Entscheidungsstichwort (Thema)
Zurückweisung eines Prozesskostenhilfeantrages
Normenkette
ZPO § 114 S. 1, § 513 Abs. 1, § 522 Abs. 2, §§ 529, 546, 128 Abs. 4; BGB §§ 566, 1361b Abs. 1, § 1365
Verfahrensgang
LG München I (Beschluss vom 12.08.2015; Aktenzeichen 30 O 20777/13) |
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Beklagten vom 20.08.2015 gegen das Endurteil des LG München I vom 12.08.2015, Az. 30 O 20777/13, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert. Auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung ist nicht geboten.
2. Der Prozesskostenhilfeantrag der Beklagten vom 20.08.2015 wird zurückgewiesen.
3. Der Senat empfiehlt der Beklagten, die Berufung aus Kostengründen zurückzunehmen.
4. Es ist beabsichtigt, den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 48.000,- EUR festzusetzen.
5. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme bis 29.01.2016.
Gründe
1. Der Prozesskostenhilfeantrag der Beklagten war zurückzuweisen. Die Berufung hat nach derzeitiger Bewertung keinen Erfolg.
Voraussetzung für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist gemäß § 114 Satz 1 ZPO, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung "hinreichend Aussicht auf Erfolg bietet" (nicht etwa Erfolgsgewissheit; vgl. OLG München, zuletzt Beschluss vom 25.02.2015 (10 W 186/15); LAG Hamm, Beschluss vom 09.12.2013 - 14 Ta 3477/13 [Juris, dort Rz. 8]; Thomas/Putzo/Seiler, ZPO, 36. Aufl. 2015, § 114 Rz. 3 und ihm folgend Musielak/Freud/Fischer, ZPO, 12. Aufl. 2015, § 114 Rz. 19). Bei der Auslegung dieses Tatbestandsmerkmals ist von Verfassungs wegen zu beachten, dass Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG eine weitgehende Angleichung der Situation von Bemittelten und Unbemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes gebietet (BVerfGE, 78, 104, 117 f.; 81, 347, 356 f.; st. Rspr., zuletzt NJW 2010, 288). Konkret bedeutet dies, dass die Prüfung der Erfolgsaussichten nicht dazu dient, die Rechtsverfolgung bzw. Rechtsverteidigung selbst in das summarische PKH-Verfahren zu verlagern; dieses Verfahren will den grundrechtlich garantierten Rechtsschutz nämlich nicht selbst bieten, sondern nur zugänglich machen (BVerfG in st. Rspr., zuletzt etwa NJW 2010, 288). Zur Vermeidung von Verfassungsverletzungen dürfen deshalb keine überspannten Anforderungen gestellt werden (BVerfG NJW 2013, 2013; BayVGH NJW 2005, 1677). Im Übrigen steht es der hilfsbedürftigen Partei zu, den sichersten Weg zur Wahrung ihrer Rechte oder den weitestgehenden Rechtsschutz zu wählen, mit einem schlechteren Rechtsschutz muss sie sich nicht zufrieden geben. Ihr ist es lediglich versagt, von zwei gleichwertigen prozessualen Wegen den teureren zu wählen (OLG München, zuletzt Beschluss vom 25.02.2015 - 10 W 186/15; LAG Hamm, Beschluss vom 09.12.2013 - 14 Ta 3477/13 [Juris, dort Rz. 19]; vgl. auch BGH NJW 2005, 1497).
Eine überwiegende Wahrscheinlichkeit des Prozesserfolgs ist dabei nicht erforderlich, es genügt bereits eine sich bei summarischer Überprüfung ergebende Offenheit des Erfolgs (OLG München, zuletzt Beschluss vom 25.02.2015 - 10 W 186/15; BVerwG, NVWZ-RR 1999, 587, 588; BayVGH NJW 2005, 1677). Diese ist gegeben, wenn das Gericht den Standpunkt des Antragstellers aufgrund von dessen Sachdarstellung und der von ihm ggf. eingereichten Unterlagen für zumindest vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht zumindest die Möglichkeit der Beweisführung gegeben ist (OVG Koblenz, NJWZ 1991, 595). Dies zugrunde gelegt war der Prozesskostenhilfeantrag abzulehnen, da das Rechtsmittel nach einstimmiger Auffassung des Senats offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat.
Weder beruht die angefochtene Entscheidung des LG München I auf einer Rechtsverletzung (§§ 513 Abs. 1, 546 ZPO), noch rechtfertigen nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung.
Der Senat folgt der ausführlich begründeten Entscheidung des Erstgerichts. Ansprüche auf Herausgabe der Doppelhaushälfte, auf Zahlung eines monatlichen Nutzungsersatzes in Höhe von 2.000,00 EUR ab 10.06.2013 und auf Betreten der Doppelhaushälfte nach Ankündigung bestehen und wurden den Klägern vom LG München I zu Recht zugesprochen. Im Hinblick auf die Berufungsbegründung sind ergänzend folgende Ausführungen veranlasst:
a) Zwar ist der Beklagten mit Beschluss des AG München vom 13.07.2012 (Anlage K 10) im Rahmen des Ehescheidungsverfahrens die Wohnung gemäß § 1361b BGB zugewiesen worden. Die bloße Nutzungsüberlassung einer im Alleineigentum eines Ehegatten stehenden Immobilie für die Dauer des Getrenntlebens an den anderen Ehegatten nach § 1361b Abs. 1 BGB gibt diesem allerdings ohne ein zusätzlich zur Nutzungsüberlassung begründetes befristetes Mietverhältnis gegenüber Erwerbern der Immobilie kein dur...