Entscheidungsstichwort (Thema)
Forderung
Tenor
Bei dem Beschluß vom 22. Juni 1988 hat es sein Bewenden.
Tatbestand
I.
Im anhängigen Rechtsstreit hat der Senat am 22.6.1988 einen Beweisbeschluß dahingehend erlassen, daß ein schriftliches Rechtsgutachten einzuholen ist und mit der Erstattung dieses Gutachtens Herrn … beauftragt. Mit Schriftsatz vom 29.7.1988, eingegangen bei Gericht am 1.8.1988, haben die Kläger gegen diesen Beweisbeschluß Gegenvorstellung erhoben.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige Gegenvorstellung der Kläger hat sachlich keinen Erfolg. Auch unter Berücksichtigung des Vorbringens der Kläger im Schriftsatz vom 29.7.1988, das der Senat eingehend geprüft hat, hält der Senat an dem erlassenen Beweisbeschluß fest. Entgegen der Auffassung der Kläger stehen dem Beweisbeschluß weder prozessuale noch europarechtliche Gesichtspunkte entgegen. Im einzelnen gilt folgendes:
1) Zu Unrecht sind die Kläger der Auffassung, daß dem erlassenen Beweisbeschluß prozessuale Gründe entgegenstehen. Vielmehr rechtfertigt sich die Einholung des Sachverständigengutachtens unter dem Gesichtspunkt des § 293 ZPO. Zwar ist sicherlich zutreffend, daß die Kenntnis des allgemein gültigen, in der Bundesrepublik Deutschland geltenden deutschen Rechts nach dem Grundsatz iura novit curia vom Richter bedingungslos gefordert wird (Zöller ZPO 15. Aufl. § 293 Anm. 1). Zu diesem Recht gehört jedoch nicht der Vertrag über die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWGV). Nach einhelliger Auffassung im Schrifttum fällt unter den Begriff des inländischen Rechts lediglich das durch Zustimmungsgesetz übernommene Recht der Europäischen Gemeinschaften (Zöller § 293 Anm. 1; Baumbach/Lauterbach ZPO 46. Aufl. § 293 Anm. 2). Darunter gehört unstreitig der Vertrag über die EWG gerade nicht. Der Senat folgt insoweit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, wonach Europäisches Gemeinschaftsrecht weder Bestandteil der nationalen Rechtsordnung noch Völkerrecht, sondern eine eigenständige Rechtsordnung ist, die aus einer autonomen Rechtsquelle fließt (BVerfGE 37, 271/277 f; 31, 145/173; 22, 293/296). Daraus folgt, daß innerstaatliche Rechtsordnung und Gemeinschaftsrecht als selbständige Rechtskreise voneinander unabhängig und nebeneinander bestehen (BVerfGE 37, 271/278). Dabei ist ohne jegliche Bedeutung, daß die Vorschriften des EWG-Vertrags unmittelbar in den Mitgliedstaaten, d.h. ohne vorherige Transformation gelten. Entscheidend für die Abgrenzung des § 293 ZPO ist allein, ob das fragliche Recht von der Rechtsquelle her gesehen innerstaatlich ist oder nicht (vgl. Baumbach/Lauterbach § 293 Anm. 1). Nach alledem bestehen keinerlei Bedenken, daß der Senat im Rahmen des § 293 ZPO für die Rechtsnamen des EWG-Vertrags die Einholung eines Rechtsgutachtens angeordnet hat (vgl. BGH NJW 1975, 2143; OLG München NJW 1976, 489).
2) Zu Unrecht wenden sich die Kläger auch gegen die Person des vom Senat beauftragten Gutachters. Entgegen der Meinung der Kläger ist keinesfalls ein völkerrechtliches Institut mit der Erstattung des Gutachtens beauftragt. Insoweit handelt es sich bei dem Beweisbeschluß lediglich um die Adresse von Herrn … der als geschäftsführender Vorstand des Instituts für Internationales Recht an der Universität München auch das Institut für Völkerrecht mitleitet. Dieser Umstand ist im Vorlesungsverzeichnis der … zu München für das Sommersemester 1988 unschwer zu entnehmen. Herr … vertritt an der Universität München seit Jahren das Europarecht in der Vorlesung und ist dem Senat als kompetenter Fachmann auf diesem Rechtsgebiet bekannt. Dagegen vermag sich der Senat der Anregung der Kläger, Herrn … als Gutachter zu bestellen, nicht anzuschließen. Zunächst ist klarzustellen, daß die Auswahl des konkreten Sachverständigen im Ermessen des Gerichts liegt (Thomas/Putzo ZPO 15. Aufl. § 404 Anm. 1 b). Im übrigen erscheint es dem Senat wenig sachgerecht, Herrn … als Gutachter zu bestellen, nachdem die Kläger im anhängigen Verfahren ein diesbezügliches Privatgutachten von Herrn … vorgelegt haben.
Nach alledem war die in jeder Hinsicht völlig unbegründete Gegenvorstellung gegen den Beweisbeschluß des Senats vom 22.6.1988 zurückzuweisen.
Auf Antrag der Kläger verlängert das Gericht letztmals die Frist zur Einzahlung des Auslagenvorschusses bis 16.9.1988. Danach wird der Senat allerdings ohne jegliches erneutes Zuwarten im Rahmen des § 144 ZPO das Rechtsgutachten von Amts wegen anfordern, ohne Rücksicht darauf, ob bis zu diesem Zeitpunkt der Auslagenvorschuß einbezahlt worden ist oder nicht. Nach § 144 ZPO kann nämlich ein Gutachten auch ohne Auslagenvorschuß der jeweiligen Partei erholt werden (BGH FamRZ 1969, 477; RGZ 109, 66; RGZ 155, 39; Zöller § 144 Anm. 1).
Fundstellen
Haufe-Index 1600516 |
IPRspr. 1988, 4 |