Entscheidungsstichwort (Thema)

Honorar des isolierten Sachverständigen im Insolvenzverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

Auf die Leistungen des isolierten Sachverständigen im Insolvenzverfahren ist § 9 Abs. 2 JVEG weder unmittelbar noch analog anwendbar. Sie sind in der Regel der Honorargruppe 7 des § 9 Abs. 1 S. 1 JVEG mit einem Stundenhonorar von 80 EUR zuzurechnen.

 

Normenkette

JVEG § 9 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Ingolstadt (Beschluss vom 06.04.2005; Aktenzeichen 1 R 410/05)

AG Ingolstadt (Aktenzeichen IN 350/04)

 

Tenor

Unter Abänderung des Beschlusses des LG Ingolstadt vom 6.4.2005 wird das Honorar des Sachverständigen Rechtsanwalt ... auf 480 EUR zzgl. Umsatzsteuer festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Beschwerdeführer wurde mit Beschluss des AG - Insolvenzgerichts - Ingolstadt vom 18.8.2004 beauftragt, ein Gutachten darüber zu erstellen, ob die Schuldnerin überschuldet und zahlungsunfähig sei bzw. ob Zahlungsunfähigkeit drohe, welche Aussichten für eine Fortführung des schuldnerischen Unternehmens bestünden und ob das Vermögen zur Deckung der Kosten des Insolvenzverfahrens ausreiche.

Das AG - Insolvenzgericht - Ingolstadt billigte dem Beschwerdeführer mit Beschluss vom 2.2.2005 antragsgemäß ein Honorar i.H.v. 556,80 EUR brutto, ausgehend von einem Stundensatz i.H.v. 80 EUR, zu. Nachdem das AG der hiergegen gerichteten Beschwerde des Bezirksrevisors vom 21.2.2005 mit Beschluss vom 25.2.2005 nicht abgeholfen hatte, setzte das LG Ingolstadt in dem angefochtenen Beschluss die Vergütung des vom Gericht eingesetzten Gutachters auf netto 390 EUR fest, was einem Stundensatz von 65 EUR entspricht.

Hiergegen wendet sich der Sachverständige B. mit seiner weiteren Beschwerde. Er begehrt die Aufhebung des Beschlusses des LG Ingolstadt vom 6.4.2005 und die Festsetzung seiner Vergütung auf netto 480 EUR zzgl. Umsatzsteuer.

Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, der angegriffene Beschluss des LG Ingolstadt vom 6.4.2005 lasse weder eine Auseinandersetzung mit dem konkreten Einzelfall noch eine Ermessensausübung erkennen. Das LG habe zwar zutreffend ausgeführt, dass ein Fall des § 9 Abs. 1 S. 3 JVEG vorliege und die Bestimmung des § 9 Abs. 2 JVEG auf den vorliegenden Fall weder unmittelbar noch analog anzuwenden sei. Fälschlich habe das LG dann jedoch den Stundensatz auf 65 EUR festgesetzt, ohne sich mit dem konkreten Einzelfall auseinander zu setzen. Dies komme einer analogen Anwendung des § 9 Abs. 2 JVEG gleich. Dass ein Stundersatz von 80 EUR für insolvenzgutachterliche Tätigkeiten in aller Regel gerechtfertigt sei, werde heute schon von den meisten Insolvenzgerichten bejaht. Ein Abstellen auf die bisherige Vergütungspraxis sei kein vom Gesetzgeber genanntes Bemessungskriterium.

Hinsichtlich des weiteren Beschwerdevorbringens wird auf den Schriftsatz des Beschwerdeführers vom 20.4.2005 (Bl. 110/115 d.A.) Bezug genommen.

II. Die weitere Beschwerde ist nach Zulassung durch das LG zulässig (§ 4 Abs. 5 JVEG).

Das Rechtsmittel erweist sich auch als begründet.

1. Der Senat kommt, wie bereits das AG - Insolvenzgericht - Ingolstadt im dortigen Beschluss vom 2.2.2005, zum Ergebnis, dass das Honorar des Sachverständigen B., wie von diesem beantragt, auf 480 EUR netto, ausgehend von einem Stundensatz i.H.v. 80 EUR, festzusetzen ist.

a) Das Erstgericht und auch das Beschwerdegericht sind zutreffend davon ausgegangen, dass § 9 Abs. 2 JVEG auf den sog. "isolierten" Sachverständigen weder unmittelbar noch analog angewendet werden kann.

Der Senat hat zwar entschieden, dass § 9 Abs. 2 JVEG auf den Sachverständigen, der zugleich als "schwacher" vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt wurde, unmittelbar anzuwenden ist (OLG München, Beschl. v. 6.4.2005 - 11 W 863/05; Beschl. v. 20.5.2005 - 11 W 1422/05, zum Parallelverfahren ...). Aufgrund des insoweit eindeutigen Wortlauts von § 9 Abs. 2 JVEG kann jedoch eine Anwendung dieser Bestimmung entgegen der vom AG Hamburg vertretenen Auffassung (AG Hamburg v. 28.9.2004 - 67g IN 274/04, NJW-RR 2005, 60) auch auf den isolierten Sachverständigen nicht in Betracht kommen. Von einem gesetzgeberischen Versehen in Form einer planwidrigen Regelungslücke, das eine analoge Anwendung der Bestimmung rechtfertigen würde, kann nicht ausgegangen werden. § 9 Abs. 2 JVEG in seiner nunmehr geltenden Fassung wurde erst aufgrund einer Empfehlung des Rechtsausschusses in das Gesetz aufgenommen. Aus der Begründung der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses (BT-Drucks. 15/2487, 139, 140) ist ersichtlich, dass sich die Regelung nur auf den vorläufigen Insolvenzverwalter beziehen sollte, der gem. § 22 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 InsO mit einer zusätzlichen Sachverständigentätigkeit beauftragt wird. In Anbetracht des Gesetzeswortlauts kann auch das Interesse der Praxis an einer eindeutigen Regelung, dass dem Gesetzgeber ersichtlich bekannt war, eine analoge Anwendung nicht rechtfertigen.

b) Die Leistung des isolierten Sachverständigen im Insolvenzverfahren ist in keiner Honorargruppe des § 9 Abs. 1 i.V.m. dessen Anlage 1 genannt. Die Zuordnung zu einer...

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