Leitsatz (amtlich)
Auch für den Vollstreckungsbescheid gilt, dass er als für das Grundbuchverfahren tauglicher Titel das Gemeinschaftsverhältnis mehrerer Gläubiger hinreichend bestimmt bezeichnen muss. Ohne ausdrückliche Angabe zum Gemeinschaftsverhältnis im Titel hat das Grundbuchamt vor dem Erlass einer Zwischenverfügung zu prüfen, ob sich dieses durch Auslegung unzweideutig ermitteln lässt.
Normenkette
BGB §§ 133, 420, 428, 430; GBO § 47 Abs. 1; ZPO § 690 Abs. 1 Nr. 3, § 692 Abs. 1 Nr. 1, § 699 Abs. 1 S. 1, § 867
Verfahrensgang
AG Starnberg - Grundbuchamt |
Tenor
Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1 und 2 wird die Zwischenverfügung des AG Starnberg - Grundbuchamt - vom 2.4.2015 aufgehoben, soweit mit ihr aufgegeben wird, einen Beschluss des Mahngerichts zur Vervollständigung des Titels vorzulegen, aus dem sich das Anteilsverhältnis der Gläubiger ergibt.
Gründe
I. Am 14.3.2014 erließ das AG - Zentrales Mahngericht - auf Antrag der Beteiligten zu 1 und 2 einen Vollstreckungsbescheid gegen Herrn Sch.-K. über die Gesamtsumme von 24.250,40 EUR (Hauptsache zuzüglich Verfahrenskosten und Nebenforderungen). Als Antragsteller sind im Vollstreckungsbescheid die Beteiligten zu 1 und 2 ausgewiesen, beide vertreten durch einen gemeinsamen Verfahrensbevollmächtigten. Mit Schriftsatz des ausgewiesenen Verfahrensbevollmächtigten vom 18.3.2015 beantragten die Beteiligten zu 1 und 2 als Gesamtgläubiger zu ihren Gunsten die Eintragung einer Zwangshypothek auf dem Grundstück des Schuldners unter Vorlage einer Vollmacht, einer Ausfertigung des Vollstreckungsbescheids und einer Forderungsaufstellung, zuletzt in bezifferter Höhe von 24.550,69 EUR.
Am 2.4.2015 hat das Grundbuchamt eine fristsetzende Zwischenverfügung erlassen, mit der - soweit hier noch erheblich - aufgegeben wurde, einen Beschluss des Mahngerichts zur Vervollständigung des Titels vorzulegen, aus dem sich das Anteilsverhältnis der Gläubiger ergebe. Auch nach Vorlage einer notariell beglaubigten Erklärung der Beteiligten zu 1 und 2, wonach sie bewilligen und beantragen, zu gleichen Teilen als Berechtigte eingetragen zu werden, hat das AG - Grundbuchamt - seine Zwischenverfügung aufrecht erhalten.
In der am 23.9.2015 eingelegten Beschwerde machen die Beteiligten zu 1 und 2 geltend, die fehlende Angabe eines Aufteilungsverhältnisses hindere die Eintragung nicht, da der Titel entsprechend auszulegen sei. Dessen Angabe im Vollstreckungsbescheid sei wegen des maschinellen Mahnverfahrens nach Mitteilung des Mahngerichts nicht möglich.
Das Grundbuchamt hat dem Rechtsmittel am 25.9.2015 nicht abgeholfen. Eine Auslegung sei mangels eines eindeutigen Ergebnisses nicht möglich; denn als dessen Ergebnis komme Gesamtgläubigerschaft oder Teilgläubigerschaft in Betracht. Eine Bestimmung durch die Gläubiger scheide aus, da die Bewilligung im Grundbuchverfahren durch den verlierenden und nicht den gewinnenden Teil abzugeben sei. Im Übrigen könne die EDV für das Recht nicht Vorgaben schaffen, die mit der Rechtsordnung nicht in Einklang zu bringen seien.
II. Die Beschwerde ist erfolgreich.
1. Das Rechtsmittel ist als Grundbuchbeschwerde nach § 11 Abs. 1 RPflG i.V.m. § 71 Abs. 1 GBO statthaft. Die Beschwerde nach § 71 GBO ist auch dann das zutreffende Rechtsmittel, wenn die Entscheidung im Rahmen der Zwangsvollstreckung ergangen ist. Insoweit stehen die Rechtsbehelfe aus dem Zwangsvollstreckungsverfahren nämlich nicht zur Verfügung (Senat vom 28.7.2011, 34 Wx 295/11 = FamRZ 2012, 577; Hügel/Kramer GBO 2. Aufl. § 71 Rn. 84).
2. Das Rechtsmittel ist begründet. Das vom Grundbuchamt angeführte Hindernis ist - sollte es bestehen - ein grundbuchrechtliches (vgl. § 47 Abs. 1 GBO; Demharter GBO 29. Aufl. § 47 Rn. 13 f.), so dass dessen Beseitigung grundsätzlich in einer Zwischenverfügung (§ 18 Abs. 1 GBO) aufgegeben werden konnte. Die Zwischenverfügung ist jedoch aufzuheben, weil eine Auslegung des Titels (§ 133 BGB), die im Beschwerdeverfahren als zweiter Tatsacheninstanz der Senat anstelle des Grundbuchamts vornimmt (Budde in Bauer/von Oefele GBO 3. Aufl. § 77 Rn. 15), Zweifel an seinem Inhalt ausräumt. Eine Entscheidung über den Eintragungsantrag selbst hat der Senat nicht zu treffen.
a) Weil die Zwangsvollstreckung durch Eintragung einer Sicherungshypothek (§ 867 ZPO) im Grundbuchverfahren vollzogen wird, nimmt das Grundbuchamt diese als Vollstreckungsorgan vor. Es hat dabei sowohl die vollstreckungsrechtlichen Voraussetzungen der ZPO als auch die grundbuchrechtlichen Voraussetzungen der GBO zu prüfen (zuletzt Senat vom 30.9.2015, 34 Wx 280/15; vgl. Demharter Anhang zu § 44 Rn. 67). Die vollstreckungsrechtliche Prüfung erstreckt sich darauf, ob ein Titel mit vollstreckungsfähigem Inhalt - nebst Klausel, soweit eine solche erforderlich ist - vorliegt, weiter ob der Titel zugestellt ist oder besondere Vollstreckungsvoraussetzungen nachgewiesen sind, der Mindestbetrag des § 866 Abs. 3 ZPO erreicht ist und im Übrigen, ob keine Vollstreckungshindernisse nach § 775 ZPO bestehen (Hügel/Wilsch Zwangssich...