Entscheidungsstichwort (Thema)

Streitwert einer Klage auf Feststellung der Umwandlung eines Darlehensvertrages

 

Leitsatz (amtlich)

Der Streitwert einer Klage, die auf Feststellung der Umwandlung eines zwischen den Parteien geschlossenen Darlehensvertrags in ein Rückgewährschuldverhältnis infolge wirksamen Widerrufs gerichtet ist, bemisst sich grundsätzlich nach dem Nettodarlehensbetrag.

 

Normenkette

ZPO §§ 3, 278 VI, § 9; BGB § 358; GKG § 43

 

Verfahrensgang

LG München I (Beschluss vom 18.11.2015; Aktenzeichen 22 O 7085/15)

 

Tenor

1. Die Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluss des LG München I vom 18.11.2015, Az. 22 O 7085/15, wird zurückgewiesen.

2. Die Entscheidung über den Streitwert ergeht gebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I. Hintergrund des Verfahrens ist ein zwischen den Parteien am 27.3.2008 geschlossener Darlehensvertrag über 1.355.000 EUR, der nicht Teil eines verbundenen Geschäfts im Sinne des § 358 BGB ist.

Nach Neufassung seiner ursprünglich erhobenen Anträge (Bl. 51 d.A.) begehrte der Kläger zuletzt die Feststellung, dass das Darlehensverhältnis infolge wirksamen Widerrufs in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt worden sei (Ziff. I), dass die Beklagte aus dem Darlehensvertrag keine Rechte herleiten könne (Ziff. II) und dass er seit dem 25.2.2015 keine Nutzungsentschädigung mehr schulde (Ziff. III), sowie die Verurteilung der Beklagten, ihre Zustimmung zur Löschung der im Grundbuch eingetragenen Sicherheit zu erteilen (Ziff. IV).

Mit Beschluss vom 18.11.2015 stellte das LG unter Ziff. I das Zustandekommen eines Vergleichs gemäß § 278 VI ZPO fest und setzte unter Ziff. II den Streitwert für das Verfahren und den Vergleich auf 1.355.000 EUR fest (Bl. 80/81 d.A.).

Gegen die Streitwertfestsetzung erhob die Beklagte mit Schriftsatz vom 21.12.2015 (Bl. 84 d.A.) Beschwerde und beantragte die Festsetzung des Streitwerts auf 151.289,94 EUR. Dieser Betrag entspricht nach ihrer Berechnung der Höhe der Zinsen, die der Kläger ab dem Widerruf bis zum Ende der Zinsbindungsfrist ohne den Widerruf hätte zahlen müssen. Der Kläger hält die Streitwertfestsetzung des LG für richtig und verweist auf BGH XI ZR 37/15 sowie OLG Dresden 8 U 1760/14.

Das LG hat mit Beschluss vom 25.1.2016 (Bl. 88 d.A.) der Beschwerde nicht abgeholfen, im Wesentlichen mit der Begründung, die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Streitwert beim Widerruf von Darlehensverträgen bei verbundenen Geschäften sei auf den vorliegenden Fall des Verbraucherkreditvertrags übertragbar. Die zunächst zuständige Einzelrichterin hat das Beschwerdeverfahren wegen seiner Grundsatzbedeutung mit Beschluss vom 4.2.2016 auf den Senat übertragen.

II. Die gemäß § 68 GKG zulässige Beschwerde ist unbegründet, da das LG den Streitwert zutreffend mit der Nettodarlehenssumme angesetzt hat.

1. Die Klage in der Fassung des Schriftsatzes vom 28.9.2015 ist in Ziff. I ausdrücklich auf die Feststellung gerichtet, dass das zwischen den Parteien bestehende Darlehensverhältnis in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt sei.

a) Für diesen in Widerrufsfällen sehr häufig anzutreffenden Klageantrag ist in Rechtsprechung und Literatur hinsichtlich der Streitwertbemessung noch keine einheitliche Linie gefunden worden.

Der BGH hat ausdrücklich bisher nur im Zusammenhang mit verbundenen Finanzierungsgeschäften zum Streitwert Stellung genommen. Danach sei das Interesse des widerrufenden Darlehensnehmers in diesen Fällen darauf gerichtet, so gestellt zu werden, als habe er das Geschäft nicht getätigt; deshalb sei der Streitwert einer auf Rückabwicklung des Geschäfts gerichteten Klage mit der Nettodarlehenssumme (ohne weitere Abschläge) anzusetzen (z.B. BGH vom 7.4.2015 - XI ZR 121/14). Aus der Entscheidung des BGH vom 24.11.2015 - XI ZR 327/15 erscheint der Schluss naheliegend, dass der BGH auch bei nicht verbundenen Kreditverträgen eine Streitwertfestsetzung in Höhe der Nettodarlehenssumme für angemessen hält. In dem dort zugrundeliegenden Fall ging es um einen unverbundenen Verbraucherkreditvertrag. Das Berufungsgericht (OLG Dresden, Urteil vom 11.6.2014 - 8 U 1760/14) setzte den Streitwert ausdrücklich auf die Höhe der Darlehensvaluta fest. Im Rahmen der zunächst erhobenen und dann zurückgenommenen Nichtzulassungsbeschwerde setzte der BGH den Streitwert - ohne weitere Begründung - in derselben Höhe fest.

Die Oberlandesgerichte vertreten zu den nicht verbundenen Verbraucherkreditverträgen derzeit sehr unterschiedliche Ansätze hinsichtlich der Streitwertbemessung. So entschied das OLG Hamburg am 17.7.2015 (6 W 25/15), es sei grundsätzlich auf den Nettodarlehensbetrag abzustellen, abzüglich eines Abschlags in Höhe von 20 %, da es sich im Wesen um eine positive Feststellungsklage handele, die das Vertragsverhältnis als Ganzes betreffe. Deswegen sei es unerheblich, dass über die Rückzahlungspflicht des Darlehensnehmers letztlich kein Streit bestehe; weiter käme es auch nicht darauf an, in welcher Höhe die Darlehensvaluta noch offen sei.

Dagegen stellte das OLG Frankfurt a...

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