt, von denen die xxx selbst 296.840 Stück (rund 1,76 %) hielt. Die Aktien waren zum Handel im qualifizierten Freiverkehr der Börse München sowie im Freiverkehr Berlin, Düsseldorf, Hamburg-Hannover, Stuttgart und Frankfurt zugelassen.
Satzungsmäßiger Unternehmensgegenstand der xxx war die Erbringung von Dienstleistungen im Bereich Informationssicherheit und Risikosicherheit (einschließlich Beratung, Entwicklung und Bereitstellung von Hard- und Software, Realisierung, Implementierung, Projektmanagement, Wartung, Schulung und Managed Service sowie der Erwerb von anderen Unternehmen mit gleichem bzw. ähnlichen Unternehmensgegenständen). Insgesamt war sie an 18 verschiedenen Tochter- und Enkelunternehmen mit entsprechendem Unternehmensgegenstand unmittelbar oder mittelbar zu 100 % beteiligt.
Die Antragsgegnerin, die xxx (vormals: xxx), eine mittelbare Tochtergesellschaft der xxx mit Sitz in xxx veröffentlichte am 30.07.2009 ein freiwilliges, öffentliches Übernahmeangebot, in welchem sie allen Aktionären der xxx anbot, ihre Aktien zu einem Preis von EUR 6,75 je Aktie zu erwerben. Nach Erhöhung der Annahmeschwelle und Verlängerung der Annahmefrist hielt die Antragsgegnerin 11.175.032 Aktien der xxx (rund 78 %). Nach Vollzug des Übernahmeangebots beschränkte sich die Geschäftstätigkeit der Antragsgegnerin auf die Verwaltung der Beteiligung an der xxx, den Erwerb weiterer Akten der Gesellschaft, sowie die Vorbereitung der Verschmelzung unter Ausschluss der verbleibenden Minderheitsaktionäre.
Am 19.11.2015 teilte die Antragsgegnerin der Gesellschaft sodann mit, dass sie mittlerweile unter Berücksichtigung eigener Aktien mit einem Anteil von rund 93,01 % am Grundkapital der xxx beteiligt sei und ein umwandlungsrechtliches Squeeze-Out beabsichtige.
Im Dreimonatszeitraum vor dieser Mitteilung lag der umsatzgewichtete Durchschnittskurs der xxx Aktie bei EUR 7,11 je Aktie.
Am 12.02.2016 unterzeichneten die Antragsgegnerin und die Gesellschaft einen Verschmelzungsvertrag, nach welchem die xxx ihr Vermögen mit allen Rechten und Pflichten unter Auflösung ohne Abwicklung übertragen sollte.
Am 30.03.2016 fasste die Hauptversammlung der Gesellschaft sodann den Beschluss, die Aktien der Minderheitsaktionäre gegen Gewährung einer Barabfindung in Höhe des genannten Durchschnittskurses von EUR 7,11 je Aktie auf die Antragsgegnerin zu übertragen.
Die von der Antragsgegnerin mit der Bewertung beauftrage xxx Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (im Folgenden: die Bewerterin) ermittelte im Vorfeld dieser Hauptversammlung in ihrer gutachterlichen Stellungnahme vom 12.02.2016 (Anlage zum Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 19.07.2016, Bl. 19/20 d.A.) unter Anwendung der Ertragswertmethode einen geringeren Unternehmenswert von lediglich EUR 106,395 Mio. bzw. EUR 6,43 je Aktie und erachtete die auf Basis des Börsenkurses festgesetzte höhere Abfindung daher als angemessen.
Dabei ging die Bewerterin von einer zehnjährigen Detailplanungsphase für die Geschäftsjahre 2015/2016 - 2024/2025 aus, d...