Entscheidungsstichwort (Thema)

Klageänderung: Neuer Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe

 

Leitsatz (amtlich)

Im Falle einer Klageänderung umfasst die davor ergangene Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht die abgeänderte Klage. Es ist vielmehr ein neuer Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu stellen, bei dem erneut die Erfolgsaussichten der nunmehr angestrebten Rechtsverfolgung bzw. Rechtsverteidigung zu prüfen sind (19 W 1454/04).

 

Normenkette

ZPO §§ 114, 767

 

Verfahrensgang

LG Passau (Beschluss vom 29.03.2004; Aktenzeichen 4 O 954/02)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des LG Passau vom 29.3.2004 wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens.

3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin, die nach erfolgter Klageänderung erneut die Bewilligung von Prozesskostenhilfe begehrt, ließ am 13.9.2002 Vollstreckungsgegenklage mit dem Antrag erheben, das Zwangsversteigerungsverfahren bei dem AG Passau wird für unzulässig erklärt. Sie ist ausweislich des Grundbuchauszugs seit dem 12.1.2000 als Eigentümerin des streitgegständlichen Grundstücks im Grundbuch eingetragen. Aus diesem Grundbuchauszug ergibt sich auch, dass die Grundschulden für die Beklagte bereits am 8.9.1976 und am 10.2.1988 eingetragen wurden und noch eingetragen sind. Ihre Vollstreckungsgegenklage ließ sie im Wesentlichen darauf stützen, dass die Darlehensverträge zwischen der Beklagten und ihrem Vater sowie die Grundschuldbestellungsurkunden nichtig seien. Das LG Passau bewilligte der Klägerin mit Beschluss vom 9.12.2002 für die erhobene Vollstreckungsgegenklage Prozesskostenhilfe. Mit den Verfügungen vom 23.10. und 20.11.2003 wies das LG Passau die Parteien darauf hin, dass nach seiner Auffassung die erhobene Vollstreckungsgegenklage unzulässig sei. Daraufhin ließ die Klägerin durch den Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 8.12.2003 mitteilen, dass die ursprünglich erhobene Vollstreckungsgegenklage in eine Drittwiderspruchsklage abgeändert werde. Entsprechend dieser Klageänderung berief sich die Klägerin nunmehr vor allem darauf, mit dem notariellen Kaufvertrag vom 26.10.1999 das streitgegenständliche Grundstück von ihrem Vater gekauft und von dem laufenden Zwangsversteigerungsverfahren nichts gewusst zu haben. Mit der Behauptung, sie habe gutgläubig lastenfreies Eigentum an dem streitgegenständlichen Grundstück erworben, ließ die Klägerin am 4.3.2004 durch ihren Prozessbevollmächtigen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Drittwiderspruchsklage stellen, den das LG Passau mit Beschluss vom 29.3.2004 zurückwies.

II. Die zulässige sofortige Beschwerde der Klägerin führt nicht zum Erfolg, da nach erfolgter Klageänderung das Vorliegen der Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe erneut zu prüfen ist und da die von der Klägerin beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet.

Der BGH hat in seinem Beschluss vom 22.9.2005 (BGH, Beschl. v. 22.9.2005 - IX ZR 163/04) ausgeführt, dass bei einem weiteren Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe, der nach erfolgter Klageänderung gestellt werde, erneut die Erfolgsaussichten der nunmehr angestrebten Rechtsverfolgung bzw. Rechtsverteidigung zu prüfen seien. Dies hat der BGH damit begründet, dass die in § 114 ZPO vorgeschriebene Prüfung der Erfolgsaussichten sinnlos wäre, wenn der Antragsteller nach der Bewilligungsentscheidung beliebig einen anderen Lebenssachverhalt oder einen anderen Antrag "nachschieben" könnte. Deshalb umfasse die bisherige Bewilligungsentscheidung im Falle der Klageänderung den neuen Antrag nicht.

Bei dem Wechsel von der Vollstreckungsgegenklage zur Drittwiderspruchsklage liegt zwingend eine Klageänderung vor, da der Erfolg dieser Klagen von verschiedenen Umständen abhängt. Bei der Vollstreckungsgegenklage sind gem. § 767 Abs. 1 ZPO Einwendungen zu erheben, die den durch das Urteil oder einen anderen Vollstreckungstitel festgestellten Anspruch selbst betreffen. Im Falle der Drittwiderspruchsklage muss der Kläger behaupten, dass ihm an dem Gegenstand der Zwangsvollstreckung ein die Veräußerung hinderndes Recht zustehe. Während die Vollstreckungsgegenklage die Vollstreckbarkeit des Titels als solchen angreift, richtet sich die nunmehr erhobene Drittwiderspruchsklage gegen die Vollstreckung in einen konkreten Gegenstand und lässt den Titel als solchen unberührt. Die Klägerin hat sich deshalb bei der Erhebung ihrer Vollstreckungsgegenklage auch auf eine angebliche Nichtigkeit der zwischen ihrem Vater und der Beklagten abgeschlossenen Darlehensverträge und der Grundschuldbestellungsurkunden berufen. Nach der Abänderung der ursprünglich erhobenen Vollstreckungsgegenklage in eine Drittwiderspruchsklage hat sie sich folgerichtig auf einen gutgläubigen lastenfreien Eigentumserwerb berufen.

Die Drittwiderspruchsklage der Klägerin hat aus folgenden Gründen keine hinreichende Erfolgsaussicht: Die Klägerin hat am 26.10.1999 mit...

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