Leitsatz (amtlich)
Im Verfahren auf Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Schiedsspruchs verbleibt es für das Rechtsbeschwerdeverfahren bei der Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 RVG-VV; eine entsprechende Anwendung des Unterabschnitts 2 (Vorbem. 3.2.2 Nr. 1 Buchst. a), der die Vollstreckbarerklärung ausländischer Titel betrifft und Verfahrensgebühren nach Nr. 3206 mit Nr. 3208 zur Folge hätte, kommt nicht in Betracht.
Normenkette
RVG-VV Teil 3 Abschn. 1 Vorbem. 3.1; RVG-VV Unterabschnitt 2 Vorbem. 3.2.2 Nr. 1 Buchst. a
Tenor
I. Die Erinnerung der Antragstellerin gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin des OLG München vom 30.10.2012 wird zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Erinnerungsverfahrens.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
III. Mit Beschluss vom 14.11.2011 erklärte der Senat einen am 27.1.2011 in Zürich/Schweiz ergangenen Schiedsspruch, mit dem die Antragsgegnerin zur Zahlung von 7.740.023.20 EUR nebst Zinsen verurteilt wurde, für vollstreckbar. Die dagegen eingelegte Rechtsbeschwerde verwarf der BGH mit Beschluss vom 13.9.2012 auf Kosten der Antragsgegnerin als unzulässig und setzte den Beschwerdewert auf 7.740.023.20 EUR fest (Az. III ZB 75/11).
Am 31.10.2012 hat die Antragstellerin Kostenfestsetzung hinsichtlich des Rechtsbeschwerdeverfahrens vor dem BGH beantragt und dabei eine 2,3-Verfahrensgebühr entsprechend Vorbem. 3.2.2 Nr. 1 Buchst. a i.V.m. Nrn. 3206, 3208 RVG-VV geltend gemacht. Von dem mitsamt Pauschale nach Nr. 7002 RVG-VV sich errechnenden Betrag von 56.935,80 EUR hat die Antragsgegnerin bereits 32.189,80 EUR erstattet, so dass die Antragstellerin die Festsetzung i.H.v. noch 24.746 EUR beantragt hat.
Mit Beschluss vom 10.12.2012 hat die Rechtspflegerin den Antrag zurückgewiesen mit der Begründung, gemäß Vorbem. 3.1 Abs. 2 RVG-VV falle für die Rechtsbeschwerde nach § 1065 ZPO eine Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 RVG-VV i.H.v. 1,3 an. Teil 3 Abschnitt 1 RVG-VV finde als Auffangvorschrift Anwendung, da in den folgenden Abschnitten des Teils 3 besondere Gebühren nicht vorgesehen seien. Eine erhöhte Gebühr nach Nr. 3206 i.V.m. Nr. 3208 RVG-VV entstehe nicht, da es sich um keinen gerichtlichen ausländischen Titel, sondern um einen ausländischen Schiedsspruch handle.
Gegen diese am 12.12.2012 zugestellte Entscheidung hat die Antragstellerin am 27.12.2012 Erinnerung eingelegt mit dem Antrag, die Kosten in der geltend gemachten Höhe festzusetzen und hilfsweise die Rechtsbeschwerde zum BGH zuzulassen.
Die Erinnerung wird damit begründet, dass Teil 3 Abschnitt 2 Unterabschnitt 2 zutreffend anzuwenden sei. Dort heiße es in der Vorbemerkung, dass dieser Unterabschnitt auch anzuwenden sei
1. im Verfahren über Rechtsbeschwerden
a) in Verfahren über Anträge auf Vollstreckbarerklärung ausländischer Titel oder auf Erteilung der Vollstreckungsklausel zu ausländischen Titeln sowie Anträge auf Aufhebung oder Abänderung der Vollstreckbarerklärung oder der Vollstreckungsklausel, ...
Der Unterabschnitt sei durch das FGG-Reformgesetz vom 17.12.2008 (BGBl. I 2586) neu gefasst worden. Die dort aufgeführten Rechtsbeschwerdeverfahren vor dem BGH würden als rechtlich anspruchsvoll gelten, daher die 2,3-Gebühr rechtfertigen. Die Bezeichnung "Vollstreckbarerklärung ausländischer Titel" beziehe bei objektiver Auslegung Verfahren zur Vollstreckbarerklärung ausländischer Schiedssprüche mit ein. Dies folge aus den §§ 722, 794, 1061 ZPO. Werde die Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Gerichtsurteils erfasst, könne für die Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Schiedsspruchs nichts anderes gelten. Denn die Rechtsbeschwerde sei in diesem Fall nicht weniger aufwendig oder anspruchsvoll. Die Vorbem. 3.1 Abs. 2 RVG-VV sei teleologisch zu reduzieren. Denn es bestehe eine verdeckte Regelungslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes. Das Rechtsbeschwerdeverfahren im Zusammenhang mit einem Antrag auf Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Schiedsspruchs nach § 1061 ZPO entspreche in Schwierigkeitsgrad und Anforderungen sämtlichen Verfahren, die in Teil 3 Abschnitt 2 Unterabschnitt 2 aufgeführt seien. Die teleologische Reduktion sei daher eine notwendige Folge des verfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgebots. Nr. 3100 RVG-VV beziehe sich daher nicht auf Rechtsbeschwerdeverfahren nach § 1065 ZPO, die die Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Schiedsspruchs beträfen.
Die Antragsgegnerin ist der Meinung, bereits aus dem eindeutigen Wortlaut der Bestimmung in Vorbem. 3.1 Abs. 2 RVG-VV i.V.m. Nr. 3100 RVG-VV ergebe sich, dass die erstinstanzliche 1,3-Verfahrensgebühr auch für das Rechtsbeschwerdeverfahren gelte. Schiedssprüche seien gerade keine Titel, anders als ausländische Gerichtsentscheidungen auch nicht im Ursprungsland. Damit komme allenfalls eine analoge Anwendung der Vorbem. 3.2.2 Abs. 1 Buchst. a RVG-VV in Betracht. Die für eine analoge Anwendung erforderliche Regelungslücke liege aber nicht vor. Wegen des eindeutigen Willens des Gesetzgebers ...