Entscheidungsstichwort (Thema)
Eintrittspflicht des Grundversicherers und des Excedentenversicherers hins. Abwehrkosten in der Haftpflichtversicherung
Leitsatz (amtlich)
Es ist in der Haftpflichtversicherung Sache des Grundversicherers - solange die mit ihm vereinbarte Deckungssumme nicht erreicht ist - bei der Abwehr unberechtigter Ansprüche die Abwehrkosten zu tragen. Der Excedentenversicherer ist - auch hinsichtlich der Rechtsverfolgungskosten - erst dann eintrittspflichtig, wenn die Deckungssumme des Grundversicherers ausgeschöpft ist. Der (zusätzliche) Abschluss einer Excedentenversicherer durch den Versicherungsnehmer führt nicht zu einer Besserstellung des Grundversicherers.
Normenkette
BGB § 426 Abs. 1 S. 1, Abs. 2; VVG a.F. § 150 Abs. 2 S. 1; VVG § 101 Abs. 2 S. 1
Verfahrensgang
LG München I (Urteil vom 19.07.2018; Aktenzeichen 12 HK O 15259/17) |
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 19.07.2018, Az. 12 HK O 15259/17, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.
Gründe
Nach einstimmiger Auffassung des Senats hat das Landgericht die Klage zu Recht abgewiesen.
Eine Anspruchsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch ist nicht ersichtlich. Es ist Sache des Grundversicherers - solange die mit ihm vereinbarte Deckungssumme nicht erreicht ist - bei der (hier erfolgten) Abwehr unberechtigter Ansprüche die Abwehrkosten (Kosten der Rechtsverteidigung) zu tragen. Der Excedentenversicherer ist - auch hinsichtlich der Rechtsverfolgungskosten - erst dann eintrittspflichtig, wenn die Deckungssumme des Grundversicherers ausgeschöpft ist. Der (zusätzliche) Abschluss einer Excedentenversicherer durch den Versicherungsnehmer führt nicht zu einer Besserstellung des Grundversicherers. Hätte vorliegend die Versicherungsnehmerin keine Excedentenversicherung abgeschlossen, so hätte die Klägerin die Kosten der Abwehrdeckung alleine zu tragen.
Im Einzelnen und in Hinblick auf die mit der Berufung geltend gemachten Rügen sind folgende Ausführungen veranlasst:
1. Das vom Landgericht durchgeführte Verfahren ist beanstandungsfrei.
1.1. Das Landgericht hatte keine Veranlassung, sich die interne Korrespondenz der Beklagten zu der von ihr getroffenen Entscheidung zu ihrem Verhalten vorlegen zu lassen. Das Gericht kann nach § 142 ZPO anordnen, dass eine Partei oder ein Dritter die in ihrem oder seinem Besitz befindlichen Urkunden und sonstigen Unterlagen, auf die sich eine Partei bezogen hat, vorlegt. § 142 ZPO befreit die Partei, die sich auf eine Urkunde bezieht, nicht von ihrer Darlegungs- und Substantiierungslast. Dementsprechend darf das Gericht die Urkundenvorlegung nicht zum bloßen Zwecke der Informationsgewinnung, sondern nur bei Vorliegen eines schlüssigen, auf konkrete Tatsachen bezogenen Vortrags der Partei anordnen (von Selle in BeckOK zur ZPO 30. Ed. 15.9.2018, ZPO § 142 Rn. 11). Die Bezugnahme auf eine vorzulegende Urkunde kann ausdrücklich oder konkludent erfolgen. Sie taugt aber nur für eine Vorlegungsanordnung, wenn sie die Identifizierung der Urkunde ermöglicht. Die erkennbar "ins Blaue hinein" aufgestellte Behauptung, der Gegner sei im Besitz nicht näher konkretisierter Unterlagen diesen oder jenen Inhalts, reicht nicht aus. Ebenso wenig genügt die spekulative Annahme, dass die fraglichen Urkunden üblicherweise und daher auch im Streitfall existieren müssten. Die pauschale Aufforderung zur Vorlage ganzer Urkundensammlungen, Dokumentationen oder einer kompletten Korrespondenz ist deshalb auch nach § 142 unzulässig (von Selle in BeckOK zur ZPO 30. Ed. 15.9.2018, ZPO § 142 Rn. 10). Vorliegend fehlen die Anordnungsvoraussetzungen. Die Klägerin verlangt nicht Vorlage einer konkreten Urkunde, sondern eine Korrespondenz; weiter will sie daraus Informationen für die (internen) Entscheidungen der Beklagten zu ihrem Verhalten im vorliegenden Versicherungsfall gewinnen. Das ist von § 142 ZPO nicht gedeckt, auch wenn die Klägerin behauptet, die Beklagte habe sich intern entschieden, den Anspruch abzuwehren. Bei der Beklagten liegt insoweit auch keine sekundäre Darlegungslast, da interne Überlegungen und Besprechungen zur geplanten Vorgehensweise keine Rechtswirkung nach außen entfalten. Die Beklagte hat zudem auch konkret vorgetragen, dass sie - entsprechend der oben dargestellten Rechtslage - niemals zugesagt hat, sich an Kosten der Rechtsverfolgung zu beteiligen. Ob sie sich intern für eine eigene Anspruchsabwehr entschieden hat, oder dafür, eine solche ohne Kostenbeteiligung der Klägerin als Grundversicherung zu überlassen oder ob sie bei einer eigenen Inanspruchnahme bezahlt hätte, ist für die Entscheidung des Rechtsstreits mangels Außenwirkung nicht maßgebend.
1.2. Auch eine Einvernahme des angebotenen Zeugen W. war nicht veranlasst. Soweit der Zeuge zu den bei der Klägerin angefallenen Kosten und zur fehlenden Erstattung durch die Hauptsachegegner angeboten war, kommt es mange...