Leitsatz (amtlich)
1. Zulässigkeit eines Antrags zur Durchführung des Verfahrens zum Aufgebot von Nachlassgläubigern.
2. An den Nachweis der ErbensteIlung als Voraussetzung der Antragsbefugnis dürfen keine überzogenen Anforderungen gestellt werden.
Normenkette
BGB § 1970; FamFG § 434 Abs. 1, § 455
Verfahrensgang
AG Landsberg a. Lech (Beschluss vom 21.04.2015; Aktenzeichen 60 UR II 17/14) |
Tenor
1. Auf die Beschwerde des Beteiligten wird der Beschluss des AG Landsberg am Lech vom 21.4.2015 aufgehoben. Aufgehoben wird auch der Beschluss vom 24.4.2015 zur Geschäftswertfestsetzung.
2. Das AG Landsberg am Lech wird angewiesen, auf den Antrag des Beteiligten das Aufgebotsverfahren zur Ausschließung von Nachlassgläubigern gemäß § 1970 BGB durchzuführen.
3. Dem Beteiligten wird für das Aufgebotsverfahren zur Ausschließung von Nachlassgläubigern gemäß § 1970 BGB vor dem AG Landsberg am Lech Verfahrenskostenhilfe rückwirkend auf den Zeitpunkt der AntragsteIlung bewilligt.
4. Zur Wahrung seiner Rechte wird dem Beteiligten Rechtsanwalt Florian Ress, Schmidstraße 113, 86633 Neuburg an der Donau, als Verfahrensbevollmächtigter beigeordnet.
5. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Im Nachlassverfahren nach dem am 31.7.2013 verstorbenen Erblasser Peter Albrecht B. erklärte für den Beteiligten dessen Betreuerin am 16.9.2014 bezugnehmend auf zwei vorausgegangene Anschreiben des Nachlassgerichts, mit denen der Beteiligte über den Anfall der Erbschaft kraft gesetzlicher Erbfolge unterrichtet worden war, zu Protokoll die Ausschlagung der Erbschaft aus jedem Berufungsgrunde. Das Betreuungsgericht teilte am 25.9.2014 zur beantragten gerichtlichen Genehmigung der Erbausschlagung mit Blick auf Vermögenswerte im Nachlassbestand mit, nach derzeitigem Kenntnisstand könne eine solche nicht erteilt werden. Daraufhin erklärte der Beteiligte mit Anwaltsschriftsatz vom 15.10.2014 gegenüber dem Nachlassgericht ausdrücklich, die Erbschaft anzunehmen. Gleichzeitig stellte er den Antrag, ein Aufgebotsverfahren gemäß §§ 1970 ff. BGB durchzuführen und ihm hierfür unter Anwaltsbeiordnung Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen. Ein Verzeichnis der Nachlassgläubiger lag dem Antrag bei.
Gegenüber dem zuständigen Zivilgericht ergänzte der Beteiligte seinen Antrag und teilte mit, der Erblasser sei sein Vater. Da die gewillkürten Erben und sodann auch die Geschwister als gesetzliche Erbprätendenten die Erbschaft ausgeschlagen hätten, bestehe die Vermutung, dass der Nachlass überschuldet sei.
Bereits mit Beschluss vom 14.10.2014 hatte das Nachlassgericht für die unbekannten Erben Nachlasspflegschaft angeordnet. Der Wirkungskreis umfasst die Sicherung und Verwaltung des Nachlasses sowie die Ermittlung der Erben. Wegen der nicht abgeschlossenen Erbenermittlung vertrat das AG im Aufgebotsverfahren die Ansicht, der Beteiligte habe seine Antragsberechtigung nicht ausreichend nachgewiesen. Den dennoch aufrechterhaltenen Antrag wies das AG am 21.4.2015 unter gleichzeitiger Ablehnung von Prozesskostenhilfe als unzulässig zurück mit der zusätzlichen Begründung, parallel zu dem inzwischen von der Nachlasspflegerin beantragten Aufgebotsverfahren sei ein weiteres Verfahren für den Antragsteller nicht zulässig.
Gegen diese am 24.4.2015 zugestellte Entscheidung wendet sich der Beteiligte mit seiner Beschwerde vom 6.5.2015. Das AG hat dem Rechtsmittel unter Bezugnahme auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung nicht abgeholfen.
II. Die gemäß § 11 Abs. 1 RPflG, §§ 58, 59 Abs. 1 und 2, §§ 63, 64 FamFG sowie § 76 Abs. 2 FamFG i.V.m. § 567 Abs. 1, § 127 Abs. 2 ZPO zulässige Beschwerde ist begründet. Der Beteiligte ist als Erbe zur Antragstellung berechtigt (unter 1.) und wegen des auch von der Nachlasspflegerin gestellten Aufgebotsantrags nicht daran gehindert, selbst eine Antrag zu stellen und aufrechtzuerhalten (unter 2.). Der beantragten Durchführung des Aufgebotsverfahrens stehen auch keine sonstigen Gründe entgegen (unter 3.). Bei dieser Sachlage ist dem Beteiligten Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen (unter 4.).
1. Gemäß § 455 FamFG ist unter den dort genannten weiteren Voraussetzungen jeder Erbe befugt, den verfahrenseinleitenden Antrag, § 434 Abs. 1 FamFG, zu stellen.
a) Antragsbefugnis im Sinne des § 455 FamFG ist bereits dann zu bejahen, wenn der Antragsteller seine Erbenstellung schlüssig darlegt und sich für das Aufgebotsgericht und in der Beschwerdeinstanz an dessen Stelle für das Beschwerdegericht nach Verwertung der präsenten Erkenntnisquellen keine durchgreifenden Zweifel an dessen ErbensteIlung ergeben (OLG Hamm FGPrax 2012, 90; Bumiller/Harders FamFG 11. Aufl. § 455 Rn. 6; Joachim in Burandt/Rojahn Erbrecht 2. Aufl. § 1970 BGB Rn. 5).
An der Erbenstellung des Beteiligten bestehen in diesem Sinne keine Zweifel. Ausweislich der aus der Nachlassakte bekannten und dem Beteiligten zuzurechnenden Erklärungen, welche die Betreuerin zur Niederschrift des Nachlassgerichts am 16.9.2014 abgegeben hat, ferner des Schreibens des Bet...