Leitsatz (amtlich)
Das Gebot rechtlichen Gehörs ist verletzt, wenn das Schiedsgericht im Schiedsspruch zentrales Vorbringen eines Beteiligten mit bloßen Leerformeln bescheidet.
Normenkette
GG Art. 103 Abs. 1; ZPO § 1059 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b, § 1062 Abs. 2
Tenor
1. Der Antrag, den im Schiedsverfahren zwischen der Antragstellerin als Schiedsklägerin und den Antragsgegnerinnen als Schiedsbeklagten durch den Einzelschiedsrichter ... am 29. Mai 2015 in München (Bundesrepublik Deutschland) ergangenen Schiedsspruch des Internationalen Schiedsgerichtshofs der Internationalen Handelskammer (Fall Nr. ...) für vollstreckbar zu erklären, wird im Verhältnis zur Antragsgegnerin zu 1 abgelehnt.
2. Der Schiedsspruch wird insoweit, als er im Verhältnis zwischen der Antragstellerin als Schiedsklägerin und der Antragsgegnerin zu 1 als Schiedsbeklagter ergangen ist, aufgehoben.
3. Die Antragstellerin trägt die der Antragsgegnerin zu 1 im Verfahren der
Vollstreckbarerklärung erwachsenen außergerichtlichen Kosten sowie 50 % der gerichtlichen Kosten des Verfahrens. Im Übrigen bleibt die Kostenentscheidung der Schlussentscheidung vorbehalten.
4. Der Streitwert wird auf 1.200.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Antragstellerin begehrt die Vollstreckbarerklärung des überwiegend zu ihren Gunsten ergangenen inländischen Schiedsspruchs vom 29.5.2015.
1. Die Antragstellerin, ein im Bereich der erneuerbaren Energien tätiges Unternehmen mit Sitz in Spanien, schloss am 22.2.2008 mit der Antragsgegnerin zu 1, einer in Spanien ansässigen Konzerngesellschaft einer international agierenden Unternehmensgruppe im Sektor Erneuerbare Energien, einen Generalunternehmervertrag, mit dem sich die Antragsgegnerin zu 1 zur Planung und Herstellung einschließlich Inbetriebnahme einer Photovoltaik-Anlage in Spanien verpflichtete. Die Antragsgegnerin zu 2 (unter ihrer damaligen Firma), ein unter anderem im Solaranlagenvertrieb tätiges Unternehmen in der Rechtsform der GmbH mit Sitz in Deutschland, übernahm gemäß Ziff. 13 des Vertrags gegenüber der Antragstellerin die Garantie für die Erfüllung aller vertraglichen Pflichten der Antragsgegnerin zu 1.
Unter Punkt 12.3 ("Streitbeilegungsvereinbarung") enthält der Vertrag folgende Schiedsklausel:
Alle aus oder in Zusammenhang mit dem gegenwärtigen Vertrag sich ergebenden Streitigkeiten werden nach der Schiedsgerichtsordnung der Internationalen Handelskammer (ICC) von einem oder mehreren gemäß dieser Ordnung ernannten Schiedsrichter endgültig entschieden. Ort des Schiedsverfahrens ist München.
Den geschuldeten Leistungsumfang beschreibt Ziff. 4.1 des Vertrags allgemein wie folgt:
Der AN (= Auftragnehmer; Einfügung durch den Senat) hat sämtliche Leistungen zu erbringen, die zur Planung und schlüssel- sowie gebrauchsfertigen Herstellung (unter Einschluss von Entwurf, Planung, Lieferung, Errichtung und Inbetriebnahme) der Anlage, die für den dauerhaften Betrieb geeignet sein muss, erforderlich sind, insbesondere die in der ... beigefügten funktionalen Leistungsbeschreibung festgelegten Leistungen.
Nach 4.2 (Leistungen im Einzelnen), dort Abs. 6, ist der Auftragnehmer verpflichtet,
für die Einhaltung sämtlicher für die Planung, Errichtung und den Betrieb der Photovoltaikanlage geltenden EN-Vorschriften und technischen Standards Sorge zu tragen.
Gemäß Ziff. 3.1 Abs. 7 gelten als Vertragsgrundlagen
alle einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen ... und technischen EN-Normen in der zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses gültigen Fassung, insbesondere die mit der Planung und Einrichtung von Photovoltaikanlagen zusammenhängenden gesetzlichen und behördlichen Bestimmungen, sowie die anerkannten Regeln der Technik.
Unter Ziff. 12.1 ist vereinbart, dass das materielle Recht der Bundesrepublik Deutschland unter Ausschluss des Übereinkommens der Vereinten Nationen über den internationalen Warenkauf und unter Ausschluss der Verweisungsnormen des internationalen Privatrechts (CISG) gelten soll.
Nach Erstellung der Solaranlage entstand zwischen den Parteien Streit darüber, ob die Kabel fachgerecht gemäß den vertraglichen Vorgaben verlegt seien. Unter Vorlage eines Untersuchungsberichts ("Technical Report") eines auf Solarparks spezialisierten spanischen Unternehmens vom Januar 2012 rügte die Antragstellerin insbesondere die Führung des Mittelspannungskabels oberhalb des Niederspannungskabels als unzulässig, die Abstände zwischen Nieder- und Mittelspannungsleitungen sowie zur Bodenoberfläche als unzureichend, weiter die Nichteinhaltung der für Mittelspannungskabel geltenden Bauvorschriften sowie fehlende physische Barrieren und fehlende Warnhinweise entlang der Kabeltrassen.
2. In dem mit Schiedsklage vom 29.8.2012 vor dem Internationalen Schiedsgerichtshof der Internationalen Handelskammer eingeleiteten Verfahren hat die Antragstellerin mit der Behauptung, die Anlage weise die im Untersuchungsbericht dargestellten Mängel auf, von den Antragsgegnerinnen als Gesamtschuldner zuletzt (gemäß Antrag vom 5.2.2015) die Zahlung eines Vorschusses auf die für d...