Leitsatz (amtlich)

Auch nach Auflassung kann der Gläubiger unabhängig hiervon allein den schuldrechtlichen Anspruch auf Eigentumsverschaffung pfänden mit der Folge, dass die Pfändung mit Zustellung der Pfändungsverfügung bzw. des Pfändungsbeschlusses an den Drittschuldner bewirkt ist und das Grundbuch entsprechend berichtigt werden kann.

 

Normenkette

AO § 318 Abs. 1, 3; ZPO § 309 Abs. 2, §§ 846, 829 Abs. 3

 

Verfahrensgang

AG Starnberg - Grundbuchamt (Beschluss vom 16.02.2010; Aktenzeichen Wohnungsgrundbuch von Starnberg Bl. ...)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Beteiligten wird die Zwischenverfügung des AG - Grundbuchamt - Starnberg vom 16.2.2010 aufgehoben.

 

Gründe

I. Für den in den USA ansässigen Schuldner ist im Grundbuch eine Eigentumsvormerkung eingetragen, die seinen Anspruch aus dem notariellen Kaufvertrag vom 19.5.2004 auf Übertragung des hälftigen Miteigentums an Wohnungs- und Teileigentum sichert. Die Auflassung ist erklärt, die Eigentumsumschreibung aber noch nicht beantragt.

Mit Pfändungsverfügung vom 4.1.2008 hat der Beteiligte die Ansprüche aus dem Kaufvertrag auf Übertragung des Eigentums gepfändet. Unter dem 5.2.2010 hat er beantragt, "die Pfändung ... einzutragen" und dazu beglaubigte Abschriften der Pfän-dungs- und Einziehungsverfügung, des Zustellnachweises an den Drittschuldner und der Bestellung eines Treuhänders vorgelegt.

Mit Zwischenverfügung vom 16.2.2010 hat das Grundbuchamt dem Beteiligten eine Frist bis 2.3.2010 zum Nachweis der Zustellung der Pfändungsverfügung an den Schuldner gesetzt und gleichzeitig darauf hingewiesen, dass wegen der vollstreckungsrechtlichen Hindernisse die Zwischenverfügung keine rangwahrende Wirkung entfalte. Begründet wurde die Zwischenverfügung damit, dass nach Erklärung der Auflassung eine Pfändung erst mit Zustellung der Pfändungsverfügung auch an den Käufer (Schuldner = Grundstückserwerber) wirksam werde.

Nach bewilligter Fristverlängerung hat der Beteiligte Beschwerde eingelegt und zur Begründung darauf verwiesen, dass Gegenstand der Pfändung lediglich der schuldrechtliche Anspruch des Vollstreckungsschuldners auf Eigentumsverschaffung gem. § 433 Abs. 1 BGB, nicht ein etwaiges Anwartschaftsrecht sei.

Das Grundbuchamt hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

II. Die Beschwerde ist zulässig (§ 71 Abs. 1 GBO) und führt zur Aufhebung der Zwischenverfügung.

1. Das Grundbuchamt vertritt die Ansicht, die ergangene Zwischenverfügung (§ 18 Abs. 1 GBO) entfalte keine rangwahrende Wirkung, weil mit ihr der Zustellnachweis an den Schuldner angefordert und mit dessen Vorlage ein vollstreckungsrechtliches, jedoch kein grundbuchrechtliches Hindernis beseitigt werde. Ob dies zutrifft (hierzu Demharter, GBO, 27. Aufl., § 18 Rz. 11), braucht ebenso wenig entschieden zu werden wie die Frage, ob eine Zwischenverfügung überhaupt erlassen werden kann, wenn sie keine rangwahrende Wirkung hat (vgl. Demharter § 18 Rz. 8). Denn die Zwischenverfügung hat auch inhaltlich keinen Bestand.

2. Des verlangten Nachweises bedarf es nicht, da die Pfändungsverfügung an den Schuldner nicht zugestellt werden muss.

a) Der schuldrechtliche Anspruch auf Übertragung des Eigentums wird gem. §§ 846, 829 ZPO bzw. § 318 Abs. 1 und 3, § 309 AO gepfändet. Die Pfändung kann, wenn für den gepfändeten Anspruch eine Vormerkung eingetragen ist, bei dieser im Wege der Grundbuchberichtigung vermerkt werden (vgl. Demharter Anhang zu § 26 Rz. 50 m.w.N.). Sie wird wirksam mit der Zustellung an den Drittschuldner (§§ 846, 829 Abs. 3 ZPO; vgl. Zöller/Stöber ZPO, 28. Aufl., § 829 Rz. 14; Demharter, a.a.O.).

b) Ist bereits ein Anwartschaftsrecht entstanden, kann auch dieses gepfändet werden. Nach herrschender Meinung wird die Pfändung dann mit der Zustellung des das Verfügungsverbot enthaltenden Pfändungsbeschlusses an den Grundstückskäufer wirksam (vgl. Demharter Anhang zu § 26 Rz. 54). Es kann offen bleiben, ob im vorliegenden Fall ein Anwartschaftsrecht bereits entstanden ist. Dieses hindert nämlich die Pfändung des Eigentumsverschaffungsanspruchs nicht.

c) Mit der Erklärung der Auflassung ist der Grundstücksverkäufer zwar seiner Hauptverpflichtung aus dem Kaufvertrag nachgekommen. Der Eigentumsverschaffungsan-spruch des Grundstückskäufers ist damit aber noch nicht erfüllt. Er besteht bis zur Eintragung des Eigentumswechsels im Grundbuch fort (vgl. BGH NJW 1994, 2947; Demharter Anhang zu § 26 Rz. 56). Außer der Anwartschaft kann daher auch dieser Anspruch weiterhin gepfändet werden (vgl. BayObLG Rpfleger 1986, 48; Demharter, a.a.O.). Die Pfändung des Anwartschaftsrechts bewirkt nicht zugleich eine Pfändung des schuldrechtlichen Anspruchs auf Eigentumsverschaffung und umgekehrt, beide können verschiedene rechtliche Schicksale haben.

Vorliegend wurde ausdrücklich nur der Anspruch aus dem Kaufvertrag gepfändet. Damit müssen auch (nur) die Wirksamkeitsvoraussetzungen der Pfändung des gegen den Verkäufer gerichteten Eigentumsverschaffungsanspruchs vorliegen, weshalb insb. die Zustellung der Pfändungsverfügung an den Drittschuldner genügt...

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