Leitsatz (amtlich)
1. Für das erstinstanzliche Verfahren auf Festsetzung eines Ordnungsgeldes wegen Zuwiderhandlung gegen die titulierte Pflicht zur Herausgabe eines Kindes ist kein "Verfahrenswert" festzusetzen, sondern auf Antrag der Wert der anwaltlichen Tätigkeit zu bestimmen. Eine hiergegen gerichtete Beschwerde setzt u.a. einen Wert des Beschwerdegegenstandes von mehr als 200 EUR voraus.
2. Bei der Schätzung des Wertes der durch das Ordnungsmittel zu erzwingenden Schuldnerhandlung kommt es auf die Gläubigersicht an, wofür ein Bruchteil des Wertes der Hauptsache herangezogen werden kann. Nicht maßgebend ist die Höhe des in Rede stehenden Ordnungsgeldes.
Normenkette
FamFG § 89; RVG § 25 Abs. 1 Nr. 2, § 33
Verfahrensgang
AG Pfaffenhofen a.d. Ilm (Beschluss vom 04.02.2011; Aktenzeichen 1 F 762/10) |
Tenor
1. Die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des AG Pfaffenhofen a. d. Ilm vom 4.2.2011 wird als unzulässig verworfen.
2. Kosten für das Beschwerdeverfahren sind nicht zu erheben.
3. Der Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für dieses Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Gründe
I.1. Mit Beschluss vom 12.10.2010 hat das AG gegenüber der Antragsgegnerin zur Durchsetzung einer Anordnung vom 24.9.2010 auf Herausgabe der gemeinschaftlichen Kinder ein vom Antragsteller beantragtes Ordnungsgeld verhängt und dieses i.H.v. 3.000 EUR festgesetzt, ersatzweise Ordnungshaft für die Dauer von fünf Tagen.
2. Auf Beschwerde der Antragsgegnerin hat das OLG München mit Beschl. v. 21.12.2010 - 2 WF 1945/10 den Beschluss aufgehoben und den Antrag auf Anordnung von Ordnungsmitteln abgewiesen. Hierbei hat es den Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens auf 3.000 EUR festgesetzt.
3. Mit Beschluss vom 4.2.2011 hat das AG den "Verfahrenswert" für das Verfahren der Vollstreckung einer einstweiligen Anordnung wegen Kindesherausgabe auf 1.500 EUR festgesetzt. Mangels ausdrücklicher Regelung sei der Wert gem. § 42 Abs. 1 FamGKG nach billigem Ermessen zu bestimmen. Maßgebend sei das Interesse des Antragstellers an der Vollstreckung der einstweiligen Anordnung. Dieses Interesse könne nicht höher bewertet werden als der Verfahrenswert des Erkenntnisverfahrens.
4. Gegen diesen den Beteiligten formlos übermittelten Beschluss hat die Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 23.2.2011 Beschwerde eingelegt mit dem Antrag, "den Verfahrenswert" auf 3.000 EUR festzusetzen. Mit diesem Betrag sei die Antragsgegnerin konfrontiert und beschwert gewesen. Das OLG habe im Beschwerdeverfahren dessen Wert ebenfalls auf 3.000 EUR festgesetzt, nämlich entsprechend der Höhe des gegen die Antragsgegnerin festgesetzten Ordnungsgeldes.
II. Das Rechtsmittel ist unzulässig, weil der in § 33 Abs. 3 Satz 1 RVG vorausgesetzte Wert des Beschwerdegegenstandes von 200 EUR nicht überschritten wird. Die Beschwerde wäre im Übrigen aber auch nicht begründet.
1. Vorliegend handelt es sich um die Beschwerde gegen eine Wertfestsetzung nach § 33 Abs. 1 RVG.
a) Die Verfahrensbevollmächtigten der Beteiligten sind in einer besonderen Angelegenheit i.S.v. § 18 Nr. 14 RVG tätig geworden. Hierfür sehen die Kostenvorschriften keinen gerichtlichen Verfahrenswert vor, weil für die Anordnung von Zwangs- oder Ordnungsmitteln im familiengerichtlichen Verfahren eine feste Gebühr von 15 EUR anfällt (KVFam Nr. 1602).
In einem derartigen Fall setzt das Gericht des Rechtszugs den Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit auf Antrag durch Beschluss selbständig fest (§ 33 Abs. 1 RVG). Gegen den Beschluss können die Antragsberechtigten Beschwerde einlegen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 EUR übersteigt (§ 33 Abs. 3 Satz 1 RVG). Die Beschwerde ist nach Satz 2 der Vorschrift auch zulässig, wenn sie das Gericht wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage im Beschluss zulässt.
b) Hier ist eine Zulassung der Beschwerde unterblieben, wobei unerheblich ist, dass das AG sich nicht auf die Vorschrift des § 33 RVG gestützt hat, sondern offenbar der unrichtigen Meinung war, eine Wertfestsetzung im Rahmen des FamFG zu treffen. Auch für die hiergegen ggf. statthafte Beschwerde sehen die entsprechenden Vorschriften in § 59 Abs. 1 Satz 1 FamGKG vor, dass der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 EUR übersteigen muss.
Das ist hier ersichtlich nicht der Fall, wie bereits der Vergleich der in Rede stehenden Verfahrensgebühren verdeutlicht: Die einfache Gebühr bei einem Gegenstandswert bis zu 1.500 EUR beträgt - nach der Anlage zu § 13 Abs. 1 Satz 3 RVG - 105 EUR, bei einem Gegenstandswert bis zu 3.000 EUR sind es 189 EUR. Selbst bei Zugrundelegung des 1,3 fachen der Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 RVG-VV ergeben sich Beträge von lediglich 136,50 EUR bzw. 245,70 EUR. Die Differenz zwischen beiden beläuft sich auf 109,20 EUR, einschließlich MwSt. sind es knapp 130 EUR.
Damit überschreitet der Wert des Beschwerdeziels nicht 200 EUR, weshalb die Beschwerde unzulässig ist.
c) Ergänzend sei darauf hingewiesen, ...