Entscheidungsstichwort (Thema)
Auflassung. Beschwerde gegen die landgerichtliche Streitwertfestsetzung
Leitsatz (amtlich)
Der Streitwert einer Klage auf Auflassung eines bebauten Grundstücks richtet sich nach dessen Verkehrswert, auch wenn die Auflassung wegen eines verhältnismäßig geringen offenen Kaufpreisrests verweigert wird, dem die Kläger Gegenrechte (z.B. aus Vertragsstrafe) entgegensetzen.
Normenkette
GKG § 12; ZPO § 6
Verfahrensgang
LG München II (Beschluss vom 10.07.1996; Aktenzeichen 13 O 1439/96) |
Tenor
1. Die Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluß des Landgerichts München II vom 10. Juli 1996 wird zurückgewiesen.
2. Das Verfahren über die Beschwerde ist gebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet.
Tatbestand
I.
Die Kläger hatten mit ihrer Klage verlangt, daß die Beklagte eine näher bezeichnete noch zu errichtende Doppelhaushälfte mit Garage, die die Kläger von der Beklagten mit notarieller Urkunde für einen Preis von insgesamt 640.000,– DM gekauft hatten, an sie aufläßt, „das heißt die Einigung über den vereinbarten. Eigentumsübergang zu erklären und entgegenzunehmen sowie die Eintragung der Rechtsänderung im Grundbuch zu bewilligen und zu beantragen” (Bl. 2 d.A.).
Sie hatten das damit begründet, daß zwar rechnerisch noch ein Betrag von 58.128,– DM aus dem Kaufpreis offen sei, diese Forderung der Beklagten aber durch Aufrechnung mit einer wegen Bauverzögerung verwirkten Vertragsstrafe von 24.000,– DM und mit Mangelbeseitigungskosten von mehr als 40.000,– DM erloschen sei. Die Beklagte war den von den Klägern behaupteten Gegenrechten entgegengetreten.
Nach einer außergerichtlichen Einigung der Parteien haben die Kläger mit Schriftsatz vom 9.8.1996 (Bl. 54 d.A.) die Klage zurückgenommen.
Mit Beschluß vom 10.7.1996 (Bl. 45 d.A.) hat das LG München II den Streitwert auf 640.000 DM, d.h. die Höhe des Kaufpreises/Werklohns festgesetzt.
Dagegen richtet sich die Beschwerde der Beklagten vom 31.7.1996 (Bl. 49/50 d.A.), mit der sie eine Herabsetzung des Streitwerts auf 58.000,– DM, d.h. auf die annähernde Höhe des offenen, mit Gegenrechten bekämpften Kaufpreisrestforderung, erreichen wollen.
Das Landgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen (Bl. 51/52 d.A.).
Entscheidungsgründe
II.
Die Beschwerde der Beklagten ist zulässig; sie ist insbesondere rechtzeitig erhoben worden (§ 25 Abs. 3 GKG).
Sie bleibt jedoch ohne Erfolg.
Bei einer Klage auf Auflassung eines Grundstücks bzw. Miteigentumsanteils richtet sich der Gebührenstreitwert nach § 12 GKG, § 6 ZPO, d.h. er entspricht dem Zuständigkeitswert. Der Streitwert bemißt sich nach dem Verkehrswert des Grundstücks, hier dem vereinbarten Kaufpreis. Zwar wird in Literatur und Rechtsprechung auch die Meinung vertreten, daß sich nach „wirtschaftlicher Betrachtungsweise” oder nach dem „Grundsatz der Verhältnismäßigkeit” der Streitwert dann, wenn der Streit wegen einer geringeren Gegenforderung geführt werde, sich nicht nach dem Wert des Grundstücks bemißt, dessen Auflassung mit der Klage verlangt wird, sondern nach der Höhe der Gegenforderung (vgl. Zöller/Herget, ZPO, 20. Aufl., § 6 RdNr. 1; E. Schneider MDR 1984, 266; Münchner Kommentar zur ZPO/Lappe § 6 RdNr. 12; OLG Braunschweig NJW 1973, 1982; OLG Frankfurt NJW-RR 1996, 636 m.w.N.).
Der Senat vermag sich wie bisher (vgl. Beschl. v. 30.11.1994 – 28 W 2129/94) dieser Meinung nicht auszuschließen; er steht dabei in Übereinstimmung mit Thomas-Putzo, ZPO, 19. Aufl., § 6 RdNr. 2, Hartmann, Kostengesetze, 27. Aufl., § 12 GKG, Anh. I (§ 6 ZPO) RdNr. 2 „Auflassung”; OLG München – 15. Zivilsenat – OLGR 1994, 239, 27. Zivilsenat – OLGR 1994, 264 und 5. Zivilsenat – MDR 1981, 501; OLG Nürnberg MDR 1995, 966; OLG Frankfurt OLGR 1995, 238.
Schon der Ausgangspunkt von Herget (a.a.O.), für den Gebührenstreitwert sei § 6 ZPO nur analog anzuwenden, findet in § 12 GKG keine Stütze. Dort sind die Vorschriften über den für die Zuständigkeit maßgeblichen Wert, also die §§ 3 ff. ZPO ohne Einschränkung für anwendbar erklärt, soweit das GKG insoweit keine abweichenden Vorschriften enthält. Für die Bewertung des geltend gemachten Auflassungsanspruchs enthält das GKG keine besondere Vorschrift. Gegenüber § 3 ZPO ist die für die Bewertung von Besitz und damit erst recht von Eigentum maßgebliche Vorschrift des § 6 ZPO die speziellere, so daß sie und nicht § 3 ZPO zur Anwendung kommen muß.
Gegenrechte bleiben nach allgemeinen Grundsätzen bei der Streitwertbestimmung außer Ansatz. Entscheidend ist vielmehr, was die Kläger mit ihrem Antrag erreichen wollen. Sie wollen einen vollstreckbaren Titel auf Eigentumsübertragung des Grundstücks, d.h. des in ihm verkörperten wirtschaftlichen Wertes, auf sich und in ihr Vermögen. Womit die Beklagte das abzuwehren versucht, ist streitwertmäßig ohne Belang. Sonst würde der Streitwert einer Auflassungsklage folgerichtig mit Null angesetzt werden müssen, wenn die Beklagte die Auflassung grundlos bekämpft, d.h. sich schlicht weigert, sie zu erklären.
Auch der verfassungsmäßige Grundsatz der Verhältnismäßigkeit rechtferti...