Entscheidungsstichwort (Thema)

Nur bei tatsächlich erfolgtem Neukauf erfolgt Abrechnung auf Neuwagenbasis

 

Verfahrensgang

LG Landshut (Urteil vom 23.07.2009; Aktenzeichen 73 O 1069/09)

 

Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Klägerin vom 28.8.2009 gegen das Endurteil des LG Landshut vom 23.7.2009 durch einstimmigen Beschluss gem. § 522 II 1 ZPO wegen fehlender Erfolgsaussicht zurückzuweisen.

Weder eine grundsätzliche Bedeutung der Sache noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Senats aufgrund mündlicher Verhandlung.

2. Es wird hiermit Gelegenheit zur Stellungnahme zu der beabsichtigten Entscheidung bis zum 6.11.2009 gegeben (§ 522 II 2 ZPO).

Wichtige Hinweise:

  • Die vorstehende Frist kann nur ganz ausnahmsweise aufgrund eines schriftlichen, eingehend begründeten und hinsichtlich des tatsächlichen Vortrags nach Maßgabe des § 294 I ZPO glaubhaft gemachten Antrags verlängert werden (vgl. zu den strengen Anforderungen an eine Verlängerung der Hinweisreplikfrist OLG Rostock OLG-NL 2004, 228 und NJOZ 2004, 680).
  • Der Hinweis nach § 522 II 2 ZPO dient nicht der Verlängerung der gesetzlichen Berufungsbegründungsfrist (OLG Koblenz NJOZ 2007, 698; Senat in st.Rspr., grdl. Beschl. v. 17.9.2008 - 10 U 2272/08; Eichele/Hirtz/Oberheim, Berufung im Zivilprozess, 2. Aufl. 2008, Kap. XIV Rz. 49 m.w.N.); neuer Sachvortrag ist nur in den Grenzen der §§ 530, 531 II 1 ZPO zulässig (BGHZ 163, 124 = NJW 2005, 3067), wobei die Voraussetzungen des § 531 II 1 ZPO glaubhaft zu machen sind (§ 531 II 2 ZPO).

3. Nach Sachlage empfiehlt es sich, zur Vermeidung unnötiger weiterer Kosten die Rücknahme der Berufung binnen dieser Frist zu prüfen (im Falle einer Rücknahme ermäßigt sich gem. Nr. 1222 Satz 2 KV-GKG die Gebühr für das Verfahren im Allgemeinen von 4,0 auf 2,0).

 

Gründe

Eine Berufung kann nur darauf gestützt werden, dass die erstinstanzliche Entscheidung auf einer Rechtsverletzung beruht (§ 513 I Fall 1 i.V.m. § 546 ZPO) oder die Tatsachenfeststellung unrichtig ist (§ 513 I Fall 2 i.V.m. § 529 I Nr. 1 ZPO) oder neue berücksichtigungsfähige Angriffs- und Verteidigungsmittel vorliegen (§ 513 I Fall 2 i.V.m. §§ 529 I Nr. 2, 531 II ZPO).

Dabei hat eine Berufung nur dann Aussicht auf Erfolg i.S.v. § 522 II 1 Nr. 1 ZPO, wenn eine Abänderung des Ersturteils zugunsten des Berufungsführers zu erwarten ist, was nur bei einem durchgreifenden Fehler des Ersturteils zu bejahen ist.

1. Eine Abänderung des angefochtenen Urteils kommt allein schon deswegen nicht in Betracht, weil der BGH die bisher umstrittene Frage, ob eine Abrechnung auf Neuwagenbasis eine tatsächliche Neuanschaffung erfordert, mit zutreffenden Argumenten bejahend entschieden hat (BGH v. 9.6.2009, MDR 2009, 979 ff.). Die Klage ist nach dieser Entscheidung bereits deswegen unbegründet, weil sich die Klägerin bis heute nicht zu einer Neuanschaffung entschlossen hat.

Für eine Abrechnung auf Neuwagenbasis genügt es auch nicht, dass die Klägerin vorträgt, bisher eine Neuanschaffung nur aus finanziellen Gründen unterlassen zu haben.

Der BGH sieht im Schadensersatz auf Neuwagenbasis eine Ausnahme und gewährt eine Kostenerstattung deshalb auch nur unter besonders engen Voraussetzungen. Er führt hierzu in der zitierten Entscheidung aus: "Die mit dem erhöhten Schadensausgleich einhergehende Anhebung der 'Opfergrenze' des Schädigers ist allein zum Schutz dieses besonderen Interesses des Geschädigten gerechtfertigt. Dies gilt aber nur dann, wenn der Geschädigte im konkreten Einzelfall tatsächlich ein solches Interesse hat und dieses durch den Kauf eines Neufahrzeugs nachweist. Nur dann ist die Zuerkennung einer den Reparaturaufwand übersteigenden und damit an sich unwirtschaftlichen Neupreisentschädigung mit dem Wirtschaftlichkeitsgebot und dem Bereicherungsverbot zu vereinbaren."

2. Soweit die Berufungsführerin unter Wiederholung ihres bereits erstinstanziellen Vortrags eine eventuelle "Umstellung" des Klageantrags in einen Feststellungsantrag andeutet, weist der Senat schon jetzt darauf hin, dass dem Erfolg einer solchen "Umstellung" erhebliche Bedenken entgegenstehen und eine entsprechende Antragsänderung entsprechend gründlich zu begründen wäre.

Ein Übergang von einer Leistungsklage in eine Feststellungsklage ist zwar in Form einer Klagebeschränkung oder einer Klageerweiterung generell zulässig. Der Erfolg einer "Umstellung" mit der angekündigten Zielrichtung "für den Fall der Ersatzbeschaffung" stößt dagegen auf erhebliche Zweifel. Die Begründetheit eines solchen Antrags würde ebenfalls voraussetzen, dass ein besonderes Interesse an der Benutzung eines Neuwagens schon jetzt nachgewiesen wird. Die tatsächliche Neuanschaffung ist für den BGH nicht die Bedingung einer Abrechnung auf Neuwagenbasis, sondern das notwendige Beweismittel um das erforderliche Integritätsinteresse nachzuweisen. Mit den aktuellen Tatsachengrundlagen lässt sich damit der vom Kläger auch für eine Feststellungsklage geschuldete Beweis des besonde...

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