Entscheidungsstichwort (Thema)
Forderungen aus einem Lizenzvertrag
Leitsatz (amtlich)
1. Den Parteien ist im schiedsrichterlichen Verfahren rechtliches Gehör in wesentlich gleichem Umfang zu gewähren wie vor staatlichen Gerichten. Die DIS-Schiedsgerichtsordnung statuiert keine die Schutzwirkung des Art. 103 Abs. 1 GG übersteigenden Pflichten.
2. Zur Überprüfung geltend gemachter Aufhebungsgründe wegen der schiedsrichterlichen Behandlung einer Parteirüge zum erstellten Verhandlungsprotokoll, wonach die Angaben eines einvernommenen Zeugen lückenhaft dokumentiert worden seien, ferner wegen Zugrundelegung von Sachvortrag als unstreitig.
Normenkette
ZPO § 1042 Abs. 1, § 1059 Abs. 2, § 1062 Abs. 1 Nr. 4, § Abs. 5
Tenor
I. Das aus der Einzelrichterin Dr... bestehende Schiedsgericht der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit e.V. erließ in dem zwischen der Antragstellerin als Schiedsklägerin und der Antragsgegnerin als Schiedsbeklagter geführten Schiedsverfahren am 5.7.2016 in München folgenden Schlussschiedsspruch:
1. Die Schiedsbeklagte wird verurteilt, an die Schiedsklägerin einen Betrag in Höhe von EUR... zuzüglich Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus EUR... seit dem 15.09.2013, aus EUR... seit dem 15.10.2013 und aus EUR... seit dem 20.07.2014 zu zahlen.
2. Die Schiedsbeklagte wird verurteilt, an die Schiedsklägerin als Kosten des schiedsrichterlichen Verfahrens einen Betrag in Höhe von EUR... und einen weiteren Betrag in Höhe von EUR... zu zahlen.
II. Dieser Schiedsspruch wird für vollstreckbar erklärt.
III. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Vollstreckbarerklärungsverfahrens.
IV. Der Beschluss ist vorläufig vollstreckbar.
V. Der Streitwert wird auf 235.751 EUR festgesetzt.
Gründe
I.1. Die Parteien, zwei Handelsgesellschaften, streiten über Forderungen aus einem Lizenzvertrag.
Die Antragstellerin (Schiedsklägerin) stellt u.a. Automaten und Zubehör für die Überprüfung von Halbleitern auf ihre Funktionsfähigkeit sowie von Automaten im Bereich der Sortierung von Halbleiterbauelementen her. Sie ist Erfinderin einer Vorrichtung und eines Verfahrens zur Ausrichtung einer Mehrzahl singulierter Halbleiterbauelemente in Aufnahmetaschen eines plattenartigen Klemmträgers, den so genannten ... n. Für diese Vorrichtung sowie das Verfahren verfügt die Antragstellerin über mehrere Patente.
Die Antragsgegnerin entwickelte und verkaufte so genannte ...-Gurter, die dazu bestimmt sind,... zu be- und entladen.
Mit Lizenzvertrag (LV) vom 21./30.4.2011 stellte die Antragstellerin der Antragsgegnerin ein bestimmtes Know-How zur Verfügung und erteilte ihr Lizenzen. § 3 enthält folgende Regelung zur Vergütung:
Für jeden ...-Gurter, den (die Antragsgegnerin) in Ausübung der Lizenz hergestellt und verkauft hat, zahlt (die Antragsgegnerin) an (die Antragstellerin) eine Lizenzgebühr. Lizenzgebühren sind einmalig pro Gurter zu zahlen.
a. Die Lizenzgebühren sind in einer separaten Übersicht in Anlage 2 detailliert...
Die Antragstellerin stellte mit zwei Rechnungen vom 14.8.2013 und einer weiteren vom 3.7.2014 Lizenzgebühren für 16 ...-Gurter in Höhe von insgesamt... EUR in Rechnung.
Aufgrund eines bereits vorab geschlossenen Vergleichs zahlte die Antragsgegnerin im Jahr 2015 der Antragstellerin einen Betrag von... EUR. Mit der Schiedsklage zum nach § 9 LV vereinbarten DIS-Schiedsgericht (Einzelschiedsrichter) begehrte die Antragstellerin die restlichen... EUR als Lizenzgebühren.
Das Schiedsgericht hat am 10.3.2016 mündlich verhandelt und Zeugen vernommen. Über die Erörterung der Sach- und Rechtslage ist folgendes protokolliert (Anlage R 2, Seite 3 oben):
Im Zuge der Erörterung signalisierte die Schiedsbeklagte, dass außer den streitgegenständlichen 16 Modulen wohl keine weiteren Module verkauft wurden, wobei sie sich nicht exakt festlegen will.
Mit Schriftsatz vom 15.4.2016 (Anlage R 1) beharrte die Schiedsbeklagte darauf, Schutzrechte nicht verletzt, außerdem bereits eine Zahlung von... EUR geleistet zu haben. Des Weiteren beanstandete sie (Seite 5), dass in der Sitzungsniederschrift die Aussage des Zeugen L. unvollständig aufgenommen sei. Es fehle dessen Angabe, dass eine Lizenzpflicht nur anzunehmen sei, soweit Anlagen als ...-Gurter fungieren, so dass für den Umfang der Lizenzpflicht die Gesamtzahl der mit ...-Modulen betriebenen Anlagen maßgeblich sei. Darauf gestützt rechnete sie vor (Seite 6), dass bei insgesamt 26 gelieferten Anlagen, von denen nach ihren Recherchen lediglich 10 Gurter mit ...-Zuführung arbeiten, und entrichteten Lizenzgebühren für 8 Anlagen nur noch maximal zwei weitere Gebühren abzüglich der Vergleichszahlung beansprucht werden könnten. Anlagen mit einer Anlagennummer höher als G 46 habe sie ohnehin nicht geliefert, weshalb die Rechnung vom 3.7.2014 angesichts der dort bezeichneten Anlagennummern G 46 bis G 50 zu kürzen sei. Außerdem seien die gelieferten Anlagen G 32 bis G 37 nicht mit ...-Gurtern ausgestattet worden.
Mit weiterem Schriftsatz vom 13.5.2016 (Anlage AS 2) führte die Schiedsbe...