Leitsatz (amtlich)
Gerichtliche Genehmigung eines Grundstücksverkaufs durch den Nachlasspfleger zur Erfüllung von Nachlassverbindlichkeiten.
Normenkette
BGB § 1960
Verfahrensgang
LG Augsburg (Beschluss vom 22.10.2009; Aktenzeichen 5 T 3471/09) |
AG Augsburg (Aktenzeichen VI 0780/08) |
Tenor
Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2 gegen den Beschluss des LG Augsburg vom 22.10.2009 wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Gegenstand des Verfahrens ist die nachlassgerichtliche Genehmigung eines Grundstücksverkaufs durch den Nachlasspfleger.
Die verwitwete, kinderlose Erblasserin ist am 14.2.2008 im Alter von 88 Jahren verstorben. Sie hatte keine Geschwister. Die als gesetzliche Erben in Betracht kommenden Personen sind noch nicht ermittelt. Für die unbekannten Erben ist eine Verfahrenspflegerin bestellt.
Es liegt ein notarielles Testament vom 29.5.2006 vor, in dem der Beteiligte zu 1 zum Alleinerben eingesetzt wird, sowie ein handschriftliches Testament vom 23.1.2007, mit dem die Erblasserin ihr Hausgrundstück den Beteiligten zu 2 und 3 zuwendet. Nach den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. C., Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie sowie forensische Psychiatrie, war die an Demenz leidende Erblasserin bei der Errichtung beider Testamtente nicht testierfähig.
Der Nachlass besteht im Wesentlichen aus dem stark sanierungsbedürftigen, teilweise vermieteten Hausgrundstück der Erblasserin, dessen Wert in einem Verkehrswertgutachten auf rund 210.000 EUR beziffert wurde, sowie Bankguthaben i.H.v. rund 19.000 EUR. Es bestehen fällige, dinglich gesicherte Verbindlichkeiten aus Privatdarlehen i.H.v. über 80.000 EUR, deren genaue Höhe streitig ist. Der Nachlasspfleger hat sie im Nachlassverzeichnis mit 83.000 EUR berücksichtigt, während der Gläubiger sie - ausgehend von einem höheren Zinssatz - mit rund 100.000 EUR beziffert hat.
Mit Vorbescheid vom 11.8.2009 kündigte das Nachlassgericht entsprechend dem Antrag des Nachlasspflegers die Genehmigung des Grundstücksverkaufs zum Preis von mindestens 230.000 EUR an. Die Verfahrenspflegerin für die unbekannten Erben befürwortete die Genehmigung. Die Beteiligten zu 2 und 3 legten Beschwerde ein, die das LG mit Beschluss vom 22.10.2009 zurückwies. Mit der weiteren Beschwerde wendet sich die Beteiligte zu 2 weiterhin gegen die Genehmigung des Verkaufs, der nach ihrem Vortrag nicht dem Willen der Erblasserin entspricht.
II. Die zulässige weitere Beschwerde ist nicht begründet.
1. Das LG hat im Wesentlichen ausgeführt:
Das Nachlassgericht habe zu Recht die Genehmigung der Grundstücksveräußerung angekündigt, denn dabei handle es sich um eine erforderliche Maßnahme der Vermögensverwaltung durch den Nachlasspfleger. Der Nachlasspfleger solle zwar den Erben in erster Linie den Nachlass in seinem ursprünglichen Zustand erhalten. Er habe jedoch jedenfalls dann Nachlassgläubiger zu befriedigen, wenn dies zur ordnungsmäßigen Verwaltung und Erhaltung des Nachlasses geboten sei, etwa um Schäden, unnötige Prozesse und Kosten zu vermeiden. Reiche das freie Vermögen dafür nicht aus, dürfe sich der Nachlasspfleger auch durch die Veräußerung einzelner Gegenstände die Mittel zur Befriedigung beschaffen. Dieser Fall sei gegeben. Die Bankguthaben der Erblasserin reichten nicht aus, um auch nur annähernd die fällige Forderung erfüllen zu können; das zu veräußernde Grundstück stelle den wesentlichen Wert des Nachlasses dar. Außerdem sei ein hoher Sanierungsaufwand notwendig, der ebenfalls nicht aus den flüssigen Mitteln getragen werden könne. Der von dem Interessenten gebotene Preis liege rund 10 % über dem vom Sachverständigen festgestellten Verkehrswert. Auch sei die Darlehensforderung durch Grundschuld abgesichert, die zwar möglicherweise materiell-rechtlich nicht bestehe, jedoch nach wie vor im Grundbuch eingetragen sei. Bei einer Zwangsversteigerung würde voraussichtlich ein geringerer Betrag erzielt als bei dem beabsichtigten freihändigen Verkauf. Demgegenüber müsse das immaterielle Interesse an einem Verbleiben des Anwesens im Nachlass zurückstehen. Bei der vorliegenden wirtschaftlichen Situation könne diesem Wunsch der Erblasserin keine ausschlaggebende Bedeutung beigemessen werden.
2. Die Entscheidung des LG ist aus Rechtsgründen (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO) nicht zu beanstanden.
a) Die Entscheidung des Tatrichters über die Erteilung oder Versagung einer nachlassgerichtlichen Genehmigung für Grundstücksgeschäfte wie das hier vorliegende (§ 1960 Abs. 2, § 1915 Abs. 1, § 1821 Nr. 1 BGB) stellt eine Ermessensentscheidung dar. Das Gericht der weiteren Beschwerde kann sie nur als rechtsfehlerhaft beanstanden, wenn der Tatrichter sich des ihm zustehenden Ermessens nicht bewusst war, von ungenügenden oder verfahrenswidrig zustande gekommenen Feststellungen ausgegangen ist, wesentliche Umstände außer Betracht gelassen hat, bei der Bewertung relevanter Umstände unrichtige Maßstäbe zugrunde gelegt, von seinem Ermessen einen dem Sinn und Zweck des Gesetzes zuwiderlaufenden Gebrauch gemacht oder die Grenzen des Er...