Leitsatz (amtlich)
In einem Verfahren der weiteren Beschwerde, in dem der Betroffene die Aufhebung der Betreuung begehrt, ist die Hauptsache erledigt, wenn in zeitlicher Nähe zu der Entscheidung des LG das VormG einen neuen Betreuer mit den gleichen Aufgabenkreisen bestellt.
Normenkette
BGB § 1896; FGG § 27
Verfahrensgang
LG Ansbach (Beschluss vom 10.10.2005; Aktenzeichen 4 T 1219/05) |
AG Ansbach (Aktenzeichen XVII 364/05) |
Tenor
I. Die weitere Beschwerde gegen den Beschluss des LG Ansbach vom 10.10.2005 wird verworfen.
II. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird abgelehnt.
III. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 3.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Für den Betroffenen wurde mit Beschluss des AG vom 19.8.2005 eine Betreuerin bestellt mit den Aufgabenkreisen Gesundheitsfürsorge; Aufenthaltsbestimmung; Vermögenssorge sowie Vertretung ggü. Behörden, Heimen, Versicherungen, Renten- und Sozialleistungsträgern. Das LG bestätigte diese Entscheidung am 10.10.2005. Mit Beschluss vom gleichen Tag entließ das AG die damalige Betreuerin, bestellte die jetzige Betreuerin für den Betroffenen und legte ihre Aufgabenkreise fest, wobei diese inhaltlich denen der früheren Betreuerin entsprachen.
Mit Schreiben vom 4.11.2005 erhoben die Verfahrensbevollmächtigten für den Betroffenen weitere Beschwerde mit dem Ziel der Aufhebung des landgerichtlichen Beschlusses und beantragten Prozesskostenhilfe.
II.1. Die weitere Beschwerde ist mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Aufgrund der Entscheidung des AG vom 10.10.2005 hat sich im Hinblick auf die angegriffene Entscheidung des LG vom gleichen Tag die Hauptsache erledigt.
a) Im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist die Hauptsache erledigt, wenn nach Einleitung des Verfahrens der Verfahrensgegenstand durch ein Ereignis, welches eine Veränderung der Sach- und Rechtslage herbeiführt, weggefallen ist, so dass eine Weiterführung des Verfahrens keinen Sinn mehr hätte, weil eine Sachentscheidung nicht mehr ergehen kann (BGH v. 25.11.1981 - IVb ZB 756/81, MDR 1982, 473 = NJW 1982, 2505 [2506]; BayObLG v. 17.5.1990 - BReg.3 Z 22/90, BayObLGZ 1990, 130 [131]; Bassenge/Herbst/Roth, FGG/RPflG, 10. Aufl., Einl. FGG Rz. 120 f.; Keidel/Kahl, FGG, 15. Aufl., § 19 Rz. 85).
Eine Erledigung der Hauptsache tritt insb. ein, wenn eine gerichtliche Verfügung durch die spätere Fortentwicklung des Verfahrens und insb. eine neue gerichtliche Entscheidung bedeutungslos wird mit der Folge, dass eine Beschwerdeentscheidung über die frühere Verfügung den Beschwerdeführer nicht mehr besser stellen könnte (Wegfall des Rechtsschutzbedürfnisses durch sog. verfahrensrechtliche Überholung; vgl. Keidel/Kahl, FGG, 15. Aufl., § 19 FGG Rz. 87 Stichwort "prozessuale Überholung", m.w.N.). Tritt die Erledigung der Hauptsache bereits vor Einlegung der weiteren Beschwerde ein, so ist dieses Rechtsmittel als unzulässig zu verwerfen (Bassenge/Herbst/Roth, FGG/RPflG, 10. Aufl., Einl. FGG Rz. 130; Keidel/Kahl, FGG, 15. Aufl., § 19 FGG Rz. 93).
b) Die Erledigung der Hauptsache ist hier dadurch eingetreten, dass das VormG mit Beschluss vom 10.10.2005 einen Betreuerwechsel vorgenommen und damit eine neue Rechtsgrundlage für die Betreuung des Betroffenen geschaffen hat. Mit der Bestellung der neuen Betreuerin wurde zugleich deren Aufgabenkreis - wenn auch inhaltlich identisch - festgelegt. Im Hinblick auf den in § 1896 Abs. 1 BGB angelegten Grundsatz der Einheitsentscheidung im Betreuungsrecht hat das AG damit auch die Erforderlichkeit der Betreuung in diesem Umfang bestätigt. Rechtsgrundlage für die Betreuung des Betroffenen ist damit nicht mehr der amtsgerichtliche Beschluss vom 19.8.2005, sondern nur mehr dessen Beschluss vom 10.10.2005. Die im Rechtsmittelverfahren angestrebte Aufhebung des früheren amtsgerichtlichen Beschlusses kann den Betroffenen nicht mehr besser stellen, weil die Betreuung auf der Basis des amtsgerichtlichen Beschlusses vom 10.10.2005, der nicht Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens ist und damit nicht der Aufhebung unterliegt, weitergeführt würde. Das Rechtsschutzbedürfnis für das Verfahren der weiteren Beschwerde ist damit entfallen.
c) Da die Erledigung der Hauptsache bereits vor Einlegung der weiteren Beschwerde eingetreten ist, ist das Rechtsmittel daher als unzulässig zu verwerfen. Einen Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Entscheidungen des AG vom 19.8.2005 und des LG vom 10.10.2005 hat der Verfahrensbevollmächtigte, der vom Berichterstatter auf die Erledigung der Hauptsache hingewiesen wurde, nicht gestellt. Ob ein solcher Antrag hier zulässig wäre, kann daher offen bleiben.
2. Die weitere Beschwerde wäre im Übrigen auch unbegründet.
a) Die von dem Betroffenen gegen den festgestellten Sachverhalt und die Krankheitsdiagnose erhobenen Einwendungen greifen nicht durch. Rechtsfehlerfrei hat das LG die medizinischen Voraussetzungen der Betreuungsbedürftigkeit nach § 1896 Abs. 1 S. 1 BGB festgestellt. Es durfte...