Leitsatz (amtlich)

1. "Ein-Mann-Beschlüsse" des teilenden Eigentümers oder seines Rechtsnachfolgers im gesamten Eigentum sind unbeachtlich und können Wohngeldansprüche nicht begründen.

2. Eine werdende Eigentümergemeinschaft kann erst entstehen, wenn der Anspruch mindestens eines Erwerbers auf Eigentumsverschaffung an einzelnen Einheiten durch Auflassungsvormerkung gesichert ist. Sie entsteht nicht, wenn das in Wohnungseigentum aufgeteilte Eigentum insgesamt an einen Erwerber übertragen wird.

 

Normenkette

WEG §§ 23, 25, 28

 

Verfahrensgang

LG München II (Beschluss vom 01.06.2005; Aktenzeichen 6 T 660/05)

AG Fürstenfeldbruck (Aktenzeichen 1 UR II 61/04)

 

Tenor

I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des LG München II vom 1.6.2005 wird zurückgewiesen.

II. Die Antragstellerin trägt die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 31.974 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin beansprucht als Verwalterin ggü. der Antragsgegnerin als zum Abrechnungszeitraum alleiniger Eigentümerin einer aus 24 aufgeteilten Einheiten bestehenden Wohnanlage Wohngeld i.H.v. insgesamt 31.974,17 EUR.

Der ursprüngliche Grundstückseigentümer hatte das Grundstück durch Teilungserklärung vom 13.10.1998 gem. § 8 WEG aufgeteilt. Auch in der Folgezeit blieben sämtliche Anteile jeweils in einer Hand. Am 2.10.2001 beschloss der damalige Alleineigentümer sämtlicher Anteile den Wirtschaftsplan für den Zeitraum 1.12.2001 bis 31.12.2002. Ebenso wurde die Antragstellerin zur Hausverwalterin bestellt. Nach § 1p des Verwaltervertrages ist die Antragstellerin u.a. berechtigt, Ansprüche der Gemeinschaft ggü. einzelnen Wohnungseigentümern auch im eigenen Namen gerichtlich geltend zu machen.

Am 8.11.2002 wurde der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin zum Zwangsverwalter für die Anlage bestellt. In der Eigentümerversammlung vom 25.11.2003 beschloss dieser mit insgesamt 1000/1000 Miteigentumsanteilen, dass der Wirtschaftsplan vom 1.12.2001 bis 31.12.2002 als Wirtschaftsplan für das Jahr 2003 und darüber hinaus bis zur Beschlussfassung über einen neuen Wirtschaftsplan zu übernehmen und fortzuführen ist.

Am 26.2.2004 wurde im Zwangsversteigerungsverfahren der Antragsgegnerin der Zuschlag für alle Einheiten erteilt. Die Antragstellerin verlangt nunmehr von der Antragsgegnerin das Wohngeld für die Zeit ab Zuschlagerteilung bis August 2004.

Das AG hat den Antrag durch Beschl. v. 4.1.2005 als unzulässig abgewiesen. Das LG hat durch Entscheidung vom 1.6.2005 die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde der Antragstellerin zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin.

II. Das zulässige Rechtsmittel ist unbegründet.

1. Das LG hat ausgeführt: Das Zahlungsbegehren sei offensichtlich unbegründet. Es fehle zum einen bereits an einem wirksam beschlossenen Wirtschaftsplan für 2004. Bereits der Voreigentümer habe am 2.10.2001 keinen alle Wohnungseigentümer bindenden Beschluss fassen können. So genannte "Ein-Mann-Beschlüsse" seien als Nicht-Beschlüsse anzusehen. Gleiches gelte im Hinblick auf die Beschlussfassung durch den alle Anteile vertretenden Zwangsverwalter vom 25.11.2003 über den Wirtschaftsplan für 2003 und die Folgejahre. Im Übrigen könne die Antragstellerin als Verwalterin gegen die Antragsgegnerin, in deren Händen sich sämtliche Miteigentumsanteile befänden, auch keine Wohngeldansprüche geltend machen, da nach § 16 Abs. 2 WEG die "anderen Wohnungseigentümer" und nicht der Verwalter Gläubiger derartiger Forderungen sei.

2. Die Ausführungen des LG halten der rechtlichen Nachprüfung stand.

a) Zutreffend unterstellt das LG, dass die Antragstellerin als Verwalterin aufgrund § 1p des Verwaltervertrages vom 2.10.2001 zur Geltendmachung der Wohngeldforderung im eigenen Namen berechtigt ist. Das notwendige schutzwürdige Interesse, das im Fall einer solchen gewillkürten Verfahrensstandschaft gegeben sein muss, ergibt sich aus der Pflicht des Verwalters, die ihm obliegenden Aufgaben ordnungsgemäß und reibungslos zu erfüllen (st. Rspr., OLG München, Beschl. v. 12.12.2005 - 34 Wx 126/05).

b) Rechtsfehlerfrei geht das Beschwerdegericht davon aus, dass "Ein-Mann-Beschlüsse" des teilenden Eigentümers als Nicht-Beschlüsse ("juristisches Nihil") unbeachtlich sind (BayObLG ZMR 2003, 522; OLG Düsseldorf NZM 2005, 743; Bärmann/Pick/Merle, WEG, 9. Aufl., § 23 Rz. 27, m.w.N.). Denn die Eigentümergemeinschaft entsteht erst mit Veräußerung mindestens eines der mit entsprechendem Sondereigentum verbundenen Miteigentumsanteile und Eintragung des Erwerbers im Grundbuch (Bärmann/Pick/Merle, WEG, 9. Aufl., § 8 Rz. 18; Niedenführ/Schulze, WEG, 7. Aufl., § 8 Rz. 15). Die Unbeachtlichkeit von Ein-Mann-Beschlüssen gilt auch für "Beschlüsse" desjenigen, der vollständig in die Rechtsstellung des aufteilenden Alleineigentümers eingetreten ist oder als Zwangsverwalter dessen Rechte ausübt.

Selbst wenn der frühere Alleineig...

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